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nen einzigen wahrhaften Freund , niemand der sich unserem kummervollen deutschen Fl erzen zuneigt und Worte des Trostes für unseren Schmerz findet ; wir haben niemanden , der uns Helfer in der Not und Wegweiser in unseren Sorgen wäre .
Da habe ich dieses arme Volk , das verlassenste Volk in unserem ungarischen Vaterland , an meine Brust gedrückt : Du bist mein , und ich Dein !”
Über diese seine Jugendzeit schrieb Bleyer in seinem letzten Lebensjahr ( 1933 ) in der Berliner Zeitschrift „ Volk und Reich ” : „ Ich bin Deutscher von Geburt , der noch von seiner Schulzeit her - im Gegensatz zu seinen schwäbischen Mitschülern - tiefe deutsche Sehnsucht in seiner Seele trug ; ich war aber auch ein Kulturungar , der mit ganzer Hingebung an der ungarischen , dem deutschen Bildungskreis angehörenden , dennoch im eigenen Licht schimmernden Geistlichkeit hing und das ungarische Herrentum samt seinen Tugenden und Schwächen nicht nur hoch schätzte , sondern auch lieb gewonnen hatte . Beide Gegebenheiten kämpften einige Zeit in der Jünglingsseele miteinander , vereinigten sich aber dann in schöner und anregungsvoller Harmonie . Im Programm seines Vereins , dem Ungarländischen Deutschen Volksbildungsverein , und in dessen Sprachrohr , dem Sonntagsblatt , betonte er stets die Forderung nach deutschen Schulen - ich zitiere : „... Schulen , in welchen unsere deutschen Kinder von Lehrern aus unserem Volke in ihrer deutschen Muttersprache unterrichtet werden ..” Und ebenso betonte er immer wieder , daß dieses vom Untergang bedrohte Ungarländische Deutschtum Menschen benötige , die - ich zitiere : „... sich dafür einsetzen , daß unser Deutschtum sprachlich und kulturell deutsch erhalten bleibe und sein Volkstum für alle Zukunft gesichert werde ...” und dann weiter : „... denn wir sind eine Gemeinschaft der Seelen , verbunden miteinander durch die heiße , opferwillige , bekenntnisfreudige und werktätige Liebe zu unserem Volke , das nicht untergehen darf ...”
Schon aus diesen wenigen zitierten Sätzen sind Bleyers wesentliche Charakterzüge , die sein ganzes Leben bestimmten , klar erkennbar :
Die unendliche Liebe zu seinem deutschen Volk .
Das unbeugsame Beharren auf seinem christlichen Glauben . Und die unbeirrbare Treue zum Ungarischen Vaterland . Aber hören wir uns auch noch weitere
Äußerungen Bleyers an : Ich zitiere aus einem Leserbrief , den
Bleyer in seinem Sonntagsblatt ( in den
1920er Jahren ) veröffentlichte : „... Vor einigen Jahrzehnten wurde in sämtlichen Schulen die deutsche Sprache als Unterrichtssprache ausgeschaltet und seitdem wird sogar der Religionsunterricht in ungarischer Sprache erteilt . Es ist eine Generation herangewachsen , die nicht anständig deutsch und nicht ungarisch kann ... Unzählige sittliche und religiöse Werte gehen auf diese Weise verloren . Die zweite Generation ist schon ein seelischer Krüppel .. . sie kümmert sich weder um Kultur , noch um Religion und andere Fragen ...”
Ein bekannter Seufzer Jakob Bleyers aus dem Jahre 1931 : „ Ich fühle mich als Feldherr mit einer Armee ohne Offiziere !” - damit wollte er zum Ausdruck bringen , daß dem Ungarndeutschtum die Intelligenz fehle , denn die vielen Schwabenkinder die an höhere Schulen gelangen , verleugnen ihre deutsche Abstammung und Volkszugehörigkeit .
