Sonntagsblatt 6/2016 | Page 10

zunächst von Belgien unterstützten Diktators Mobutu Sese Seko nicht gerade aufzublühen begann. Seine durch einen Putsch begonnene Regierungszeit war vor allem von Nepotismus und Korruption geprägt. Der Gewaltherrscher soll bis zu fünfzehn Milliarden Dollar aus der Staatskasse veruntreut haben. Zu seiner Politik gehörten nicht zuletzt auch afrikanischer Chauvinismus und Hetze gegen die Weißen. Kulturpolitisch wünschte Mobutu eine möglichst umfassende Reafrikanisierung, wozu etwa die Änderung von französischen Namen gehörte, jedoch auch eine „ Landreform” welche sich vor allem gegen europäische Konzerne und Bauern richtete. Die Folge dieser Agenda waren ein Zu- sammenbruch der professionellen Landwirtschaft und eine damit einhergehende Lebensmittelknappheit. Auf Grund der fatalen Lage hat mittlerweile jedoch ein Um- denken eingesetzt. Viele Kongolesen wünschen sich die Weißen sehnsüchtig zurück. 2011 folgten die ersten Buren dem Aufruf der Regierung und begaben sich auf eine beschwerliche Reise in ihre neue Heimat, wo sie freudig begrüßt wurden. Wie schon vor 150 Jahren beweisen die zähen „ Afrikaaner” dabei wieder wahren Pioniergeist, denn sie siedeln sozusagen in der Wildnis. In dem ihnen zugewiesenen Land gibt es so gut wie keine Infrastruktur. Weder eine Stromversorgung noch fließendes Wasser sind vorhanden. Das Land ist jedoch fruchtbar und bietet dank der günstigen klimatischen Bedingungen die Möglichkeit, zweimal im Jahr eine Ernte einzufahren. Die lokalen Hungersnöte sind also ausschließlich hausgemacht. Die beträchtlichen Kosten für den Start müssen die Pioniere gänzlich aus eigener Kasse zahlen. Vor allem die Landmaschinen, welche für den Ackerbau im großen Stil notwendig sind, schlagen sich beträchtlich zu Buche. So gut wie alles muss erst mühsam aus dem Ausland importiert werden. Doch mittlerweile haben es viele Siedler geschafft, ihre Farmen zum Laufen zu bringen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass die wackeren Buren diesmal wirklich ein sicheres Zuhause gefunden haben und ihnen nicht bald wieder der Neid und die Gier mancher Schwarzer zum Verhängnis werden.
Anläßlich der Wahl von Donald Trump * zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika wollen wir uns eines anderen GRO ßEN AMERIKA- NERS erinnern, der vor 110 Jahren in NewYork verstorben ist.
Gegen das Vergessen:

