Leserbriefe
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Leserbrief von Franz Wesner (Unna)
Madjarisch fühlend als Deutsche vertrieben
Von Richard Guth
SB 03/2018
Dass auch Rumänien seine deutsche Minderheit nach dem Mot-
to „Schonen wir das eigene Blut” den Sowjets zum Fraß hinge-
worfen hat, ist unstrittig.
Dafür hat aber Rumänien sich entschuldigt (Iliescu). Demgegen-
über gedenkt Ungarn uns auch weiterhin mit dem primitiven Lü-
genmärchen „malenkij robot” (suggeriert russische Schuld) ab-
zuspeisen.
Bei der Verschleppung hat sich Rumänien also genauso verhal-
ten wie Ungarn, ist aber – im Gegensatz zu Ungarn – in Potsdam
nicht vorstellig geworden.
Der deklarierte Weltbürger-Bundes-
außenminister für die Auslandsdeut-
schen
Von Freiherrn Egmont
Die jüngsten Ereignisse in Rumänien stießen nicht nur einen
Stein, sondern einen ganzen Berg ins Wasser: Die Lage der ru-
mänischen Demokratie in der internationalen Öffentlichkeit wird
fast so heiß diskutiert wie der Sargentini-Bericht, mit der Beson-
derheit, dass auch die weit und breit gut bekannte Deutschfeind-
lichkeit seitens der rumänischen Rotkappisten hervorgebracht
wurde. Nun trat ein edler Schutzherr von der Bundesregierung
hervor, um vor die Sachsen und Schwaben ein Schutzschild des
Mutterlandes zu stellen. Der Moment, wenn der internationalis-
tische Spitzenpolitiker dazu gezwungen wird, die „geduldeten
Auslandsdeutschen” in Schutz zu nehmen.
Dem Fall ’Iohannis’ widmete sich die Redaktion des Sonntags-
blattes mehrfach in den vergangenen Wochen. Die Versuchung
machte sich an uns, Ungarndeutsche, heran, dass wir nach der
deutschfeindlichen Hexenjagd gegen den Hermannstädter Se-
ligman (nach dem Charakter Woody Allens, der, wie ein transyl-
vanischer Chamäleon, immer seine Identität in der Hoffnung der
Anerkanntheit bei den anderen wechselt) eine gewisse Schaden-
freude zu verspüren: Der verehrte und populäre Hermannstädter
Lokalpolitiker, ein Minderheitenangehöriger vom Sachsenvolke,
hatte mit seiner Herkunft die historische Chance, die Rolle des
Brückenbauers zwischen den Rumänen und anderen Nationali-
täten einzunehmen, aber letztendlich wurde er für uns, Madjaren
und Deutsche aus dem Karpatenraum, eine riesengroße Enttäu-
schung.
Die antideutschen Angriffe nehmen nicht nur ihn, sondern auch
die ganze sächsische und schwäbische Gemeinschaft ins Vi-
sier. Noch ferner: Vor einigen Wochen vermeldete die kroati-
sche Presse ähnliche Tendenzen. Der deutschstämmige Goran
Beus Richemberg, Historiker, Mitglied des Sabors, erhielt von
kroatischen Facebook-Kommentatoren das virtuelle tschechi-
sche ’N-Armband’, nur wegen seiner deutschen Abstammung.
Das unterschwellig Deutschfeindliche ist auch hier in Ungarn
nicht unbekannt, vor allem, wenn man meint, davon politisches
Kapital schlagen zu können. So berichtete das regierungsnahe
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Portal 888.hu von der Jobbik-Kandidatur von Koloman Brenner
mit einem Hinweis auf die Germanisierung seines Vornamen
während seiner Gymnasialzeit und die vermeintlich ungeklär-
te Identität von Brenner. Aber auch die fabrizierte Figur des
„dummen Schwaben” taucht in solchen Medien mal offen, mal
im Verborgenen auf, getragen von Kulturkämpfern, die in der
Dezső-Szabó-Schule sozialisiert wurden. Regierungs(parteien)
nähe bedeutet aber gleichzeitig ein breites Spektrum an konkre-
ten politischen Vorstellungen und Geisteshaltungen - deswegen
war die Feststellung Róbert Puzsérs ein Volltreffer, wonach das
System der Nationalen Zusammenarbeit von Slomó Köves bis
Zsolt Bayer reiche. Aber dass unterschwellige Deutschfeindlich-
keit keine Parteigrenzen kennt, zeigt das Beispiel des ehema-
ligen sozialistischen Politikers und regierungskritischen Journa-
listen Sándor Csintalan, der auch mal von „verrückten” (lökött)
Schwaben spricht. Wir dürfen also, im Sinne des Obengenann-
ten, mit der Vermutung leben, dass die deutschfeindliche Rheto-
rik wieder salonfähig ist, welches Phänomen wir, volksdeutsche
Jugendliche zuvor nie so eindeutig erlebten.
