– wie allgemein erwünscht – mehrsprachig! Sie können außer dem ererbten Schwäbisch, das doch eine deutsche Sprache ist auch noch Ungarisch( die Jüngeren schon – leider – als Mutterspache). Aber wie ist es mit den madjarischen Mitbewohnern? Sollten nicht auch die mehrsprachig sein? Sollte man nicht auch die dazu bewegen, sich noch eine Fremdsprache beizulegen, sagen wir z. B. Deutsch? Müsste man in einem solch mehrsprachigen Dorf nicht auch in mehreren, in verschiedenen Sprachen untereinander kommunizieren können? Wohl richtig, dass Vater Staat von allen Bürgern erwartet die Staatssprache zu können. Doch ebenso sollte er auch erwarten, dass alle Bürger mehrsprachig seien! – im „ gemischten” Dorf brauchte da bestimmt( noch) nicht das Englische die Zweitsprache sein.
MERKWÜRDIG, dass in Ungarn die Sprachen nicht gleich- berechtigt sind.
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Warum die „ ungrischen Schwaben” nicht deutsch können
Als Erklärung stehe hier das Beispiel der Ortschaft Ganna, ein deutsches Dorf im ungarischen Buchenwald( Bakonyer-Wald):
… Mit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts( 1900) wurde der deutsche Unterricht in der Schule von Ganna durch die Behörden bereits erheblich zurückgedrängt. Schon lange vor der Vertrei- bung wurde nur noch ungarisch unterrichtet. Die rein deutschsprachige Bevölkerung Gannas hatte somit schon längst keinen schulischen Zugang mehr zu ihrer Muttersprache. Davon unberührt, hat sich der in Ganna gesprochene bayerisch-österreichische Dialekt bis zur Vertreibung voll erhalten. Ein Bezug zur deutschen Hochsprache und zur deutschen Orthographie bestand jedoch nicht mehr …
Merkwürdig? Nein, – in Ungarn war das schon immer so selbstverständlich.
So selbstverständlich, dass viele dieser ungrischen Schwaben keine Schwaben mehr sein wollten, sondern echte Madjaren. Ja, echte! Weil Kindergarten und Schule hat sie dazu erzogen. Man darf sagen, seit dem 1. Weltkrieg haben unsere Schwaben in der Schule nicht mehr Deutsch gelernt. Im Kindergarten( den ich in den Jahren 1932 – 33 besuchte) wurde mit uns Kindern nur Unga- risch gesprochen( kein Wort deutsch, anfangs musste die Amme helfend übersetzen, wenn wir „ hinausgehen” mussten) – so haben wir jedoch nach 2-3 Jahren gut ungarisch reden können. In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts lernten wir Kinder in der Schule das Gedicht von Lajos Pósa „ Magyar vagyok”, dessen erste Strophe wir einbüffeln und fleißig aufsagen mussten. Magyar vagyok Magyar vagyok, magyar. Magyarnak születtem. Magyar nótát dalolt a dajka felettem. Magyarul tanított imádkozni anyám És szeretni téged, gyönyörû szép hazám! Frei übersetzt: Ich bin Madjare – Madjare bin ich, Madjare. Zum Madjaren ge- boren. – Madjarisches Lied sang mir meine Amme. – Madjarisch lehrte mich meine Mutter beten – und lieben dich, mein herrlich schönes Vaterland!
Das wirkte. Kinder sind dafür empfänglich. Und manche Eltern gaben sich damit zufrieden. Unsere Kinder von heute müssen das nicht mehr einbüffeln.
Ihnen ist das eigentlich schon „ selbstverständliche” Wirklichkeit. So merkwürdig das auch ist – man braucht sich darüber nicht zu wundern!
