Bezirk in Ofen die alte Kristinenstädter Pfarrkirche . So ist ihr offizieller Name , so findet man sie in allen authentischen Führern von Budapest und in jedem Geschichts- und Lehrbuch eingezeichnet . Aber im Volksmund hieß sie seit jeher die „ Rauchfangskehrerkapelle ” und die alten Kristinenstädter Bürger nennen sie wohl auch noch heute so , und zwar , weil nach den Überlieferungen das in diesem Gotteshaus befindliche Gnadenbild unserer lieben Muttergottes , das vor dem in einem an der gleichen Stelle befindlichen und dot den Flammen zum Opfer gefallenen Kirchlein gehangen hatte , von einem Rauchfangkehrer , der im Schutt des verwüsteten Gebäudes arbeitete , gefunden worden war . Die Bezeichnung entstand aus Dankbarkeit , teils zum Erinnerungszeichen einer nicht gewöhnlichen Begebenheit , die sich dem Volke in einem gewissen Bilde eingeprägt hatte . Solche Bezeichnungen kann ein Fremder nicht erfinden , sie sind der Ausfluss eines Erlebnisses , darum Volksgut und nicht etwa Vergleiche , wie zum Beispiel die Bezeichnung „ Klein- Nürnberg ” für die Zipser Hauptstadt Leutschau oder die Bezeichnung „ Ungarische Pfalz ” für die schwäbische Bevölkerung in der Batschka , die vom Volk selbst nicht gekannt sind , die nur auf gewisse Ähnlichkeit fußend entstanden sind , aber weder geschichtlichen noch kulturgeschichtlichen Grund besitzen .
Die Bezeichnung „ schwäbische Türkei ” hörte ich als Kind zum erstenmal vor ungefähr vierzig Jahren ( also um 1990 - die Red .). Nicht von schwäbischen Bauern im Komitat Tolnau , wo mein Vater geboren ist , sondern von hochgebildeten ungarischen Pfarrern , unter denen sich auch ein weltberühmter Archäologe , ein ernster Wissenschaftler von Bedeutung befand . Warum und woher die Gegend der Komitate Baranya und Tolna so benannt wurden , habe ich damals noch nicht erfahren . Fünfzehn Jahre später bekam ich das im Jahre 1845 herausgegebene Werk von Michael Haas über das Baranyaer Komitat in die Hand und da tauchte die Bezeichnung wieder vor mir auf . Meines Wissens wurde sie in diesem Werk überhaupt zu erstenmal in die Fachliteratur eigeführt , und wurde dann von hier von anderen Schriftstellern übernommen . Auch Haas erklärt den Namen nicht näher . Natürlich vermochten das die anderen ebenso wenig , die ja gerade aus seinem Werke schöpften .
Meine Arbeiten über die „ Schwäbische Türkei ” begannen ungefähr zu dieser Zeit , und da ich , seit Kindheit umgeben von wissenschaftlich arbeitenden Gelehrten , durch diese zur gründlichen Arbeit angeeifert wurde , lag mir hauptsächlich daran ,
30 festzustellen , warum und woher die Gegend den Namen erhielt . Es wollte aber lange nicht gelingen dies zu erfahren .
