Sonntagsblatt 4/2019 | Page 9

Worte von Jakob Bleyer, dem ERWECKER DES UNGAR- LÄNDISCHEN DEUTSCHTUMS und Namensgeber der Jakob Bleyer Gemeinschaft e.V. - als Empfehlung und zur Beachtung allen Vertretern der ungarndeutschen Selbstverwaltungen und ungarndeutschen Organisationen Wer ist ein Vertreter der Ungarndeutschen? Von Georg Krix Auf diese Frage schrieb Jakob Bleyer im Sonntagsblatt vom 19. Juli 1931 Folgendes: „…Wer ein Vertreter und Wortführer dieses Deutschtums sein will, der muss es wirklich vertreten! Mit allen seinen gottgegebenen und verbrieften Rechten, mit allen seinen sprachlichen und kultu- rellen Wünschen und Forderungen! Der muss mit allen sittlich er- laubten Mitteln danach trachten, mit Aufbietung aller seiner Kräfte sich dafür einsetzen, dass unser Deutschtum sprachlich und kulturell deutsch erhalten bleibe und sein Volkstum für alle Zukunft gesichert werde… Wir sind keine Clique, keine „Grup- pe”, wir haben uns nie vereinigt oder konstruiert, wir sind auch keine Gründung und keine Organisation, sondern wir sind: eine Gemeinschaft der Seelen, verbunden miteinander durch die heiße, opferwillige, bekenntnisfreudige und werktätige Lie- be zu unserem Volke, das nicht untergehen darf. – Wer diese Liebe nicht hat oder wer sie verheimlicht oder verleugnet, wer nicht kämpfend und arbeitend, leidend und duldend zu ihr steht, der ist in Wahrheit kein Vertreter unseres Volkes, auch wenn er Besitzer von zehn Mandaten ist… So hielt es und hält es jedes Volk, keines bewußter und leidenschaftlicher als das ungarische (gemeint: madjarische – Bem. d. Red.)… Es waren Vertreter des Ungarntums z.B. Kazinczy und Bessenyei, Révai und Berzsenyi usw., auch wenn sie nie ein Mandat besaßen, denn sie waren Träger der ungarischen Idee und Erwecker des Ungarntums zum nationalen Bewußtsein. Auch wir sind Träger des Volkstumsge- dankens beim Deutschtum in Ungarn und vertreten sein Recht auf Leben und Zukunft. Im Rahmen des ungarischen Staates – selbstverständlich – und in unentwegter Treue zur ungarischen Vaterlandsidee…” Auf dem Weg An den Rand einer Wahlkampagne Kurz vor den Kommunal- und Naionalitätenwahlen sind wir auf einen interessanten Facebook-Post des Fünfkirchener Überset- zers, Dolmetschers und Reiseleiters Johann Habel aufmerksam geworden. Wir veröffentlichen den Beitrag in voller Länge und deutscher Übersetzung (von Richard Guth). ____________________________________________ Ich schreibe in der Regel nicht über Themen, die die Öffentlich- keit betreffen, aber nun fühle ich mich veranlasst, anlässlich der Nationalitätenwahlen im Oktober einige Gedanken von mir zu teilen. Am Mittwochnachmittag klingelte es bei mir an der Tür; ein jun- ger Mann überreichte mir anlässlich der bevorstehenden Wahl der Deutschen Selbstverwaltung von Fünfkirchen einen an mich adressierten Umschlag. Darin war ein A5-Blatt mit dem Bild und dem Namen des Kandidaten sowie dem Satz „Die Zeit SoNNTAGSBLATT trennt, die Tradition verbindet!” auf einem Untergrund mit der schwarz-rot-goldenen Fahne. Im Umschlag fand ich noch ein Blatt des Formats A4 gefunden mit der Vorstellung des Kan- didaten und seinem Programm in neun Punkten. Die Sendung hat mich positiv überrascht – ich möchte versuchen sie anhand meiner Kriterien kurz zu bewerten. Aber zwangsläufig wird diese Analyse länger ausfallen als ein Facebook-Post im herkömmli- chen Sinne. Ich halte es für positiv, dass der 25-jährige Kandidat 1. alle potenziellen Wähler erreichen möchte und deshalb das Wahlamt um die Herausgabe der Namen und Erreichbarkeiten derjenigen Bürgerinnen und Bürger bittet, die sich bei der vor- angegangenen Wahl zur deutschen Volkszugehörigkeit bekannt haben, und sich ihnen vorstellt. 