Die ersten 570 Ausgesiedelten waren a ) Personen , die Mitglieder waren im „ Volksbund der Deutschen in Ungarn ” und deren Familienangehörige b ) Personen , die sich bei der Volkszählung 1941 zur deutschen
Nationalität bekannten und deren Familienangehörige c ) Einige Familien meldeten sich freiwillig zur Aussiedlung .
Termin der Einwaggonierung war der 18 . Juni 1946 . Vom Hab und Gut durften 80 kg mitgenommen werden . Die Heimatlosen wurden mit ihrer verbliebenen Habe , mit je 20 Personen , in einen Güterwaggon eingepfercht . Termin der Abfahrt sollte der 19 . Juni 1946 sein . Da aber keine Lokomotive zur Verfügung stand , warteten die 570 Böhler Landsleute vier Tage lang am Böhler Bahnhof auf den Abtranstport . Auch die Landsleute aus den Nachbargemeinden Tiedisch / Töttös , Großbuttmer / Nagybudmür und Barjad / Boijäd , die mit den Böhlern ausgesiedelt wurden , warteten am Böhler Bahnhof ( noch ca . 150 Personen ).
Der Sommer 1946 war sehr warm . Die Frucht auf den Feldern war schon gelb , zum Schnitt gereift . Viele , die gesät hatten , konnten nicht mehr ernten . Unsagbarer Schmerz und Hoffnungslosigkeit waren in den Menschen , die ihre geliebte Heimat verlassen mussten . Besonders schwer hat es die vielen alten Menschen getroffen , ihre Arbeitskraft war erschöpft und das mühsam Erarbeitete war ihnen genommen .
Am 23 . Juni 1946 setzte sich der Zug in eine ungewisse Zukunft in Bewegung . Über Fünfkirchen , Großkanischa , Ödenburg , Linz , Salzburg , Rosenheim , Augsburg , Würzburg , Frankfurt / Main und Limburg kam man am 27 . Juni 1946 in Bad Schwalbach / Hessen an . Am 28 . Juni 1946 wurden die Ausgesiedelten dann in die Lager Kettenbach , Wehen und Wörsdorf von amerikanischen Militärfahrzeugen gebracht .
Nach der Registrierung / Erfassung in den Lagern wurden die Familien dann am 04 . Juli 1946 in die umliegenden Ortschaften aufgeteilt und die Dorfgemeinschaft für immer getrennt .
IV . Im Jahre 1947 , am 03 . September , war aus Bohl nochmals eine Aussiedlung nach Sachsen ( spätere DDR ). Zur Aussiedlung kamen Personen , die im Jahre 1941 bei der Volkszählung „ deutsche Muttersprache ” angegeben haben . Die meisten Betroffenen kamen nicht zur Aussiedlung , da sie sich ganz einfach versteckt haben und solange aus Bohl wegblieben , bis sich die Verhältnisse gebessert haben und es auch keine Aussiedlung mehr aus Ungarn gegeben hat . Es waren dann aber trotzdem noch 100 Personen , die man dann zur Aussiedlung zusammengefangen hat . Davon leben heute nur noch vier Familien in Sachsen . Einige Familien kamen aus der DDR in die Bundesrepublik , meistens zu Verwandten . Der Großteil aber , schon im Jahre 1948 , vor Heimweh in das Bohl zurückgekehrt .
V . Im Monat November 1956 , in der Zeit des Volksaufstandes , waren die Grenzen in Ungarn offen . Es sind in dieser Zeitspanne mehrere Familien und viele jungen Burschen einzeln in den Westen gekommen . Es dürften zwischen 40 und 60 Personen aus Bohl gewesen sein , die ein freies Land suchten .
Wo leben heute die 750 Böhler Landsleute , die ab 1944 die Gemeinde verlassen haben ? 1 . Der größte Teil der Böhler Landsleute , die 1946 ausgesiedelt wurden , ca . 550 Personen , blieben und leben in Hessen - in der Umgebung von Wiesbaden im heutigen Rheingau , Taunuskreis .
