Sonntagsblatt 4/2013 | Page 2

Der Bürgermeister sprach allen , die in den zurückliegenden 25 Jahren begeistert mitmachten , die Beziehungen mit Leben füllten , herzlichen Dank aus und betonte , dass die Partnerschaft eine Zukunft habe . Die zukünftige Aufrechterhaltung der Beziehungen sei allerdings Aufgabe der heutigen Jugend . Es sei eine ehrenvolle Aufgabe , das Bestehen und den weiteren Ausbau der vielfältigen Beziehungen zu unterstützen und zu fördern . Es sei für ihn ein angenehmes Gefühl , auf die 25 Jahre zurückzublicken , weil sie recht schön waren .
Staatspräsident Äder : Aus eigener Kraft erreicht
Der Präsident der Republik Ungarn , János Áder , übermittelte in einem Schreiben Grüße und Glückwünsche und betonte : Die Bewohner von Sankt Iwan haben der Sprache , den Bräuchen , der Arbeitsliebe , der Kultur der Ahnen die Treue gehalten . Sie sind stolze und selbstbewusste Bürger . Was sie erreicht haben , haben sie aus eigener Kraft zustande gebracht .
Vor 25 Jahren habe Sankt Iwan eine mutige Entscheidung getroffen , mit einem Blick hinter den Eisernen Vorhang eine Partnergemeinde in Bayern gewählt . Das sei ein symbolisches Treffen mit den Ahnen und denen , die gegangen waren , gewesen . Denn die Stürme der Geschichte vermögen nur an den Bänden der Zusammengehörigkeit zerren , sie können sie jedoch nicht zerstören . Den Partnern wünschte Ader eine Fortsetzung der Partnerschaft , die den Jahrhunderten und dem vergangenen Vierteljahrhundert würdig ist .
Abgeordnete des Europaparlamentes - Monika Hohlmeier und ihr ungarischer Kollege Béla Glattfelder - würdigten in Grußschreiben die Bedeutung partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen beiden Kommunen . Gemeindepartnerschaften fördern erheblich die Beziehungen zwischen Ungarn und Deutschland .
Bei der Feier wurden Ehrungen verliehen und Geschenke überreicht . Man weiß : Geschenke erhalten die Freundschaft . Das mit viel Applaus bedachte Kulturprogramm gestalteten der Sankt Iwaner Chor unter Leitung von Franz Neubrandt , die Tanzgruppe der gastgebenden Gemeinde , die ungarische Tanzgruppe Cédrus und der von Hans-Georg Busch geleitete Marktleugaster Musikverein . Die Europahymne , mit der die Veranstaltung ausklang , passte würdevoll zur Feier .
In Schwung gebracht
Blenden wir hier gut 25 Jahre zurück , auf die bewegte Zeit vor und nach dem Systemwechsel in Ungarn . Nach Deutschland vertriebene und in der angestammten Heimat verbliebene Ungarndeutsche pflegten stets engere Beziehungen zueinander . Und damals wurden auch die Fundamente der Gemeindepartnerschaften gelegt . Städtepartnerschaften gab es bereits . Sei hier nur die Partnerschaft zwischen Fünfkirchen und Fellbach genannt . An der feierlichen Unterzeichnung der Urkunde 1986 nahm auch der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker teil . Städtepartnerschaften wurden ungarischerseits vom Budapester Innenministerium genehmigt . Nach Gemeindepartnerschaften krähte damals noch kein Hahn .
Der damalige Verband der Ungarndeutschen / VdU / nutzte die Gunst der Stunde , lud im November 1987 ein Delegation des Gemeindetages Baden-Württemberg nach Budapest ein mit dem Vorhaben , gemeinnützige Stiftungen zur Anregung und Unterstützung von Gemeindepartnerschaften zu gründen . Die deutsche Abordnung wurde vom Hauptgeschäftsführer , Professor Richard Seeger geleitet . An den Beratungen im ungarischen Parlament nahmen seitens Ungarns der Vorsitzende und der Generalsekretär des VdU , Vertreter des damaligen Räteamtes beim Innenministerium , des Kulturministeriums sowie der Patriotischen Völkfront teil .
