Sonntagsblatt 4/2023 | Page 8

sich Dinge anhören , als sie mit dem Kind deutsch gesprochen haben , wie : „ Was ist das für eine Sprache ? Das Kind soll hier ungarisch sprechen , weil die anderen auch ungarisch sprechen .“ Ich glaube , so etwas ist sehr schädlich . Wir haben auch eine Aufgabe oder das Ungarndeutschtum hat die Aufgabe , hier auch ein bisschen was zu tun , also möglichst deutschsprachige Kindergärten anzubieten . Solche Kindergärten gibt es schon einige und das ist natürlich sehr gut und da gibt es auch einige sichtbare Erfolge , aber es gibt noch was zu tun .
SB : Also kann man sagen , dass für die Förderung der kulturellen Identität die deutschsprachige Erziehung der Kinder wichtig ist ? Haben Sie vielleicht eine persönliche Motivation dabei ?
GW : Jein . Also natürlich lautet das Ziel vor allem Familien ungarndeutscher Herkunft in den Verein aufzunehmen , aber wenn es solche Familien sind , die keine ungarndeutschen Wurzeln haben , aber an den Traditionen und an der Kultur des Ungarndeutschtums interessiert sind , dann können sie natürlich beitreten , also das ist jetzt kein Problem . Deutsche Sprachkenntnisse sind auch eine Voraussetzung , aber die Möglichkeit besteht , dass sie auch mitmachen .
SB : Welche Erwartungen verknüpfen die Eltern mit einem Beitritt ? Warum treten sie bei , was ist ihre Motivation ?
GW : Ja , es geht nicht anders . Ich selbst komme auch aus einer ungarndeutschen Familie , aus Nimmesch / Hímesháza . Ich bin zweisprachig aufgewachsen , mit einem deutschen Dialekt , den ich aber nicht weitergegeben habe , sondern meinen Töchtern habe ich Hochdeutsch beigebracht . Mit meinen Kindern spreche ich bis heute nur deutsch . Hier in diesen Kreisen gibt es in vielen Familien das Muster , dass eine Person eine Sprache spricht . Es gibt aber auch Familien , wo überwiegend deutsch gesprochen wird . Aber beide Modelle sind - glaube ich - gut anwendbar und - was auch alle gesagt haben – das Umfeld ist dabei bestimmend und das ist tatsächlich so . Also , wenn das Kind in ein ungarischsprachiges Umfeld kommt , sei es die Kinderkrippe oder der Kindergarten , dann wird das Kind überwiegend die ungarische Sprache verwenden wollen und zwar deshalb , weil es sieht , dass in seiner Umgebung die ungarische Sprache die dominante Sprache ist , obwohl zum Beispiel in der Familie Deutsch dominiert . Aber das Kind verbringt ja weniger Zeit in der Familie als zum Beispiel in der Kinderkrippe oder im Kindergarten , wenn wir jetzt mal von den Wochenenden absehen . Aber auch deswegen wird die Aufgabe der Familien immer wichtiger und ich glaube , auch die Aufgabe unseres Verbandes oder des GJU wird in dieser Hinsicht immer wichtiger , indem wir immer wieder auf die Bedeutung der Sprache , der Kultur , der Wurzeln und der Traditionen hinweisen und auch solche Programme anbieten , wo man das alles dann vertiefen und sich über Erfahrungen austauschen kann . Ebenso wichtig ist , dass man Verbesserungsvorschläge hat und man sich dann so weiterentwickeln kann .
SB : Kann die ungarndeutsche Kultur und Sprache in der heutigen multikulturellen Gesellschaft oder Umgebung überleben ?
GW : Das ist eine gute Frage . Ich glaube , das ist auch unterschiedlich . Es gibt viele , die einfach das Bedürfnis haben , sich auszutauschen , zum Beispiel über die Kindererziehung . Gerade gestern hatten wir eine Gesprächsrunde über zweisprachige Kindererziehung - Vorteile , Nachteile , wer , wie damit umgehen kann , was das Umfeld dazu sagt . Also das ist schon eine sehr interessante Sache und da kann man natürlich sowohl positive als auch negative Dinge nennen . Einige haben gesagt , dass sie schlechte Erfahrungen in der Krippe gemacht hätten . Und das war interessant , dass mehrere Familien die Krippe erwähnt haben . Da mussten sie
GW : Ich denke , ja , und auch da wollen wir ein Zeichen setzen , auch mit dem Verein , dass das möglich ist . Ich glaube , ein Feedback ( Rückmeldung , Red .) für die Kinder selber ist auch ganz wichtig und bei solchen Familientreffen , wie zum Beispiel das VUK-Familienwochenende , sehen die Kinder , dass sie nicht alleine sind . Also , es gibt sicher welche , die in ihrer Gemeinde nur vereinzelte Träger dieser Doppelidentität sind . Aber wenn sie zu so einem Familienwochenende kommen , dann merken sie , dass die anderen auch so sprechen , es auch so machen - bei denen gibt es auch zwei Sprachen , die sprechen auch überwiegend Deutsch , also ich
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