Wo bleibt denn der angeblich offizielle Hüter der Auslandsdeut-
schen? Die Hitler-Schnurrbart Johannis‘ und die „Der Deutsche
ist schuld”-Plakaten resonierten in den Kreisen der Bundesre-
gierung ebenfalls. Zum Glück ist der siebenbürger-sächsische
Bernd Fabritius in der Position des Beauftragten für Minderhei-
ten und Aussiedlerfragen, die er nach der Abdankung Hartmut
Koschyks beerbte. Naturgemäß, auch wegen persönlicher Be-
troffenheit, schaltete sich der gebürtige Agnethelner nach der
deutschfeindlichen Verleumdungskampagne mit voller Kraft ein
und formulierte fast sofort eine Erklärung, wobei er den Rumä-
niendeutschen seine volle Unterstützung und Schutz zusicherte.
Für Dr. Dr. Bernd Fabritius ist eine solche Stellungnahme selbst-
erklärend: Als Deutscher und jetzt als bundesdeutscher Amts-
träger mit geeigneten Befugnissen nimmt er seine Aufgabe
ernst (wie Koschyk vor ihm). Weil er als Auslandsdeutscher in
Rumänien, also im Ausland, aufwuchs, hat er offensichtlich ein
anderes Deutsch- und Selbstbild als andere Berliner Spitzen-
politiker. Aber neulich zog die bundesdeutsche oberste Führung
die Konsequenz, wahrscheinlich dank der Lobbyarbeit Fabritius’:
Der neue deutsche Außenminister, Heiko Maas, machte einen
Besuch beim Demokratischen Forum der Deutschen in Rumä-
nien und äußerte, dass Angriffe gegen die deutsche Minderheit
inakzeptabel seien. „Rumänien braucht Deutschland und die
deutsche Minderheit als Partner.”
Leicht können wir uns vorstellen, was für ein großer Druck auf
Maas lastete, als er diese Zeilen zu Papier brachte: Heiko Maas
stammt aus einem anderen Millieu, er ist der Archetyp des tech-
nokratischen bundesdeutschen Politikers, der zuvor keine Ver-
bindung zum Thema „Auslandsdeutschtum” hatte. Die von ihm
vertretene politische Elite bibbert sofort, wenn sie das Wort „Aus-
landsdeutschtum” hört: Dazu kommt sein politisches Lager, die
SPD, wo solche Gedanken überhaupt nicht so angesagt zu sein
scheinen. Er ist ein spätes Kind von ’68, genau wie der flämische
Guy Verhofstadt: Sie schimpfen über „den Nationalismus” (sie
meinen damit Patriotismus, Vaterlandsliebe) im Sängerchor vor
der Weltpresse. Bei Maas ist die Situation noch komplexer, da
er zwei paralelle Botschaften an zwei verschiedene Zielgruppen
richten muss: Einerseits muss der Außenminister mit den „Eu-
rope United” und den antinationalistisch gesinnten Interessens-
gruppen (besonders nach Chemnitz) konvenieren, und gleich-
zeitig redet er über deutsche Volksgruppen, Auslandsdeutsche
in Rumänien. Nicht nur Heiko Mass, sondern mit ihm die ganze
bundesdeutsche Elite steht vor der Entscheidung: Wollen sie als
„Mutter Germania” (nach Stephan L. Roth) im Interesse der deut-
schen Minderheiten auch in dieser heiklen Situation auftreten
und endlich eine solche beispielhafte Politik zugunsten der Aus-
landsdeutschen betreiben (auch wenn es diplomatisch riskant
sein kann) wie die österreichische Regierung oder bleiben diese
Äußerungen nur leere Worte?!
SoNNTAGSBLATT