Der Beitrag der Deutschen zum Wohle des ungarischen Vaterlandes
Deutscher Einfluss in Ungarns Geschichte
Die Zeit der „ Aufklärung ” Zwar ist die „ Aufklärung ” ursprünglich von England und Frank - reich ausgegangen ‚ ist aber in Ungarn ausschließlich unter deutschem Einfluss entstanden . Kennzeichnend hierfür ist , dass die „ Aufklärer ” damals auf Ungarisch „ aufklérista ” hießen . Begon - nen hat die Aufklärung eigentlich schon mit Maria Theresia . Mit ihren Gesetzen – sie verbot die Folterung , führte viele Reformen in der Justiz und eine einheitliche Schulbildung ein – hat sie Ungarn praktisch vom Mittelalter in die Neuzeit überführt und wurde eine der größten Wohltäter des ungarischen Volkes . Durch die neuen Schulen nach österreichischem Vorbild konnten nun viele Madjaren eine höhere Schulbildung erreichen und am europäischen Kulturleben teilnehmen . So schreibt z . B . Georg Besse - nyei , Mitglied der ungarischen Leibgarde Maria Theresia ’ s in Wien : „ Oh Wien ‚ meine Wohltäterin , die dritte Königin der Welt , sie nahm mich aus dem Staube in ihre Arme auf !” Auch die Reformation nährte sich in Ungarn fast ausschließlich aus deutschen Quellen . Die Prediger der beiden protestantischen Kirchen wurden größtenteils in Halle-Wittenberg und in Leyden ausgebildet . Das hat die besonders chauvinistische Kalvinistische Kirche Ungarns bereits vergessen . Die Bewegung der „ Aufklärung ” hat zuerst nur das deutsche Bürgertum der Städte erfasst . Der weitaus bedeutendste Vor - kämpfer der neuen Richtung wurde Gottlieb Windisch ‚ Bürger - meister von Preßburg . Die deutschen Zeitungen haben die Aufklärung ebenso gefördert wie das Theater . Überhaupt waren die deutschen Bürger stets bestrebt , die Madjaren für die Aufklärung zu gewinnen und sie in die „ Neue Zeit ” zu begleiten . Sie sprachen oft von ihrem „ teuren Vaterland Ungarn ”, und sie dachten auch so . Einen schwe ren Schlag mussten die Aufklärer einstecken , als der Kaiser und König Joseph II . – der selbst ein begeisterter Aufklärer war – anordnete , dass in seinem Reich und auch in Ungarn anstelle der bisher gebräuchlichen lateinischen Sprache die deutsche Sprache das alleinige Verständigungsmittel der Behörden untereinander werden solle . Die gar oft geschilderte Prophezeiung des allgemein geachteten Ostpreußen Gottfried Herder ( 1744 – 1803 ), dass das ungarische Volk bald im Meer der Slawen versinken werde , und die Auswirkungen der französischen Revolution über die Gleich - heit aller Menschen und die Verherrlichung der „ Nation ” bewirkten bei den ungarischen Literaten eine plötzliche Neube sinnung auf die eigene Sprache und Nation . Das deutsche Bürger tum – stets ungarnfreundlich und hilfsbereit – unterstützte wie selbstverständlich die ungarischen Literaten . Die deutschen Bür ger , die bereits auf einer höheren Stufe der Entwicklung standen , sahen mit Stolz und mit Wohlwollen , dass ihre Aufklärungsarbeit endlich Erfolg zeitigte . Sie ahnten nicht , wohin nun diese Entwicklung führen sollte . Die ungarischen Literaten schrieben ganz unter dem Einfluss
Das SONNTAGSBLATT allen Landsleuten denen das Schicksal der ungarndeutschen Volksgruppe am Herzen liegt ! der „ Deutschen Dichterschule ” – deren leitende Geister Klop - stock , Wieland usw . waren – und die sich nun unter der Führung von Franz Kazinczy zu einem nationa1madjarischen Dichterkreis zusammenschlossen . Michael Vörösmarty gab die Grundstimmung dieses Kreises an , als er unter dem Einfluss Herders dichtete : „ Um das Grab , in dem eine Nation versinkt , stehen die Völker – und aus den Augen von Millionen eine Trauerträne quillt .” Damit gab er der Ansicht der ungarischen Nation am Anfang des 19 . Jahrhunderts einen bildhaften Ausdruck .
