Sonntagsblatt 3/2024 | Page 20

MIKROKOSMOS

WER NOCH DAGEBLIEBEN IST

Erlebnisse einer ungarischen Gelehrtengruppe in Siebenbürgen
Von Lajos Káposzta
Wenn wir an die Siebenbürger Sachsen denken , fällt uns eine mystische , mittelalterliche Welt ins Auge : märchenhafte Landschaft , Kirchenburgen , wunderbare , bürgerliche Trachten und ein besonderer Dialekt .
Die Sachverständigen behaupten mit einem traurigen Winken : „ Leider schon vorbei , alle nach Deutschland ausgewandert !“
Ja , ihre Zahl ist wirklich geschrumpft : etwa 10.000 Seelen in der siebenbürgisch-sächsischen Landeskirche . Deshalb war unsere Reise vielversprechend : sechs Männer deutscher Herkunft bzw . mit ethnographischem Interesse aus Ungarn . Unsere Reiseziele waren Schäßburg / Segesvár / Sighişoara und Keisd / Szászkézd / Saschiz .
Unsere Reiseleiter sind ortsansässige Leute : Lehrer , Museologe und Pfarrer . Gute Geschichten zu jeder Siedlung , Kirche , eigentlich zu jedem Stein . Dabei ist ein guter Freund
20 aus alten Zeiten die Schlüsselfigur : Pfarrer Johannes Halmen in Keisd . Er ist nahe 60 , ein Missionärgeist . Wir kennen uns noch aus der Ceauşescu-Zeit : Er war damals Pfarrer in Hamruden / Homorod und wurde von ungarischen Studenten heimlich besucht . Ja , das war damals die Zeit der Hoffnung — dass es besser wird . Es wurde besser , aber die Sachsen verließen das Land nach der Revolution 1990 fluchtartig .
Er ist in Siebenbürgen geblieben .
Warum ? Er sagt , sein Leben sei hier vollkommen und er habe viele Aufgaben !
Der Pfarrer empfängt uns in der schön renovierten Klosterkirche zu Schäßburg . Er stellt sich allen Gruppenmitgliedern vor und es dauert nur einige Minuten , bis wir uns alle anfreunden .
„ Ich bin Pfarrer in 14 Dorf-Gemeinden , doch darin sind lediglich sieben Predigtstellen plus drei missionarisch-diakonische Zentren “,
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