Sonntagsblatt 5/2016 | Page 5

So die Überschrift eines Artikels im KARPATENBLATT August 2016. Eigentlich ist von einem gutgelungenen Ausflug der Schau - marer die Rede. Doch was die Beschreibung des freundschaftli- chen Treffens der Ungarndeutschen mit den Karpatendeutschen anbelangt, da wurde ich beim Lesen stutzig. Hier einige Beispiele: – Schaumarer – sind Vertreter einer schwäbischen Minderheit in Ungarn. – Treffen beider Minderheiten – der schwäbischen aus Ungarn und der deutschen aus der Slowakei. – Vom Deutschen ins Ungarische hat Frau Marlokné Mag - dolna... übersetzt. Nun, was versteht ein Außenstehender aus dieser Beschrei - bung? Natürlich, dass: die Ungarndeutschen keine Deutschen sind, sie sind eben nur Schwaben. Dagegen sind die Freunde in der Slowakei Deutsche. Und diese Schwaben aus Ungarn spre- chen Ungarisch, also musste man ihnen das Deutsche der Karpatendeutschen ins Ungarische übersetzen. Merkwürdig! Sind wir Ungarndeutsche wirklich so im Argen? O Wenn schon, denn schon... Ich lese in einem ungarndeutschen Blatt: Liebe Leser und Leserinnen Werte Freunde und Gönner Müsste da nicht richtig geschrieben werden: Liebe Leser und Leserinnen Werte Freunde und Freundinnen, und Gönner und Gönne - rinnen ????????????????? Merkwürdig, diese neue deutsche Sprache! !!! Nichts für Technikfremde Der ungarndeutsche Lehrpfad Sankt Iwan im Praxistext Von Richard Guth Vieles meint man zu kennen oder jedenfalls scheint es einem ver- traut zu sein. Aber erst allmählich wird es einem bewusst, dass Vertrautsein nicht gleich Kennen bedeutet. Nicht anders erging es mir, als ich mich an einem Sonntagnachmittag auf die Suche nach der Sankt Iwaner Vergangenheit in der Gegenwart begeben habe. Ich muss gestehen, dass ich in die Rolle eines Durchreisenden schlüpfen wollte, was eigentlich sogar stimmen kann: Denn von Kindesbeinen an kenne ich die Sanktiwaner Hauptkoosen, einst als Fô utca bekannt, wenn unser. Heimweg vom Werischwarer Wein garten am Wachtlberg in die ungarische Hauptstadt eben durch die Nachbargemeinde führte. Aber Halt habe ich selten ge - macht in diesem Ort, auch wenn ich stets das Gefühl der Vertrautheit verspüre. Mitte Juni verkündete die ungarndeutsche Medienlandschaft die Eröffnung des durch deutsche Fördergelder errichteten Lehrpfades in Sankt Iwan bei Ofen, der neben dem Lehrpfad in Schomberg als einer der ersten seiner Art ist. Er soll als Lernort für Schulklassen dienen, aber auch Durchreisenden einen Ein - blick in die Vergangenheit der Gemeinde gewähren. So stand ich als Durchreisender in der Dorfmitte des Ortes, umgeben von Kirche, Gemeindeamt, Grundschule, Kneipe und Geschäften. Ich war mir sicher, dass der Lehrpfad irgendwo hier beginnen muss (nett wäre natürlich ein Hinweisschild, dass sich hier irgendwo ein Lehrpfad befindet). Ich wurde nicht enttäuscht, denn gleich zwei fiktive Familienmitglieder, Walter, der Geist - liche, und Anna, die Rosenbraut, empfingen mich vor der Kirche, beide gleichzeitig Verkörperer von Tugenden. Die Idee, über das Schicksal und über die eigene Rolle von fiktiven Personen einen Einblick in das Leben der Ungarndeutschen zu gewähren, fand ich auf Anhieb gut. Die Zweisprachigkeit der Tafeln sorgten bei mir für ein Gefühl der