Suchtreport 2019 – CRAFT Neue Wege in der Suchttherapie 2019-08-26_suchtreport_2019 | Page 14

Probleme bei einer Kündigung). Weiterhin wurde seitens der feministischen Psychologie darauf hingewiesen, dass das Konzept der Co-Abhängigkeit (die üblicherweise primär Müttern und Partnerinnen zugeschrieben wird) eine Pathologisierung von weiblichen Rollenmustern darstellt, die gesellschaftlich noch immer durch eine tendenziell fürsorgliche und unterstützende Haltung geprägt sind. Im Kontext anderer Problembereiche (wie Pflegebedürftigkeit oder psychische Erkrankungen wie Depression und Psychosen) werden dem- gegenüber analoge Verhaltensmuster, die darauf abzielen, Schaden von der Erkrankten Person abzuwenden, positiv bewertet. Es weist deshalb auch auf die Stigmatisierung von Suchterkrankungen hin, dass es eben kein Konzept von Co-Depression oder Co-Schizophrenie gibt. Neuere wissenschaftliche Ansätze wie das «Stress-Strain-Coping-Support- Modell» der Arbeitsgruppe um Jim Orford betonen demgegenüber Ähnlich- keiten zwischen den Belastungen Angehöriger suchtkranker Menschen mit den Belastungen, denen Angehörige von Menschen mit anderen chronischen psychischen oder körperlichen Erkrankungen ausgesetzt sind. Demnach ent- steht Stress durch verändertes Verhalten des Suchtkranken wie emotionale Unberechenbarkeit, Aggressivität oder Unzuverlässigkeit, aber auch durch Sorge um den Suchtkranken. Das Ausmass der seelischen Belastung wiederum hängt zusätzlich davon ab, wieviel soziale Unterstützung Angehörige erfah- 14