Sonntagsblatt 5/2016 | Page 6

• Zeitgeschehen – Zeitgeschichte – Geschichte •

• Zeitgeschehen – Zeitgeschichte – Geschichte •

NACHRICHTEN
Massengrab aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt
Bei Flurbereinigungsarbeiten hat man in der Nähe von Ki- rov / Russland, an der nach Sibirien führenden Straße viele menschliche Knochen, Überreste ehemaliger deutscher, ungarischer, rumänischer, italienischer Kriegsgefangener gefunden. Sehr wahrscheinlich hat man damals, nach den Schlachten bei Voronesch und Stalingrad Kriegsgefangene in Lager nach Sibirien transportiert, doch die während des Transports an Verwundungen oder Erkrankungen gestorbenen Soldaten wurden unterwegs aus den Eisenbahnwagen geholt und „ am Rande des Weges” abgelegt – so auch bei Kirov.
Man vermutet, dass hier ein Massengrab von 500m Länge und 100m Breite sein kann, in welchem 15 – 20 000 Tote verscharrt sind. Die Ausgrabungsarbeiten und die Bergung der menschlichen Knochen kann nun nach langem Zögern der russischen Ämter
endlich offiziell begonnen werden. ❖
Deutsch – Hauptverkehrssprache!
Bisher wurde in den EU-Institutionen hauptsächlich Englisch
gesprochen. Nach der Brexit-Volksabstimmung und dem sich anbahnenden Ausscheiden Großbritanniens könnte Deutsch zur Hauptverkehrssprache innerhalb der EU werden. Die Südtiroler Freiheitlichen fordern deshalb eine Stärkung der deutschen Sprache in den EU-Institutionen: „ Nach einem Austritt Groß- britanniens aus der Europäischen Union gibt es für die EU- Kommission keinen Grund mehr, die englische Sprache einseitig zu bevorzugen. Während Englisch dann nur mehr in zwei Mitgliedsstaaten, Irland und Malta, von rund fünf Millionen Einwohnern gesprochen wird, ist Deutsch Amtssprache in vier EUStaaten( Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg) sowie in Südtirol und somit Heimat von rund 90 Millionen Sprechern”, erklärte der Fraktionschef der Freiheitlichen im Südtiroler Landtag, Pius Leitner, und ergänzte: „ Dies würde auch unsere Position als deutsche Minderheit in Italien stärken.” Ergänzung der Red.: Für Ungarn, für die Ungarndeutschen nicht gleichgültig / uninteressant!

Alles Gute zum Geburtstag, lieber Forint!

