Viele stimmen für nicht schuldig, weil sie in dem Moment den Piloten verstehen können, und weil sie nicht wissen, was sie in dieser Situation tun würden. Das ist einfach der Punkt, das ist das Missverständnis. Es geht um schuldig und nicht schuldig, und nicht, ob wir’ s nachvollziehen können. Es ist schrecklich, aber so ist es!« Ein sehr interessanter Aspekt, den Frau Pfeil erwähnt hat, war, dass ja der Pilot im Passagierflugzeug in dem Moment die Verantwortung hatte, nicht Lars Koch. » In unserem Fall ist dies ja nicht so, dass die Piloten überwältigt wurden, wie in New York. Die Terroristen konnten selbst fliegen. Man darf den Piloten die Verantwortlichkeit von außen nicht nehmen «, fügte sie noch hinzu. » Das ist für mich noch so ein Knackpunkt.« Weder Frau Pfeil noch Herr Schleuning konnten klar sagen, ob sie selbst geschossen hätten. » Das kann niemand sagen, da spielt so viel eine Rolle. Das sind Dinge, die man intuitiv entscheidet. Und derjenige muss dann, in unserem Falle Lars Koch, mit seiner Schuld umgehen.« Jeder hofft, man komme nie in so eine Situation.
© Daniel Allertseder
Terror ist nicht nur der Titel dieses Stücks, sondern auch ein genereller Begriff der Angst und » der Einschränkung der Freiheiten «, wie Frau Pfeil » Terror « definierte. » Leider Gewalt, und eine Art Angstmaschine. Die Terroristen versuchen, dass man Angst kriegt, dass man nicht mehr rausgeht. Es gibt Gruppen, die die Angst › zelebrieren ‹, um Leute auf ihre Seite zu bringen «, assoziiert Herr Schleuning mit dem Begriff Terror. Die Frage, ob der Titel passend zum Stück ist, konnte der Schauspieler des Lars Koch sehr deutlich beantworten: » Der Titel ist reißerisch, › Terror ‹ klingt gefährlich. Man könnte es auch › Die Würde?‹ nennen, aber es klingt nicht so fesselnd. Es ist ein Schlagwort!«. So überzeugend und stark, wie ich die Schauspieler während des Interviews empfunden habe, so waren sie auch auf der Bühne. Ich habe mit großer Interesse das Spektakel verfolgt, und mit sehr viel Neugier den Schauspielern beim Beantworten meiner etwas doch komplexen Fragen gelauscht. Terror von Ferdinand von Schirach beeindruckt Menschen. Es manipuliert sie aber auch, lässt Fragen aufwerfen, die man sich im alltäglichen Leben selten stellen würde. Die moralischen Fragen, ob man Leben gegen Leben abwiegen dürfe, ob man den Angeklagten Lars Koch verurteilen würde oder nicht, und ob man in diesem Fall selbst so gehandelt hätte, kann man nicht partout und ohne lange darüber nachzudenken beantworten. Man möchte weder der Richter sein, noch Lars Koch, natürlich am Wenigsten die Frau, die ihre Kinder und ihren Mann verloren hat, aber eine schreckliche Tatsache ist, dass Letzteres tagtäglich passiert: Seien es Bürgerkriege in den arabischen Ländern, oder fürchterliche Terroranschläge in Amerika, Europa, Asien oder Afrika. Jeder Mensch darf froh über das sein, was man besitzt, und genau dieses Stück von Ferdinand von Schirach löst diesen moralischen, im Kopf stattfindenden Konflikt aus. Die Differenz zwischen Gut und Böse, Freiheit oder Sicherheit, Verurteilung oder Freispruch, Identifikation oder Kopf schütteln – ein mächtiges Werk deutscher Theaterkunst. Ein wichtiger Peitschenhieb unserer modernen und skrupellosen Gesellschaft. WeLoveBooks bedankt sich bei den Schauspielern Julienne Pfeil und Gregor Schleuning, sowie der fabelhaften Vermittlung und Betreuung durch Veronika Puttinger. Herzlichen Dank an das grandiose Team des Landestheaters Salzburg!