Die Reformzeit . Nun wurde die ungarische Nation „ aufgeweckt ”. Das waren das Ziel und eine „ Leistung ” des aufgeklärten deutschen Bürgertums . Mit der Besserung der Wirtschaftslage nach Aufblühen der neuen Siedlungen konnten nun viele Ungarn Reisen in das westliche Ausland unternehmen . Es ist ihnen bewusst geworden ‚ wie sehr ihr Land zurückgeblieben war . Eine Reformbewegung setzte ein . Viele erinnerten sich , dass Joseph II . schon vor 50 Jahren viele Re - for men einführen wollte , die aber der ungarische Adel mit allen Mitteln verhindern konnte . Die führenden Männer dieser Re - formbewegung waren überwiegend deutscher Abstammung , welcher Umstand ihnen aber überhaupt nicht bewusst war .
Vor allem muss man hier Erzherzog Joseph von Habsburg ( 1776 – 1849 ) nennen . Seine Idee war es , die Städte Ofen und Pest zu vereinigen und diese zur Hauptstadt des Landes zu machen , obwohl die bisherige Hauptstadt Preßburg von Wien aus viel schneller und bequemer zu erreichen war . Dementsprechend hat er alle Lan desorgane von Preßburg in den Mittelpunkt des Karpaten - beckens , nach Pest , verlegt . Er arbeitete mit dem ungarischen Adligen Graf Stefan Széchenyi zusammen , der teils deutsche Vorfahren hatte , z . B . Judith Gellen väterlicherseits und Elisabeth Fitter mütterlicherseits . Den „ größten Ungar ” nannte ihn Ludwig Kossuth etwas rhetorisch , der selbst ein verbitterter Gegner der beiden erstgenannten war . Kossuth wollte die Reformen sofort und nach französischem Vorbild durch eine Revolution mit Ab - setzung des Habsburg-Hauses durchsetzen . Durch seine rednerische Begabung riss er die Madjaren mit , die ihm begeistert folgten . Seine Mitarbeiter waren der Dichter Petôfi ( Petrovics ) und der Journalist Irínyi , der früher Halbschuh hieß und aus der Zips kam ( Széchenyi nannte sie spöttisch „ Neumagyaren ”). Sie trieben die ungarische Nation mit ihrer Ungeduld in einen aussichtslosen sog . „ Freiheitskrieg ”‚ obwohl Habsburg dieselben Reformen schrittweise einführen wollte . Auch die führenden Köpfe des sog . „ Freiheitskrieges ” waren interessanterweise größtenteils deutscher Herkunft , wiewohl sie beteuerten , für die „ ungarische Nation ” leben und sterben zu wollen . Der Oberbefehlshaber des Revolutionsheeres war General Görgey aus der Zips , dessen Mutter die Zipserin Wilma Pertzian war ; der Generalstabschef Oberst Burger konnte nicht einmal un - garisch ; der volkstümliche General Bem war ein deutschstämmiger „ Pole ”‚ der eigentlich Behm hieß , usw . Nach der Niederwerfung des Aufstandes ( 1849 ) wurden 13 kaiserliche Offiziere wegen Teilnahme an der Verschwörung hingerichtet . Von den 13 waren nicht weniger als 5 ( also 39 %) Deutsche ; sie hießen :
Aulich , Lahner , Pöltenberg , Schweidel und Graf Leiningen- Westerburg . Und von den 92 Bürgern , die wegen führender Betei - ligung an der Revolution in Pest hingerichtet wurden , hatten 27 deutsche Familiennamen ( 29 %)‚ jedoch trugen mehrere offensichtlich madjarisierte Namen , so dass der Anteil der Deutschen etwa 1 / 3 war , also mehr als doppelt so hoch wie ihr Anteil an der Bevölkerung .
Es zeigte sich also , dass die politisch Einsatzbereiten , die Idea - listen vor allem Menschen deutscher Abstammung waren !
Aus : Abstammung und Kultur von Josef Wekerle
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