Eine Klage anderer Art klingt aus folg . Worten Bleyers : „ Unser Volk ist die eine Front , mit der wir zu Ringen haben ( hier meint Bleyer die Unwissenheit und Unentschlossenheit der eigenen Landsleute ). Die andere sind Ungarn ( damit meint er Madjaren ) und Renegaten , - es gibt aber auch noch eine dritte , die nicht weniger schwer zu bekämpfen ist , das sind die Deutschen draußen , die unseren Wert und unsere Lage nicht erkennen wollen .”
Als Erklärung zu den eben gehörten Worten : Bleyer verband sein ganzes Leben - wenn auch oft unverständlich - mit der politischen Linie der ungarischen Regierung , mit der katholischen Kirche und war stets der Hoffnung auf Hilfe aus dem deutschen Mutterland . Und auf all diesen Ebenen mußte er bittere Enttäuschungen einstecken . Die Kirche unterstützte ihn nicht in seinen nationalen Bestrebungen , die Regierung fertigte ihn mit nie eingelösten Versprechen ab , - für beide galt er „ zu deutsch ”, d . h . als Pangermane . Auch das Mutterland ließ ihn im Stich , weil er für die Deutschen „ zu madjarisch ” war .
Noch ein Zitat aus einem seiner letzten Briefe :
„ Auch mich beschleichen oft Zweifel , ob der Kampf , der für mich Lebenskampf geworden ist , zum Sieg führen wird oder nicht . Soweit sein Ausgang von den ungarischen Chauvinisten abhängt , ist er natürlich hoffnungslos . Diese haben sich seit dem Weltkrieg gar nicht geändert , sie sind höchstens noch unduldsamer geworden , als es vor dem Weltkrieg der Fall war . Der Kampf wird aber schließlich von der Stellungnahme des Deutschtums entschieden . Natürlich nicht des ungarländischen Deutschtums , das machtlos und eingeschüchtert ist , sondern des großen Deutschtums . Verhält sich dieses dem bedrohten Auslandsdeutschtum gegenüber so teilnahmslos und gleichgültig wie vor dem Weltkrieg , dann ist das ungarländische Deutschtum unentrinnbar dem Untergang geweiht , und dann war mein Leben ein großer Irrtum . Ist es aber entschlossen , sich für die Volksgenossen außerhalb des großen deutschen Sprachgebietes unbeirrbar bis zum Ende einzusetzen , so wird sein Wille unbedingt und endgültig durchdringen .”
Die große Parlamentsrede Bleyers am 9 . Mai 1933 war ein abermaliges echtes Bekenntnis zu Volk , Vaterland und Glauben , - wurde jedoch , bzw . wollte ungarischerseits mißverstanden werden , und mündete in dem tragischen Pistolenduell mit dem madjarischen - heute - Nationalhelden Endre Bajcsy-Zsilinszky
Jakob Bleyer starb am 5 . Dezember 1933 . Todesursache : Eine Erkältung und deren Folgen , wie Ärzte eben feststellen konnten . Was aber nur jene wußten und fühlten , die Bleyer kannten und miterlebten : Es war eine müde , enttäuschte , gebrochene Seele , die die bitteren Ungerechtigkeiten des Lebens nicht mehr ertragen konnte .
Das Ungarndeutschtum von damals trauerte in Ehrfurcht um den verlorenen Volksführer . Bei dem Ungarndeutschtum von heute ist dieser Mann , der größte Ungarndeutsche , in Vergessenheit geraten . Warum ?
Seine Gedanken , seine Worte , sein Kampf von damals sind auch heute aktuell .
Georg Krix
Tue das , wodurch du würdig wirst , glücklich zu sein . Kant
Zwei Dinge verhindern den Menschen an der Erkenntnis dessen , was zu tun ist : erstens die Schani , die den Geist verblendet , und dann die Furcht , welche durch deutliche Vorhalten der Gefahr die Untätigkeit wünschenswerter erscheinen lassen . Erasmus vom Rotterdam
2 Sonntagsblatt