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ÜBER KULTUR UND GESCHICHTEN
Neue ungarndeutsche Facebook-Gruppe will die Gemeinschaft stärken
Von Richard Guth
„ Im Jahr 2018 habe ich die Facebook-Gruppe „ Schwäbische Rezepte “ mit der Absicht gegründet , um vor allem lokale Rezepte zu sammeln . Wir haben aber auch gerne Rezepte aus anderen Regionen gelesen und ausprobiert . Die Mitgliedschaft bestand eine Zeit lang nur aus einem engen Kreis , meist haben unsere Bekannten Rezepte hochgeladen . Doch vor einem Jahr erfreute sich die Gruppe plötzlich großer Beliebtheit : Die Mitgliederzahl stieg innerhalb weniger Wochen von einigen Hundert auf 4500 . Innerhalb weniger Monate kamen viele Leute hinzu und die Mitglieder versuchten , neben Rezepten auch andere kulturbezogene Beiträge zu teilen . Bei dieser Facebook-Gruppe handelt es sich um eine Sammlung von Rezepten und der Schwerpunkt liegt auf der schwäbischen Gastronomie . Ich wollte nicht , dass das Wesentliche , warum diese Gruppe entstanden ist , unter den vielen anderen Informationen verschwindet , aber ich sah , dass ein großer Bedarf auch für eine kulturbezogene Gruppe besteht . Es hätte mir leidgetan , wenn all diese interessanten Informationen verschwinden würden . So entstand die Gruppe „ Schwäbische Kultur und Geschichten ”, erzählt Kata Götz , Administratorin der ungarischsprachigen Facebook-Gruppe „ Sváb kultúra és történetek ”.
Die beiden Administratorinnen , Kata Götz und ihre Mutter , Monika German-Götz , haben dabei eine sinnvolle Ergänzung zum zweisprachigen Angebot des Kultur- und Informationszentrums Zentrum . hu geschaffen , das auf seiner Facebook-Seite vornehmlich Veranstaltungstipps gibt und Beiträge teilt . „ In dieser Gruppe werden Einladungen zu Veranstaltungen , alte Familienfotos , Geschichten und Beschreibungen der lokalen Geschichte gepostet . Mitglieder der Gruppe teilen gerne ihre Familiengeschichten oder Ereignisse im Zusammenhang mit ihrem Geburtsort , Anekdoten und Fotos mit anderen . Die gemeinsame
Herkunft , das Wiedererwecken von Kindheitserinnerungen oder das ähnliche Schicksal schaffen eine zusammenhaltende Gemeinschaft in der Gruppe ”, erläutert Monika German-Götz , ehemalige Schulleiterin der Grundschule Sende / Szendehely . Und dieses Teilen führt auch zu einem regen Austausch unter den Gruppenmitgliedern . Tochter Kata bestätigt dabei den Eindruck der Mutter und spricht von einem bestehenden „ großen Bedarf ”, „ die deutsche Minderheit über eine Online-Schnittstelle zusammenzubringen ”. Die im Dezember gegründete Facebook- Gruppe hat mittlerweile 7000 Mitglieder und Monika German-Götz freut es nach eigenen Angaben besonders , dass „ Kommentare mit einem harschen Ton ” - nicht ungewöhnlich in sozialen Medien - selten seien .
Das Ziel dabei sei „ möglichst viele Informationen über unsere Volksgruppe aus möglichst vielen Bereichen zu sammeln und diese zu veröffentlichen ”, um auf diese Weise die Identität und das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken . Genauso liege Mutter und Tochter viel am „ schnellen Informationsaustausch über Veranstaltungen und an Veröffentlichungen rund um unsere Volksgruppe ”.
Bereits in dieser kurzen Zeit habe es Beiträge gegeben , die Mutter und Tochter berührt hätten : „ Es gibt ein Video , in dem eine 90-jährige alte Frau ihr Lieblingsgedicht in ihrer Muttersprache vorträgt . Ihr Dialekt ist dem Sendeer Fränkisch sehr ähnlich , das vor 20 Jahren von vielen Menschen in unserem Dorf gesprochen wurde . Ich höre sehr gerne zu . Es erinnert mich an die Redeweise meiner Großmutter ”, so Kata Götz . Die eine Generation ältere Mutter setzt die Präferenzen woanders : „ Am meisten liebe ich alte Familienfotos und Geschichten . Ich ziehe oft Parallelen zum Leben und den Tragödien meiner eigenen Großeltern und Eltern . Es ist berührend , diese Beschreibungen zu lesen .”
Die Posts sind vornehmlich auf Ungarisch verfasst - den Grund will ich wissen . Kata Götz weist darauf hin , dass es sich um eine öffentliche Gruppe handle , die nicht nur den Angehörigen der deutschen Minderheit offen stehe , sondern jedem , der sich für die deutsche Kultur interessiere . Mutter Monika weist auch auf den Sprachverlust hin , so dass ungarische Beiträge mehr Menschen erreichen würden . Dennoch freue sie sich
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