Könnte man die Freigabe des CBD-Hanfes nicht gleichzeitig auch als
Testphase für die Regulierung des THC-haltigen Hanfs sehen?
Wir sind hier mit total unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen
konfrontiert. Der THC-haltige Hanf mit einer Konzentration von mehr als
einem Prozent ist verboten. Damit THC-haltiger Hanf produziert, verarbeitet,
verkauft, gekauft und konsumiert werden darf, muss das Betäubungsmittel-
gesetz geändert werden. CBD unterliegt nicht dem Betäubungsmittelgesetz
und wird über das Heilmittelgesetz, das Lebensmittelgesetz, die Tabakver-
ordnung etc. geregelt.
In der Schweiz wurde vor 25 Jahren von Bunderätin Ruth Dreyfus
das Vier-Säulen-Modell in der Drogenpolitik eingeführt:
Prävention, Therapie, Repression und Schadensminderung.
Hat dieses Modell noch heute Bestand?
Das Vier-Säulen-Modell hat weiterhin seine Gültigkeit. Es wurde im Zuge
der grossen «Heroinepidemie» in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts
entwickelt. Damit wurde ein breit abgestützter Konsens für die vernetzte
Zusammenarbeit von Justiz, Polizei, Medizin, Sozialwesen gefunden. In
einem gemeinsamen Lernprozess wurden so nachhaltige Lösungen für ein
drängendes Problem erarbeitet, das Betäubungsmittelgesetz wurde revidiert
und beispielsweise die heroingestützte Behandlung ermöglicht oder die Scha-
denminderung als wichtiger Pfeiler festgeschrieben. Die Erkenntnis setzte sich
durch: «Komplexe Problemstellungen kann man nicht mit ideologischen und
vereinfachenden Rezepten begegnen.» Oder um es mit Friedrich Dürrenmatt
zu sagen: «Was uns alle angeht, können wir nur gemeinsam lösen». Heute
stehen neue Herausforderungen an. Wir müssen Lösungen finden, wie wir
generell den Umgang mit psychoaktiven Substanzen, die v. a. zu Rekrea-
tionszwecken konsumiert werden, regeln wollen. Konstruktive Lösungen
berücksichtigen dabei die veränderten gesellschaftlichen Einstellungen und
Konsumgewohnheiten. Es muss sichergestellt werden, dass Produktion, Ver-
arbeitung, Vertrieb, Kauf, Konsum verbindlich geregelt werden. Damit verliert
das organisierte Verbrechen seine Existenzgrundlage, der Produkte- und
Verbraucherschutz kann gewährleistet sowie die Prävention gestärkt werden.
Und die Konsumenten werden nicht länger bestraft oder kriminalisiert. Dazu
muss allerdings das Betäubungsmittelgesetz angepasst werden.
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