Kurutzen sich den kaiserlichen anschlossen, so dass nach amtlichen Quellen an der Belagerung Ofens auch über 10 000 Mann ungarische Truppen teilgenommen haben sollen. Darunter befanden sich die vornehmste madjarischen Familien, wie Petneházy, Eszterházy, Pálffy, Csáky, Koháry usw., mit denen Schulter an Schulter die Angehörigen der Familien Dohna, Bismarck, Le- vetzow, Stahremberg, Falkenhayn, Herberstein, Oettingen, Kle- belsberg und viele andere kämpften.
Am 12. Juni machte sich das Heer auf, Karl von Lothringen drang am rechten Ufer der Donau vor, während Kurfürst Maxi- milian gegen Pest marschierte, das er bereits am 17. Juni erreichte. Am 18. Juni stand Karl von Lothringen vor Altofen. Kurfürst Maximilian von Bayer ließ sofort eine Brücke über die Donau schlagen und war schon am 21. Juni mit seinem ganzen Heer am rechten Ufer der Donau, wo er auf dem Blocks berg / Gellérthegy das Hauptquartier bezog. Das Hauptquartier Karls von Lothrin- gen war auf dem Nyék-Berg, der wegen der dort stationierten schwäbischen Truppen den Namen „ Schwabenberg” erhielt. Die Festung wurde von Abderrahman, einem tapferen türkischen Pascha verteidigt. Die Besatzung machte kaum 15 000 Mann aus, gehörte aber zu den besten türkischen Truppen. Ab- der rahman konnte sich auf seine Mannschaft unbedingt verlassen. Hilfe leistete der Besatzung auch die türkische und jüdische Be- völkerung der Stadt. Die Juden waren sehr zahlreich und machten in der Wasserstadt / Viziváros den größten Teil der Bevölkerung aus.
Die Belagerungstruppen zogen zuerst einen äußeren Schutzwall vom Lágymányos aus, um den Blocksberg über den Schwabenberg und Rosenhügel / Rózsadomb bis ungefähr an die heutige Mar- garethenbrücke. Hier hielten sich die im Kampfe ermüdeten Trup pen auf. Zugleich aber diente dieser Schutzwall als Deckung gegen etwaige Überraschungen von seiten türkischer Entsatz- truppen. Indessen wurden aber auch unmittelbar um die Festung herum Laufgräben Gezogen und Schanzen gebaut. Die Bela- gerung konnte bereits am 21. Juli begonnen werden. Schon am dritten Tage der Belagerung erstürmten brandenburgische Trup- pen die untere Stadt, wo sich heute die Königsberg gasse / Ki rály- hegy utca befindet. Schwerer ging es in der oberen Stadt. Christen und Türken verrichteten Wunder der Tapferkeit. Am 22. Juli flog ein Pulverturm in der Festung in die Luft. Karl von Lothringen forderte nunmehr Abderrahman zur Übergabe der Festung auf, was dieser aber zurückwies. Der Kampf begann von neuem. Am 27. Juli fielen die äußeren Basteien der Festung in die Hände der Christen. Nun war es vorauszusehen, dass die Türken sich nicht mehr lange werden halten können. Eine neue Aufforderung erging an Abderrahman zwecks Übergabe der Festung. Abder- rahman hatte aber erfahren, dass ein türkisches Heer zum Entsatz der Festung sich nähere, und antwortete: „ Die Übergabe der Festung ist in der Hand Gottes.“ Tatsächlich tauchten am 3. August die Vorposten eines türkischen Heeres auf, das von Esseg / Eszék kam und Wiehall / Bia, Kleinturwall / Torbágy und Promontor / Budafok besetzte. Der Ser- dar Sulejman, der die Armee befehligte, hielt sich aber zu schwach, um einen Angriff gegen die kaiserliche Armee wagen zu können. Er beabsichtigte daher nur, die Aufmerksamkeit der Belagerer auf sich zu lenken, um bei günstiger Gelegenheit über einige weniger befestigte Punkte Janitscharen in die Festung hineinzubringen. Ein zweiter Versuch schlug aber fehl und die Truppe, die sich in die Festung schleichen wollte, wurde bis zum letzten Mann niedergemetzelt.
Das LESEN des Sonntagsblattes weckt das NACHDENKEN
Am 22. August wurde ein allgemeiner Sturm unternommen. Er mißlang zwar, verursachte aber in den Befestigungen einen derartigen Schaden, dass Abderrahman in der darauffolgenden Nacht einen Boten an den Großvezir gehen ließ, mit der Meldung, dass er die Festung nicht mehr lange halten könne. Der Bote kam mit seiner Meldung in die Hände der Belagerer, so dass diese nun über die Lage in der Festung unterrichtet waren. Am 28. August wurde ein zweiter Bote aufgefangen, der Sulejman den Bericht er- teilen sollte, dass die Zahl der Besatzungstruppen bereits auf 2000 Mann zusammengeschmolzen sei. Doch vergebens. Der Sulejman zog sich zurück und überließ die Festung ihrem Schicksal.
Karl von Lothringen bereitete nun den letzten Angriff vor. Am 2. September nachmittags um zwei Uhr bliesen die Trompeten zum Sturmangriff. Wie Löwen sprangen nun die Truppen aus den Laufgräben, erkletterten die Mauern und drangen in die Festung ein. Es kam zu einem kurzen, aber mörderischen Kampfe, in dem die Türken fast bis zum letzten Mann gefallen sind. Nur jenen wurde das Leben geschenkt, die sich in die königliche Burg ge- flüch tet hatten. Die meisten dieser waren Frauen und Kinder. Der Sturm war schon um fünf Uhr zu Ende, und als die Sonne hinter den Ofner Bergen unterging, wehten auf allen Basteien die christlichen Fahnen. Die Stadt aber war ein Trümmerhaufen. Bis spät in die Nacht hinein leuchteten die brennenden Häuser, die mit wenigen Ausnahmen Opfer der Flammen wurden. Am nächsten Tage fand unter freiem Himmel ein feierliches Te-Deum statt, dem alle Truppen beiwohnten.
Ofen war nun frei – aber nicht Ungarn. Das Ziel war also ganz Ungarn von den Türken zu befreien. Dies war keine leichte Aufgabe, denn die Türken verfügten noch über unerschöpflich scheinende Reservetruppen. Andererseits rüsteten auch die Fran- zosen gegen die Habsburger, weil sie infolge der Siege der kaiserlichen Armeen über die Türken die Gefährdung ihrer eigenen Machtstellung in Europa fürchteten. Die geistige Überlegenheit der Führer und die Stimmung der Soldaten waren aber der zahlenmäßigen Überlegenheit der Türken gewachsen.
***
Prinz Eugen, der schon bei der Entlastung Wiens / der Schlacht am Kahlenberg sich hervorgetan hatte, war jetzt in Ofen mit seinen Dra- gonern nicht direkt an der Einnahme der Festung beteiligt, sondern sie sicherten den Rücken ihres Heeres gegen die osmanische Entsatzar- mee, welche jedoch die Befreiung der Stadt, – seit 143 Jahren in osmanischem Besitz, – nicht verhindern konnte.
Prinz Eugen treffen wir in den darauffolgenden Jahren / Jahrzehnten in in mehreren großen Schlachten gegen die Osmanen, die zur endgültigen Befreiung des Landes Ungarn und der Beseitigung des Schreckens für Europa führten. Zum Dank und zur Erinnerung steht vor der königlichen Burg in
Budapest die Reiterstatue von Prinz Eugen.
11