Eine kleine Währungsgeschichte
Ungarns Währung, der Forint = HUF feierte seinen Geburtstag am 1. August. Einen Runden sogar, den 70.! Eingeführt wurde der Formt nach der Hyperinflation von 1946, die Preise verdoppelten sich damals alle 15 Stunden, um die Wirtschaft und die Märkte zu stabilisieren.
Den Forint gab es auch schon früher. Sein ursprünglicher Name Florint oder Florin oder Gulden, ist vom Namen der italienischen Stadt Firenze / Florenz abzuleiten. Dort wurden seit 1252 Gold- münzen geprägt, die,, florentinus” – also aus Firenze stammend – hießen. Der Florint war eine Goldmünze, die sich im 13. Jahr- hundert in ganz Europa verbreitete. In Ungarn wurde der Florint erst 1325 durch den König Károly Róbert( Karl Robert von Anjou) eingeführt und zählte bis zum 17. Jahrhundert zu den stärksten Währungen der Region. Anzumerken, Ungarn war im 14 – 15. Jahrhundert der größte Goldproduzent Europas, was den Gold- und Silberminen in den Karpaten zu verdanken war.
Hauptsächlich deutsche Bergleute gruben nach dem edlen Gestein. In der heutigen Slowakei, in Körmöcbánya( dt. Krem- nitz) befand sich die bedeutendste Münzprägestätte des historischen Ungarns. Die hier geprägten Münzen waren wegen ihres hohen Feingehalts beliebte Zahlungsmittel im mitteleuropäischen Raum. Unter der kaiserlichen Herrschaft von Maria Theresia wurden hier mehr Münzen geprägt als in allen anderen Münz- stätten der Monarchie zusammen. Nach der osmanischen Herrschaft( nach 1686, also vor 330 Jahren wurden die Türken vom ungarischen Territorium vertrieben) begann die Regierungszeit der Habsburger. Es kam zu mehreren Aufständen, wobei ein Adeliger besonders aktiv beteiligt war. Ferenc II. Rákóczi ließ die Habsburger Münzen mit seinem Siegel überprägen und somit schuf er eine neue Währung. Kont- ra markierung heißt dieser Vorgang. Auch während des Freiheits- kampfes 1848 / 49 gegen die Habsburger wurde eine eigene, selbständige Währung, die man Forint nannte, herausgegeben. Das Papiergeld war die Kossuth-Banknote, oder wie kurz auf ungarisch vom Volk genannt, die Kossuth-Banko. Dieses Geld war auf dem von den ungarischen Truppen kontrollierten Gebieten im Umlauf. Nach der Niederschlagung der Revolution emigrierte Kossuth in die Vereinigten Staaten, wo er den „ Emigrationsforint” drucken ließ. Danach versuchte er auch in London Banknoten herauszugeben, doch wurden diese zum größten Teil verbrannt. Heute sind diese wertvoll und begehrt, da sie sehr rare Samm- lerstücke sind.
Nach dem Ausgleich im Jahre 1867 wurde der Forint in Österreich – Ungarn für den ungarischen Reichsteil geprägt, danach folgte die Einführung eines gemeinsamen Papiergeldes. Die Ös- ter reichisch – Ungarische Bank wurde 1878 gegründet. Die neuen Banknoten wurden zweisprachig bedruckt.
Die Währungsreform beendete 1892 die Forint-Herrschaft und sie wurde durch die Krone( korona) ersetzt. Die Krone war bis 1924 im Umlauf als sie im Ergebnis der Nachkriegsinflation 1925 vom Peng.(,‚ klingende Münze”) abgelöst wurde. Die Pengô-Ära wurde von einer Hyperinflation von 1945 – 46 beendet. Es herrschten unselige Umstände: das Geld verschwand praktisch aus der Wirtschaft, bezahlt wurde mit Gold oder Lebensmittel. Gesell- schaftliche Strukturen lösten sich auf, Leistung und Einkommen waren nicht mehr im Einklang. Infolge des Krieges gab es keine Produktionsmittel, kein Saatgut im Land, die Infrastruktur war ruiniert. Das staatliche Einkommen erreichte kaum einen Prozent der Ausgaben. Die Inflation ging mit einem riesigen Bargeld- verkehr einher, doch konnte der Bargeldbestand mit der Preis- erhöhung nicht Schritt halten: eine rasende Inflation trat ein, die monatlich 4,19 x 10.16( also 41 900 Billionen) erreichte, die Verkaufspreise verdoppelten sich alle 15 Stunden. Der parallel und zeitweilig – als aushilfsweise – eingeführte Steuer-Pengô hatte zwar eine bessere Kaufkraft, doch auf dem Höhepunkt der Infla- tion kostete ein Paar Schuhe 120 Mrd. Steuer-Pengô. Es wurde klar: ein radikaler Schritt wird benötigt, der auch längerfristig das Vertrauen im Geld stärkt und die Inflation bremst. Die Ein- führung des Forints war zunächst als erfolgreich beurteilt, doch die Planwirtschaft der darauffolgenden kommunistischen Zeiten ließ dem Forint nicht viel Spielraum.
Maßnahmen und Versprechungen, die öfters gegen die Gesetzmäßigkeiten der Wirtschaftswissenschaften waren, konnten es nicht verhindern, dass die Gesetze der Märkte langsam Ober- hand bekommen. Die Ölpreise schossen in die Höhe, die Lasten der aufgenommenen Devisen-Anleihen ebenfalls. Die im Jahr 1946 festgelegten Nennwerte der Geldscheine reichten nicht mehr
6