2. dass er in Punkten formuliert, was er bei seiner Wahl tun wür- de (Stärkung der Identität, Pflege der Traditionen, kulturelle Ver- anstaltungen, Ausstellungen, Gastronomie usw.). 3. ein „Sendungsbewusstsein” hat: „Ich nehme mich der Aufgabe an, die in Fünfkirchen ansässige deutsche Nationalität wieder zu einer starken und durch Aktivitäten präsenten Gemeinschaft zu schmieden, unter der Beteiligung der Jugend.” Der Tatendrang und die Begeisterung, die die Zeilen versprühen, erinnern mich an mein Selbst vor 30 Jahren … Sein Programm zeigt, dass er bereit ist „groß zu träumen”. Er hat sich dafür ent- schieden, anstelle eines minimalistischen Programms mit einem maximalistischen anzutreten. Das ist sein gutes Recht. Was ich vermisse: 1. Wenn der Kandidat sich für diese Form der Kampagne ent- schieden und dabei weder Kosten noch Mühe gescheut hat, dann finde ich es schade, dass es ihm entgangen zu sein scheint, dass jedes Blatt zwei Seiten hat. Es bietet sich regelrecht an, dass seine Botschaft auf der anderen Seite auf Deutsch zu lesen ist. Letztendlich will er ja nichts anderes tun als die Fünfkirchner Schwaben zu vertreten. Nicht nur die Nation, sondern auch die Nationalität lebt in ihrer Sprache. Die Sprache ist Trägerin und Vermittlerin Nr. 1 der Kultur - ein identitätsstiftender „Faktor”. Mei- ner Ansicht nach wäre es erlässlich, diese sprachliche Bindung zu betonen, denn „unser Deutschtum” können die „Strudel” und die „Plechmusik” an sich nur zum Teil ausdrücken. 2. Aus seiner Vorstellung geht es leider nicht hervor, ob der Kan- didat deutsch spricht. „Ich verfüge in der Familie über deutsche Vorfahren. Seit meiner Kindheit sind die deutschen Traditionen und die deutsche Identität Teil des Alltags.” Das ist alles schön und wirklich sehr brav, aber von den Mitgliedern der deutschen Selbstverwaltung erwarte ich, dass sie in der Lage sind, die deutsche Alltagssprache selbst sicher zu verwenden. Sitzungs- sprache ist Deutsch, man muss in der Lage sein, einen Beitrag zu leisten und zu verstehen, worum es in den Sitzungen geht. Es kann auch vorkommen, dass die Selbstverwaltung von einer deutschen bzw. österreichischen Partnerschaftsdelegation be- sucht wird oder dass mit ausländischen Institutionen oder gar Botschaften gemeinsame Projekte realisiert werden. Es gehört sich nicht, wenn eine Person, die die Fünfkirchner Deutschen vertritt, bei solchen Besprechungen den Taubstummen spielt. Also ist die Kenntnis und Verwendung der deutschen Literatur- sprache – jedenfalls für mich – kein „Verdienst”, sondern ein „Muss”, gewissermaßen conditio sine qua non. 3. Die Identität hat unterschiedliche Stufen. Der Kandidat will in diesem Zusammenhang mit der deutschen Fahne auch etwas zum Ausdruck bringen – ich weiß nicht, wie tiefgründig er sich mit (Fortsetzung auf Seite 10) 9