In den Monaten vor dem Treffen hatte der aus Jerking / Györköny in der Tolnau stammende Pressesprecher des Gemeindetages , Johannes Koch , öfters im Verband angerufen und vorgesprochen , um das Vorhaben Partnerschaften in Schwung zu bringen . In Ungarn musste Neuland beackert werden . Ursprünglich war eine gemeinsame Stiftung vorgesehen . Auf der Beratung einigte man sich auf Vorschlag der deutschen Seite auf die Gründung von zwei Stiftungen .
Viele neue Brücken gebaut
Am 1 . Februar 1988 war es dann soweit . Die Gründer der Stiftung Ungamdeutsche Unterzeichneten die Urkunde , in der Eckpunkte der Zusammenarbeit verankert wurden und am 11 . März gleichen Jahres bekräftigte der Kultusminister Béla Köpeczi mit seiner Unterschrift die Stiftungsgründung . Dem Festakt wohnte auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg , Lothar Späth , bei . Die Stiftung war eine einzigartige , zukunftsorientierte Einrichtung im damaligen Ostblock , ein Signal zur weiteren Öffnung zum Mutterland Deutschland .
Einige Monate später wurde in Stuttgart die Donauschwäbische Kulturstiftung gegründet . Das war kräftiger Wind in die Segel des Budapester Partners und des gemeinsamen Vorhabens .
Beide Einrichtungen passten gut in die Zeit , wurden in der Öffentlichkeit oft als Aufbruch , als Bahnbrecher bezeichnet . Fakt ist : Die Kontakte der deutschen Volksgruppe zum Mutterland haben neue Nahrung erhalten . Es wurden viele neue Brücken gebaut .
Beide Stiftungen arbeiteten jahrelang eng zusammen , brachten Dutzende Partnerschaften zwischen auch von Deutschen in Ungarn bewohnten Gemeinden in Ungarn und Gemeinden hauptsächlich in Baden-Württemberg auf den Weg , finanzierten ihre Vorhaben und griffen ihnen auch sonst unter die Arme . Hauptsächlich ging es um die Pflege der menschlichen Kontakte , der deutschen Sprache und Kultur , die Beziehungen zwischen Ungarn und Deutschland . Die Stiftungen erwiesen sich als eine gute Idee . Sie haben sich hier wie dort Bahn gebrochen . Es wurden viele neue Brücken der Kontakte gebaut .
Die Stiftung Ungarndeutsche wurde als Rechtsperson beim Gericht eingetragen und wurde offiziell beauftragt , Gemeindepartnerschaften anzuregen , gutzuheißen und auch finanziell zu unterstützen . Der VdU , der von Beginn an Pate stand , entfesselte - ohne lautes Tellergeklapper - eine umfassende Informationsaktion , ermunterte die Gemeinden , von der neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen . Nun , der Funke sprang über . Das Projekt beflügelte die Ungarndeutschen , schaffte Anreize . Die Pläne gingen auf . Die Stiftung stieß auf reges Interesse .
Bald stand das Streben nach partnerschaftlichen Beziehungen zu Kommunen in Deutschland , die letztlich allen zugutekommen , hoch im Kurs . Viele - und nicht nur Ungarndeutsche - sahen gute Gründe zur Zusage . Das ging gleich aus dem Echo auf das erste Rundschreiben des VdU an die Mitglieder des Landesrates und andere Ortsvertreter des Verbandes hervor .
Die Gemeinden stellten sich mit der Ausfüllung eines zugeschickten Fragebogens vor , die das Verbandssekretariat , das die Stiftung verwaltete , an den Stuttgarter Partner weiterleitete . Das Kuratorium der Budapester Stiftung , das das Heft in der Hand hielt , handelte schnell und segnete die ersten Anträge ab . Darunter : Bohl / Böly-Taunusstein , Schaumar / Solymär-Wüstenrot , Nadwar / Nemesnádudvar-Neibsheim , Schomberg / Somberek- Langenau , Tscholnok / Csolnok-Jettingen , Großnaarad / Nagynyärád-Seigertshausen , Elek-Gerolshofen , Schambeck / Zsámbék- Wettenberg , Wudigeß / Budakeszi-Neckarsulm , Maisch / Majos- Eching , Kleinturwall / Biatorbágy-Herbrechtigen , Gereschlak / Geresdlak-Delmensingen .
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