TRADITIONSVERMITTLUNG AUF MODERNEM WEG – DIE PODCASTREIHE DER LDU
Von Ágoston Frank
Am 6. Februar 2025 hat die LdU( Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen) einen weiteren Schritt ins 21. Jahrhundert gewagt: Der erste Teil der Podcast-Reihe „ Fokus: Ungarndeutsch” wurde auf verschiedenen Plattformen( YouTube, Apple Podcasts, Spotify) veröffentlicht.
Es war ein langer Weg, wenn man bedenkt, dass das Kommunikationsteam der LdU die Projektidee bereits bei der dreitägigen Klausurtagung im November 2022 vorgestellt hatte. Von der LdU-Führung wurde diese Idee im Februar 2023 nochmals unterstützend bekräftigt. Noch mehr Zeit verging bis zur tatsächlichen Aufnahme der Folgen im Herbst 2024 sowie für die Nachbearbeitung, die schließlich bis Februar 2025 dauerte.
Doch gute Arbeit braucht Zeit – und das hat diese Initiative bewiesen. Ziel der Serie ist es, das Ungarndeutschtum in unsere Wohnzimmer, Autos oder an andere Orte zu bringen, an denen man sich gerne entspannt kulturellen und gesellschaftlichen Themen widmet.
Vielfältiger könnten die Inhalte kaum sein: Die inzwischen sechs Episoden umfassende Reihe( Stand: September 2025, Red.) bietet Einblicke in verschiedene Themen- von den politischen Strukturen der Deutschen in Ungarn bis hin zu Bildung, Vereinswesen und Nachwuchsförderung. Natürlich dürfen bei einer ungarndeutschen Initiative auch Musik und Tanz nicht fehlen.
Die Podcast-Reihe will jedoch nicht nur einseitig Wissen vermitteln, sondern auch den Austausch mit den Zuhörerinnen und Zuhörern fördern. Dabei besteht allerdings noch Handlungsbedarf, denn die gestellten Fragen und deren Beantwortung sind für das Publikum bislang nicht zugänglich.
Die Themen sind breit gefächert und sollen eine große Hörerschaft ansprechen. Erfreulich ist, dass in den bisherigen Folgen der Moderator bzw. die Moderatorin stets mit mehreren Expertinnen und Experten diskutiert hat. So erhält man nicht nur Fach- und Hintergrundwissen über Strukturen, Akteure und Herausforderungen des Ungarndeutschtums, sondern bekommt auch die unterschiedlichen Meinungen zwischen Personen und Institutionen zu hören.
Denn nur durch Meinungsvielfalt und deren Erläuterung entsteht eine lebhafte Diskussion – das primäre Ziel der Podcast-Reihe. Zwar waren sich die Gäste in Grundfragen oft einig, doch die unterschiedlichen Auslegungen bestimmter Themen machten den Podcast trotz seiner beachtlichen Länge( ca. eine Stunde pro Folge) interessant und hörenswert. Einheit ist wichtig, gerade heute für das Ungarndeutschtum, doch es wäre ein Fehler, die Unterschiede innerhalb der Nationalität unter den Teppich zu kehren.
Gerade weil solche Unterschiede – zum Glück – im Podcast-Format offen angesprochen werden können, sollte man auch verschiedene Lösungsansätze erarbeiten. Eine Divergenz, die in den bisherigen sechs Folgen deutlich wurde, ist der Unterschied zwischen städtischer und ländlicher Realität. Der Identitätsverlust in den Städten, wie mehrere Gäste betonten, muss auf ganz andere Weise angegangen werden als im ländlichen Raum. Die Gründe liegen nicht nur in der höheren Zahl von Mischehen oder in stärkerer Assimilation. Man darf nicht vergessen: Auch wenn der Begriff „ ungarndeutsch” heute oft mit den( Donau) Schwaben gleichgesetzt wird, besteht die deutsche Nationalität in Ungarn nicht ausschließlich aus den Nachfahren der nach der Türkenbelagerung vor allem aufs Land gezogenen Siedler. Ungarndeutsche Kultur gab und gibt es auch in Städten – und dort spielen mitunter andere kulturelle Anziehungspunkte eine Rolle.
Das übergeordnete Ziel der Sendung und der LdU ist es, die Zugehörigkeit zum Ungarndeutschtum zu stärken: die bisherigen Mitglieder zu halten und neue zu gewinnen. Dabei hilft nicht nur die Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren wie etwa den Kirchen, sondern auch die Ansprache von Menschen, die nie eine deutsche Identität hatten oder diese schon länger verloren haben. Besonders schwierig zu erreichen ist dabei die mittlere Generation, die durch familiäre und berufliche Verpflichtungen stark eingespannt ist. Hier kann der in den Sendungen mehrfach angesprochene Nostalgie-Faktor eine Brücke schlagen – vorausgesetzt, man schaut genau hin, für wen welche Art von Tradition wiederbelebt werden sollte. Innerhalb des Ungarndeutschtums gab und gibt es immerhin erhebliche kulturelle Unterschiede.
Besonders erfreulich ist, dass die Podcast-Reihe der LdU nicht in einem wehmütigen Rückblick auf die „ gute alte Zeit” stecken bleibt. Im 21. Jahrhundert tragen wir die Verantwortung, neben der Erinnerung an das Vergangene auch das erhaltene Erbe weiterzugeben und- falls nötig- an veränderte Umstände anzupassen. In den Sendungen werden daher nicht nur Vergangenheitsthemen behandelt, sondern auch Zukunftsperspektiven und der mögliche Modernisierungsbedarf besprochen.
Denn ohne Innovation lassen sich selbst Traditionen nicht bewahren. Das hat die LdU erkannt und das Medium Podcast als Kommunikationsform gewählt. Ob es allein ausreichen wird, das Ungarndeutschtum im Alltag sichtbarer und zugänglicher zu machen, bleibt abzuwarten. Trotzdem ist es ein wichtiger Schritt, Brauchtum und Innovation miteinander zu verbinden.
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