Ich fand Werke , die nur das Karsica-Tal so nannten und auch außerhalb unseres Heimatlandes wurde der sogenannte Drauwinkel die „ Schwäbische Türkei ” geheißen . Meine anderen Forschungen hatten erst vor fünfzehn Jahren etwas aufgespürt , das den Schlüssel bot zu dem geheimnisvollen Namen . Und zwar fand sich dieser in mehreren Handschriften , die sich im Archiv der Budapester Universitätsbibliothek befinden und in denen dieser südwestliche Teil Ungarns einfach „ Törökország ”, das heißt die Türkei genannt wird , zu Ende des 17 . und Anfang des 18 . Jahrhunderts bis in die Mitte desselben . Diese Gegend also , die am längsten von den Türken besetzt war , die am ärgsten verwüstet und vernichtet worden ist durch die Herrschaft der Muselmänner , hatte die kummervolle Erbitterung der schwergeprüften Ungarn die „ Türkei ” getauft . Denn sie war eine Wildnis geworden , hoffnungslos verkommenes Land noch , als schon die Türken endgültig vertrieben worden waren . Das arme , gedrückte , erschöpfte ungarische Landvolk , das endlich vom Fremdjoch befreit war , konnte der Freiheit nichtfroh werden , in einer Einfalt hielt es daran fest , dass hier noch immer Törökország sei . So fanden die deutschen Ansiedler , die hier im Jahr 1713 ( in der Gegend von Tevel ) zuerst von ungarischen Adeligen , dann 1717 vom Fünfkirchner Bischof Nesselrode und von dem in HŐgyész residierenden General Graf Anton Mercy herbeigerufen worden waren , diese Gegend vor . Eine Beschreibung aus dem Jahre 1722 gibt an , dass im Tolnaer Komitat von 1.093.000 Joch Morast nur 150.000 Joch dem Feldbau unterworfen waren . Das übrige waren schlechte Weiden , versumpft Wissen , Urwälder , undurchdringliches Dickicht , iche und Öden . Es ist begreiflich , dass die deutschen Ansiedler , die durchwegs Schwaben benannt wurden , willig die Bezeichnung „ Türkei ” übernahmen ; denn sie illustrierte mit einem Worte die Lage hierzulande . Der furchtbare Eindruck erlittener Türkenherrschaft teilte sich der Phantasie dieser Leute dermaßen mit , dass sie jedes geschichtliche Denkmal mit der Türkennot in Zusammenhang brachten und noch heute leben diese unrichtigen Bezeichnungen im Volke . So wird zum Beispiel bei Tevel die „ Türkeschanz ”, ein künstlich aufgeführter mächtiger Erdwall genannt , der noch aus der Avarenzeit stammt und ein sogenannter „ Avarenring ” war .
Da das Hauptwort gefunden war , fiel es nicht schwer , den Ursprung und den Sinn des Beiwortes sich zurechtzulegen . Die Gegend hieß im Volksmund „ Türkei ”, der Ungar empfand das Fremde , das sich nun in seine Nähe gesiedelt hatte und gab als Ergänzung nur noch das Wort „ die schwäbische ” dazu . Denn er verstand das Reden der Deutschen ebenso wenig wie vordem das Türkische . Denn sie haben die „ Türkei ” gefunden , aber aus ihr die schwäbische gemacht , die sich wahrlich sehen lassen kann , die vom entsetzlichen Leiden der Ungarn erzählt , vom Blut der Ungarn getränkt war , mit dem sich aber dann der redliche Schweiß der Schwaben vermischte und fruchtbar machte , was verdorrt war .
Der Name , die „ Schwäbische Türkei ” ist eine wertvolle kulturhistorische Erinnerung , wie die Namen „ Siebenbürgen ” oder „ Seklerland ”. Sie sprhen von Ruhm und Kraft und vom Schicksal , und ihr Gebrauch zerstückelt den Staat und unser ungarisches Heimatland nicht , sondern betont nur das , was aufbewahrt werden soll , mögen sich auch die Verhältnisse durch Kriege oder durch sonstige Fährlichkeiten geändert haben .
Das Dorf Feked
( Perle des ungamdeutschen Bauwesens ) mit seinen Stiffollern und dem berühmten Stiffulder
Die Stiffoller und der Stiffolder In diesem kurzen Vortrag soll die Bedeu- j tung von zwei lautlich ähnlichen Begriffen erläutert werden , diese sind die Stiffoller und der Stiffulder / Stiffolder . 1 ) Wer sind die Stiffoller ?
Im 18 . Jahrhundert , zur Zeit der Ansiedlung der Deutschen in Ungarn , gehörte das Fürstentum Hessen zu den Hauptauswanderungsgebieten in Deutschland . Auch unsere engere Heimat , die sogenannte Schwäbische Türkei , wurde hauptsächlich mit hessischen Kolonisten besiedelt , so dass dieses Gebiet im Völksmund auch „ Kleinhessen ” genannt wurde .
Die Siedler kamen aus allen Teilen Hessens nach Südungam , in erster Linie aber aus Mittel- , Süd- und Osthessen , hauptsächlich aber aus der Umgebung von Darmstadt und Fulda bzw . aus der Hohen Rhön . Die zwei letztgenannten Gebiete waren im Besitz des Fuldaer Bistums , des Stiftes Fulda . Die aus Mittel- und Südhessen gekommenen Siedler wurden haupt- > sächlich im Komitat Tolnau , die aus dem Fuldaer Land ( die Hohe Rhön inbegriffen ) stammenden Einwanderer dagegen in relativ vielen Dörfern zwischen Mohatsch / Mohács und Fünfkirchen / Pécs angesiedelt .
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