CARL SCHURZ

Welch staunenswertes Leben: Revolutionär im Jahr 1848 / 49 in Deutschland, politischer Flüchtling in der Schweiz, Emigrant in den USA, dort Journalist und Agitator gegen die Sklaverei, Bera- ter Präsident Lincolns, amerikanischer Botschafter in Spanien, General, Senator von Missouri – und amerikanischer Innen- minister.
Als Schüler studiert er die Französische Revolution, eine Lek- türe-Erfahrung, die zur Tat drängt, ihn als 19-jährigen Studenten in Bonn zu Beginn der Unruhen die Nähe radikaler Liberaler und Demokraten suchen lässt. Zu diesen gehört sein Geschichts- professor Gottfried Kinkel, der zugleich Redakteur der Bonner Zeitung ist. Für dieses Blatt schreibt bald auch Schurz Artikel, in denen er republikanische Ideen propagiert, parlamentarische Institutionen und das Recht auf Selbstbestimmung fordert.
Gemeinsam mit Kinkel fährt er aufs Land, um die Bevölkerung zu agitieren. Er begegnet Karl Marx in Bonn und findet ihn unerträglich arrogant. Mehr als ökonomische Fragen beschäftigen Schurz die politische Krise des feudalistisch-bürokratischen Ob rig- keitsstaates, die Rückständigkeit einer autoritären Verwaltung, die Pressezensur sowie das Verbot von Vereinsbildungen und Versammlungen – die europaweiten Krisensymptome kurz vor der Pariser Februarrevolution von 1848.
So tätig eng ist das Wirken von Carl Schurz mit zwei Nationen verbunden, der deutschen wie der amerikanischen, für deren Einheit und Freiheit er mit Wort und Waffe gekämpft hat. Mehr als hundert Jahre nach seinem Tod sind seine autobiografischen Erinnerungen nun endlich neu aufgelegt worden – erstmals in einer umfassend kommentierten Ausgabe.
Sonderbar, dass dieser einst berühmte, im 19. Jahrhundert sogar mit Balladen und Theaterstücken gefeierte Freiheitskämp- fer und Politiker in Deutschland aus dem lebendigen politischen Gedächtnis verschwunden ist. Vielleicht war Carl Schurz als Vor- bild nicht recht genehm, vielleicht prägten zu viel Eigensinn und ziviler Ungehorsam sein Leben, irritiert sein selbstverständlicher Anspruch, einer nicht demokratisch legitimierten staatlichen Ge- walt unter Umständen mit Gegengewalt zu begegnen. Überraschend allerdings, dass Schurz auch von der Studen- tenbewegung nicht entdeckt wurde – als ein vergessener Revo- lutionär. Möglicherweise missfiel, dass er nach seiner revolutionären Zeit eine entschieden „ reformistische” Politik betrieb und sich in den USA zum reformeifrigen Republikaner wandelte.
Am 2. März 1829 wurde Carl Schurz in der preußischen Rhein- provinz, in Liblar unweit Kölns, als Sohn eines Landschullehrers geboren. Die Mutter beschreibt er als eine liebevolle Katholikin mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Fasziniert hat den kleinen Schurz der Großvater, der einem Landgut vorsteht und einen Amboss aus der Schmiede den Schlossturm hoch und wieder zurück tragen kann.
Schon als Kind hört er aus Briefen von Amerika, „ dem unermesslichen Lande jenseits des Ozeans, seinen ungeheuren Wäl- dern, seinen großartigen Seen und Strömen, von der jungen Republik, wo es nur freie Menschen gäbe, keine Könige, keine Grafen, keinen Militärdienst und, wie man in Liblar glaubte, keine Steuern”, wie er in seinen Erinnerungen schreibt. Amerika, das ist die Gegenwelt zu dem Dorf mit seinem Schloss, der gräflichen Familie, der Landwirtschaft und einer in ständischen Strukturen gefügten Gesellschaft. Und doch schätzt er sich „ glücklich, in einfachen, bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen zu sein, die den Mangel nicht kannten, aber auch nicht den Überfluss; die keine Art von Luxus zum Bedürfnis werden ließen; [...] die ein sympathisches Gefühl der Zusammengehörigkeit mit den Armen und Niedrigen im Volk lebendig und warm erhielten”.
* Präsident Trump berief sich in einer seiner Wahlreden auf deutsche Wurzeln. Aus Wikipedia entnehmen wir: „ Donald Trump ist das vierte von fünf Kindern des Immobilienunternehmers Frederick Trump Jr.( 1905 – 1999) und seiner Frau Mary Anne MacLeod( 1912 – 2000). Sie stammte aus Tong auf der schottischen Isle of Lewis. Väter- licherseits waren seine Großeltern Friedrich Trump und Elisabeth Christ aus Kallstadt in der Pfalz( damals Teil des Königreichs Bayern) eingewandert.” – ri –
Erklärung zu BUREN Niederländisches Wort für Bauern und Name des afrkaansprachigen weißen Volkes im südlichen Afrike, das aus Nachfahren holländischer Einwanderer bei starker deutscher und schwächerer hugenottischer Beimischung entstanden ist.
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