Sonntagsblatt 4/2016 | Page 26

Bestürzt und verzweifelt erfuhr mein Großvater von der Situation, als er von der Arbeit zurückkam. Da es meiner Großmutter zunehmend besser ging, lief er wie jeden Abend zum Bauern - ehepaar, um Kartoffeln zu holen. Er klagte sein Leid, das Bauern - ehepaar sprach ihm gut zu, beruhigte ihn, und die Bäuerin brach- te ihm ein Geschenk. Von ihren deutschen Ahnen gab es in ihrem Haus ein Bild aus Holz mit folgendem Spruch darauf: ,,BEKLA- GE NIE DEN MORGEN, DER MÜH UND ARBEIT GIBT, ES IST SO SCHÖN ZU SORGEN, FÜR MENSCHEN, DIE MAN LIEBT” Dieses Bild hängt heute noch zu Hause hier in Argen - tinien. Mein Vater schenkte es mir, als er mir vor 30 Jahren diese Geschichte unserer Familie erzählte, während ich persönlich eine ganz schlimme Krise durchlebte. Und er sagte: „Jetzt weißt du, wel che schlimmen Momente deine Großeltern mitgemacht haben. Es soll für Dich ein Beispiel sein, um weiter für Deine Lieben zu sorgen” Sehr gerührt nahm ich das Bild an mich und habe mir den Spruch und die dazugehörige Geschichte bis heute gemerkt. Meine Oma gebar ihren Sohn Hans im Arbeitslager. Die Zeit verging. Als der 1. Weltkrieg endete, wurden sie vom Arbeitslager in Sibirien nach Deutschland deportiert. Der Weg ging von Si - birien, Russland über Polen nach Deutschland. Zuerst mit dem Zug und danach tagelanges Wandern bis an die deutsche Grenze. Erschöpft kamen sie in der Freiheit an, doch sie standen vor dem nächsten Drama: An der genannten Grenze untersuchten die Soldaten die Röcke der drei Frauen und fanden das Geld, das meine Oma im Sa