2 . In der Nähe von München , Kreis Erding , leben ca . 140 Böhler Landsleute . Die große Kolonie von Böhlern um München kam aus verschiedenen Gruppen zusammen : a ) die am 25 . November 1944 , am Katharinentag , Geflüchteten , b ) ehemalige Soldaten , die aus der Kriegsgefangenschaft kamen , c ) von den Ausgesiedelten Juni 1946 , die von ihren Verwandten und Familienangehörigen in die Umgebung von Erding geholt wurden , d ) die November 1956 , in der Zeit des Völksaufstandes , Ungarn verlassen haben .
3 . In Oberfranken , in der Umgebung von Nürnberg leben ca . 30 Böhler Landsleute . Die meisten von ihnen sind vor der Aussiedlung 1946 aus bekannten Gründen geflüchtet ( siehe bei I , Schlussteil ).
4 . In Württemberg , in der Heidelberger Gegend , leben ca . 35 Böhler Landsleute . Sie sind ebenfalls vor der Aussiedlung 1946 aus bekannten Gründen geflüchtet . 5 . In Sachsen leben ca . 14 Böhler Landsleute . 6 . In vielen Teilen der Welt leben einzelne Böhler Familien . So in den USA , Kanada , Australien , Holland , Schweiz und Frankreich .
Ich will zum Schluss jene nicht vergessen , die als Soldaten gefallen sind . Es waren viele Böhler Landsleute , die ihr junges Leben geben , für einen sinnlosen Krieg . Wir wollen sie immer in Erinnerung behalten . Viele Familien wurden vom dasselben Leid heimgesucht , sie beklagten den Tod ihrer Männer , Väter , Söhne , und die Vertreibung kam anschließend hinzu .
Handschriftlich aufgezeichnet von Elisabeth Käszdorf , geb . Hoffmann , redaktionell bearbeitet von Richard Guth , 2013
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Vertreibung der Ungarndeutschen
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu einer großen Menschen-bewegung auf den Straßen und Schienenwegen Europas . Insgesamt 14 Millionen Deutsche verloren ihre Heimat , sie waren geflohen oder wurden nach Kriegsende vertrieben . Die meisten dieser Menschen kamen aus den sogenannten Ostgebieten wie Schlesien , Ostpreußen dem Sudetenland und Pommern . Rund eine Million der Vertriebenen und Flüchtlinge wurde vom Land Sachsen aufgenommen . Darunter befanden sich 50 000 Deutsche die aus Ungarn vertrieben wurden . Ungarn war über tausend Jahre die gemeinsame Heimstätte zahlreicher Völker und Volksgruppen . Die Deutschen kamen zu verschiedenen Epochen und ließen sich zerstreut auf den ganzen Gebiet Ungarns nieder . Der größte Teil kam nach den verheerenden Türkenkriege zur Aufbauarbeit in das verwüstete und fast menschenleere Land . Die Beweggründe der Neusiedler waren keinesfalls nationaler Natur , sondern sie kamen aus wirtschaftlichen Motiven , und auch auf das Betreiben der jeweiligen Regierungen , die in ihren Land einen Aufschwung erreichen wollten . So war auch bis zum Zeiten Weltkrieg ein friedliches Zusammenleben zu verzeichnen . Aber dann wurden die deutschen Volksgruppen zum Spielball der Politik , und nach dem Krieg machte man sie zum Sündenbock .
Schon Ende 1944 setzte die Verschleppung von jungen arbeitsfähigen Männern und Frauen deutscher Abstammung zur Zwangsarbeit in der Sowjetunion ein . Rund 40 000 Ungarr . deutsche kamen in die Bergwerke zur Sklavenarbeit und ein Mertel überlebte diese nicht . Wieder in der Heimat angekommen warden sie „ Ausgesiedelt ”. Die amerikanische Zone nahm 150 000 Ungamdeutsche auf , danach verhandelten die Amis mit der Sow-
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