Lückenhafte Berichterstattung
Ich lese( natürlich) unsere Neue Zeitung und darin mit Vorliebe Buchpräsentationen / Rezensionen. Für solche habe ich immer Interesse, deshalb lese ich sie auch in anderen Zeitschriften. Da merkt man Unterschiede in der Bewertung und auch in der Auslegung. 1) In NZ Nr. 19 auf Seite 6 stach mir der Namen Senz ins Auge. Unter der Überschrift „ Ein Klassiker der Geschichte” wird die Person Josef Volkmar Senz und sein Werk „ Geschichte der Do- nauschwaben von den Anfängen bis zur Gegenwart” dargestellt. Gut und verständlich abgefasst. Doch eben beides( Leben und Werk) – leider – zu kurz und somit lückenhaft. Ein wenig über die Person Senz, nur kurz über das Buch und ebenso kurz – aber treffend – über Bedeutung der Geschichte. Was beim Leser bestimmt nachhaltigen Anklang findet: J. V. Senz ein Klassiker der donauschwäbischen Geschichte mit einem Leben für die Donau schwa- ben.
Worüber in der Rezension aber nichts zu lesen ist: Senz und das Ungarndeutschtum. Also ergänzend, doch ebenfalls kurz gefasst eine kleine Bio- graphie. Josef Volkmar Senz war als Kind Ungarndeutscher, – weil doch sein Geburtsort in der Batschka bis zum Ende des I. Weltkriegs zu Ungarn gehörte. Dann wurde er – infolge Trianon – Jugoslawiendeutscher. Im schönsten Mannesalter, als die Batsch- ka zu Ungarn „ heimkehrte” war Senz plötzlich wieder Ungarn- deutscher. Zu einer Zeit, als die schulische Lage der Nationa li- täten für Ungarn zu einem großen Problem wurde. Als in den rückgegliederten Landesteilen auch viele deutsche Schulen Ungarn in den Schoß fielen. Deren Betreuung wurde – gewollt oder ungewollt – von der Regierung dem Volksbund der Deut- schen in Ungarn überlassen, der ja zur gleichen Zeit auch dabei war die ersten von der ungarischen Regierung zugelassenen deutschen Schulen zu organisieren. Senz wurde nach Budapest geholt in das Landesschulamt des VDU, hier hatte er die Abteilung für deutsche Volksschulen zu leiten. In dem von ihm verfassten Heft „ Volksdeutsche Schulerziehung in Ungarn” ist, bezogen auf das Schuljahr 1942 / 43, u. a. zu lesen: Als volksdeutsche Volksschulen betrachten wir die 47 Volksschulen des Deutsch – Evangelischen Generaldekanates in Siebenbürgen, an denen derzeit 104 Lehrkräfte nahezu 4500 Schüler unterrichten, und die 22 Volksschulen des Volksbundes der Deutschen in Ungarn mit 60 Lehrkräften und rund 2200 Schülern.
Über Leben und Wirken des Josef Volkmar Senz in Budapest( mit Wohnung in Wudigeß / Budakeszi) ist ausführlich in dem von seinem Sohn Ingomar Senz und Enkeltochter Rotraud Senz verfassten Buch( München 1999, 212 Seiten) „ Ein Leben für die Donauschwaben“ zu lesen.
Der Donauschwabe, Mensch, Lehrer, Organisator, Historiker, Schriftsteller Josef Volkmar Senz soll Vorbild auch für uns Ungarn- deutsche sein! 2) Und wieder in der NZ( 19. Juni 2015) wurde ich beim Lesen der Buchdarstellung „ Gesamtdarstellung der donauschwäbischen Geschichte” darauf aufmerksam, dass viel( gut und schön) über „ Donauschwabentum” mit Betonung des Schicksals der Jugosla- wien deutschen berichtet wird, jedoch Ungarn bzw. „ Ungarn- deutsch tum” nicht erwähnt wird. Dabei ist es doch selbstverständlich, dass in der donauschwäbischen Geschichte neben Jugo- slawien( Batschka) und Rumänien( Banat) auch Ungarn nicht fehlen kann.
Da besagtes Buch unlängst auch im GERHARDSBOTE( Heft 1 / 2015) besprochen wurde, will ich hier – der inhaltlichen Vollständigkeit halber – diese Rezension wiedergeben. Unlängst erschienen:
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