Zufriedenheit. Nun stellte sich die nächste Frage: Wie weiter? In diesem Moment erblickte ich einen Wegweiser, der lakonisch nach rechts und links zeigte. Also müss- ten es sich noch weitere Schilder links und rechts von mir befin- den. Ich entschied mich für rechts, denn in dieser Richtung befand sich das Gemeindeamt. Volltreffer. Unweit vom Gemeindeamt erwartete mich Ignaz (auch im ungarischen Text Ignaz genannt, Pluspunkt), der Dorfrichter. Über „Rechte und Pflichten” der Kolonisten informiert uns unter anderem dieses Schild, aber auch über Ignazs Aufgabe als Dorfrichter. Ich lief weiter der Gasse entlang in Richtung „Slötyi”, dem Grubenteich der Gemeinde. Weit und breit kein Schild mehr zu sehen. Also, doch zurück zum Ausgangspunkt vor der Kirche. Ich nahm nun den Weg nach links, nach über zweihundert Meter dann die erste Nachfrage. Die Dame mitt leren Alters meint, es wäre auch für sie schwierig zu sagen, wo die Schilder stehen, und für Fremde sowieso. Ich möge an der Hausarztpraxis versuchen. Und in der Tat, dort steht ein weiteres Schild mit dem Bergmann der Familie. Erleichterung, es waren nur noch drei Schilder zu finden. Nun entschied ich mich dafür, die Suche mit dem Auto fortzuset- zen. Bergauf, bergab führte der Weg, am abgeschlossenen Heimatmuseum vorbei, wieder zurück zur Kirche. Allmählich wurde mir bewusst, dass ich Sankt Iwan doch nicht so gut kenne. Ich gab recht schnell auf, und griff zu meinem iPhone. Ich tippte „Lehrpfad Sanktiwan” ein, und siehe, die in der Pressemitteilung versprochene zweisprachige Internetseite ist bereits ins Netz gegangen. Ich rufe sie auf, es erscheinen Karte und ein deutschsprachiges Rallyeblatt für Schüler, das sie wohl im Rahmen des Besuchs an einem außerschulischen Lernort ausfül- len sollen. Nur eines stört mich: „Látogatási rend” und „Elôzetes bejelentkezés csoportoknak”, selbst in der deutschen Version auf Ungarisch. Willkommen zurück in der Gegenwart? Wer weiß es schon. Vielleicht einfach nur vergessen zu übersetzen. Fazit: ein interessantes Arrangement für Jung und Alt, um sich interaktiv mit der Geschichte eines Ortes auseinanderzusetzen. Aber nichts für Technikfremde: Denn um sich orientieren zu kön- nen, benötigt man doch einen Wegweiser, den man nur im Internet findet. O Zitat der Woche Seit Jahrhunderten war die ungarländisch–deutsche Intelligenz die rastlose Vermittlerin zwischen der westlichen Kultur und Ungarn. Dazu sagt Jakob Bleyer: „Seit den Zeiten des ersten Ungarnkönigs, Stephans des Heiligen, hat das Deutschtum in Ungarn christliche Kultur und europäische Bildung verbreitet. Nicht etwa als Vorkämpfer deutsch–imperialistischer Bestre - bungen, auch nicht aus überheblichem nationalem Ehrgeiz, sondern in rührender Anspruchslosigkeit, aus rein menschlichen Beweggründen, im Dienste des westlichen Fortschrittes. Unermessliche Verdienste wur- den im Laufe der Jahrhunderte erworben, die immergrüne Lorbeeren verdienten, Helden und Märtyrer bahnbrechender Pionierarbeit erstan- den, die eherne Denkmäler fordern dürften. All dies geschah dem Deutschtum zur Ehr und Ungarn zum Nutz. Und doch schweigen darü- ber, man könnte sagen: in grausam gedankenloser Weise, sowohl die deutschen als auch die ungarischen Geschichtsblätter.” 5