Sonntagsblatt 3/2024 | Page 21

sagt er nach der Vorstellung unserer kleinen Gruppe . „ Ich bin in dieser Stadt aufgewachsen und wohne auch heute hier . Damals wohnten mehr Deutsche hier , etwa 5.000 . Jetzt nur 500 . Aber kommt mit mir , ich zeige die Schülertreppe und die Bergkirche . Es ist gut , dass ihr heute in die Stadt gekommen seid ! Gestern war ich nämlich im Lukasspital in Großlasseln / Laslea / Szászszentlászló . Das gehört auch zu meinen Aufgaben , dort Seelsorge zu machen . Meistens in rumänischer Sprache …“
Und nach einer Viertelstunde sind wir schon oben auf dem Berg und schauen auf die Stadt herab . In der Bergkirche bleiben wir vor einigen Bildern und Reliefs stehen . Er erklärt uns ihre Herkunft und Bedeutung nicht als Reiseleiter , sondern als Pfarrer . Und diese ( oft im sächsischen Mittelalter wurzelnden ) theologischen und kulturellen Hinweise ! Als ob wir in einem Uni- Vortrag wären !
Dann Bier und Kuchen in einem Lokal , das eine gewisse sächsische Prägung hat . Und es kommen die Fragen , die Teilnehmer der kleinen Reisegruppe erleben gleichzeitig Vergangenheit und Gegenwart . Da geht es um jahrhundertealte Tradition und Aktualitäten . Es ist natürlich nicht einfach , alles innerhalb einiger Stunden zu behandeln .
Am folgenden Tag - Sonntag - spazieren wir in der Gemeinde Keisd : knapp 1.500 Einwohner , in der Mitte des Dorfes die imposante Wehrkirche , oberhalb , auf dem Berg eine Bauernburg , z . Zt . in Renovierung . Schneebedeckte Häuser und Gassen , auch im Frühling noch ! Auf dem malerischen Hauptplatz werden wir auf ein Info-Schild aufmerksam . Das Bürgermeisteramt will eine Wegweisung geben , wie die ehemals sächsischen Häuser zu renovieren sind . Man illustriert mit Fotos , was erlaubt / empfohlen wird und was nicht . Fenster , Türen , Fassaden und Tore werden als ( Gegen ) Beispiele gebracht . Man will das Ortsbild authentisch gestalten .
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Aber nicht nur in dieser Hinsicht hat das Bürgermeisteramt die Absicht , die alte sächsische Welt nachzuahmen . Wie der Pfarrer erklärt und sogar illustriert hat , werden auch die alten Flurnamen ausgeschildert . Vielleicht zu spät , aber lobenswert ! Wir treffen auch die hiesigen evangelischen Gemeindeglieder . Der Gottesdienst von Herrn Halmen wird von einer Handvoll Menschen besucht . Dann kommt ein kurzes Gespräch mit Kuchen und Kaffee . Ja , auf deutsche Art und Weise ! Aber sie nehmen die Gemeinschaft ernst und haben Pläne . Wir besichtigen die Wehrkirche von innen und können beobachten , dass die alte Orgel in Stücke zerlegt wurde . „ Die Restaurierung wird Anfang Oktober abgeschlossen sein , dann halten wir am 5 . Oktober 2024 die Orgelweihe “, erzählt der Pfarrer begeistert und er fügt hinzu : „ Alle sind herzlich eingeladen !“
Nach dem leckeren Mittagessen fahren wir in die andere Filiale . Um 15.00 Uhr beginnt der Gottesdienst in Arkeden / Erked / Archita . Das ist aber eine völlig andere Gemeinde ! Wir sind zwar in einem ehemals sächsischen Dorf , aber das Seklerland ( ung : Székelyföld ) mit einer hauptsächlich ungarischen ( madjarischen , Red .) Bevölkerung , liegt ganz nahe . Wir halten uns also an der Sprachgrenze auf . Deshalb hat dieses Dorf eine gemischte evangelische Kirchengemeinde . Der Gottesdienst findet nicht in der Kirche statt , sondern in einem schönen Gemeinschaftsraum in einer renovierten , gut beheizbaren Scheune . Die verwendete Sprache ist gemischt : Deutsch und Ungarisch . Für die zweisprachige Abwicklung des Gottesdienstes sorgen zahlreiche freiwillige Helfer . Sogar einer unserer Gruppe ( ein Katholik — im Geiste der Ökumene ) wirkt bei der Lesung mit . Die musikalische Begleitung obliegt einer kleinen Kapelle . Es sind Studenten aus Deutschland , die hier freiwilligen Dienst leisten . Mitten in Rumänien , wo man seit mindestens 800 Jahren einen alten , mittelalterlichen deutschen Dialekt spricht !
Wir müssen bald Abschied nehmen und die Heimreise antreten , aber wir zögern noch ! Es ist hier wirklich eine gesegnete Ecke der Welt ! Aber am folgenden Tag müssen wir alle schon in Ungarn arbeiten . Dieser Gottesdienst in Arkeden war wirklich ein würdiger Abschluss unserer Siebenbürgenreise !
Treffen wir uns mit Pfarrer Halmen im Oktober ? 21