übte gleich eine anziehende Wirkung auf uns aus . Am Lido genoss Sieghilde ihre erste Melone in ihrem Leben . Bei der Fahrt am Canale Grande gab es sehr viel zu bewundern ; ganz besonders die Rialtobrücke . Sieghilde war von den vielen Schmuckausstellungen kaum wegzubringen . Leider war die Zeit in Venedig viel zu kurz , aber wir versprachen uns , wiederzukommen .
Nach zehn Jahren bei der AEG spürte ich den Wunsch in mir , etwas Neues zu beginnen . Die Kündigung fiel mir nicht leicht . Am Freitag , den 28 . April 1961 war meine Zeit bei der AEG zu Ende .
Auf zwei Rädern bleibt man jung . Mit dem Fahrrad nach Barcelona ! Er soll zuverlässig und von der Idee genauso begeistert sein wie ich : der Partner für diese Fahrradtour . Es war nicht leicht , so einen Sportkameraden zu finden . Im Zuge der unaufhaltsamen Motorisierung gibt es immer weniger junge Menschen , die - auf die eigene Muskelkraft angewiesen - so eine weite Urlaubsfahrt unternehmen wollen - trotz großer Begeisterung für die Tour de France oder den Giro D ‘ Italia . Schneller als erwartet , fand ich den richtigen Partner . Er hieß Erich . Auf die eigene Muskelkraft angewiesen sein - sofort war er für die Idee Feuer und Flamme . Länder und Leute von der Radfahrer-Perspektive aus kennenlernen ! Selbstverständlich warteten auf uns sportliche Anstrengungen von 1.200 Radfahrkilometern zunächst auf der Hinfahrt . Bei strahlendem Sonnenschein starteten wir am 31 . Mai 1961 , an einem Mittwoch . Mit etwas größerer Muskelmotorik konnten wir von Locarno kommend die Orte Ascona , Verbania und Pallanza bewundern . Ganz spannend gestaltete sich für uns Monaco , der nach dem Vatikan kleinste Staat Europas . Mit Stolz ließen wir uns am Eingangsportal des Palastes fotografieren , wo die Wachablösungen stattfinden . Wir radelten sogar hinauf Zum Spielkasino von Monte Carlo . In Nizza begann unsere „ Tour de France “ mit den Höhepunkten der Côte d ‘ Azur : Antibes , Cannes St . Raphaël , Fréjus und St . Tropez . Die angepeilte Jugendherberge erreichten wir zu spät , also Übernachtung im Freien in einem Pinienwäldchen bei Juan les-Pins am Cap d ‘ Antibes . Gut gestärkt ließen wir die Räder hurtig rollen und erreichten am Abend Toulon , die Stadt mit dem wichtigsten „ Kriegshafen “ Frankreichs am Mittelmeer . Wir mussten ja doch auch die Pyrenäen überwinden . Mit jugendlichem Überschwang traten wir in die Pedale und erreichten bei le Perthus die französisch-spanische Grenze . Und wieder ließen wir unsere Räder mit dynamischen Umdrehungen laufen ; von der Costa Brava zur Costa Dorada über Callella , Sant Pol , Canet , Arenys , Mataró , EI Masnou , Badalona und schließlich Barcelona . Am Montag , den 26 . Juni 1961 starteten wir zur Rückfahrt nach Tossa de Mar . Nach einigen Tagen konnte ich meine geliebte Sieghilde wieder umarmen und in Gerona abholen .
Ernst Heinkel gründete u . a . die ERNST HEINKEL AG in Stuttgart — Zuffenhausen .
Dort begann er mit der Produktion des knallroten Motorrollers „ HEINKEL TOURIST “. Der Viertaktmotor leistete 9 PS auf eine Höchst-Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern . Bald avancierte der HEINKEL TOURIST zum meistverkauften Viertakt-Motorroller der Welt . Später kam noch der Heinkel -Kabinenroller dazu . Am 09 . Oktober 1961 wurde ich als Bereichs- Verkaufsleiter eingestellt .
Im Oktober 1961 verlobten wir uns . Im Jahre 1962 lebten wir sehr glückliche Braut und Bräutigam . Die weiteren tiefgreifenden Gespräche konnten wir nur
18 deshalb so intensiv führen , weil wir die gleiche Muttersprache haben . Sprüche wie : „ Die Ehe ist keine Einkehr in den schützenden Hafen , sondern ein Aufbruch ins weite Meer “; und „ Die Ehe ist die Oase in der Wüste der Leidenschaft “ konnten uns nicht aufhalten .
Gesagt , getan , am Samstag , den 15 . Juni 1963 wagten wir den Sprung in die gemeinsame Zukunft . - Wir feierten im Gasthaus zum “ Ochsen “ in Neuhausen den Bund fürs Leben . Viele Freunde , Verwandte und Bekannte erwiesen uns mit ihrem Besuch die Ehre , bei Gesang und Tanz dabei zu sein . Meine Mitspieler im Fußballverein Neuhausen ergänzten unsere Hochzeitsgesellschaft . Herr Ottmar Kärcher , Chef des Vorstands des Fußballvereins , gab uns mit humorvollen Worten interessante Einblicke ins Vereinsleben - und am nächsten Tag spielte ich in der 1 . Mannschaft .
MALLORCA klang in unseren Ohren für eine Hochzeitsreise so vielversprechend und romantisch , dass wir uns spontan in eine „ Fokker Friendship “ mit dem Ziel Mallorca eincheckten .
Am 31 . März 1964 beendete ich mein Arbeitsverhältnis mit der Firma HEINKEL AG in Stuttgart- Zuffenhausen . Eine neue Firma - nämlich die Firma FESTO-Pneumatic in Berkheim-Esslingen in meiner Nähe - weckte mein Interesse . Gleichzeitig zu meinen Aufgaben gründete ich eine FESTO-Fußball-Abteilung und stellte eine spielstarke Mannschaft zusammen . Jeden Montag leitete ich als „ Spielertrainer ” das Training . Viele Spiele haben wir erfolgreich bestritten , aber ausgerechnet gegen das Finanzamt Esslingen haben wir verloren .
Mitte Mai 1967 kam ein Mann aus Augsburg zu uns und hielt uns einen Vortrag über eine günstige Kapitalanlage mit Investmentfonds der „ Investment Overseas Services “ ( IOS ). Die Vorteile : 1 . Inflationssicherheit , 2 . Dingliche Sicherheit , 3 . Rendite 20 – 30 % und 4 . Keine Kapitalertragsteuer ! Noch war ich nicht bereit , über das Angebot intensiv nachzudenken , denn meine Arbeit bei der Firma Festo gestaltete sich immer interessanter - umso mehr , als ich mir bei der Messe Erfahrung , noch mehr Fachwissen über Pneumatik und sonstige berufliche Fähigkeiten aneignen konnte . Das führte auch dazu , dass ich mich noch mehr mit der Festofamilie verbunden fühlte .
Am Freitag , den 8 . Dezember 1967 flüsterte mir meine Sieghilde freudig-vertrauensvoll ins Ohr : „ Ich bin schwanger “. Und das ausgerechnet an “ Mariä Empfängnis “! Die IOS ließ nicht locker . Nun stand ich vor einer schweren Entscheidung , denn zwei Herzen schlugen verständlicherweise gleichsam in meiner Brust . Die Festo-Geschäftsleitung und besonders die Verkaufsleitung versuchten mich fürs Bleiben zu bewegen . Dreimal habe ich dann noch meinen Arbeitsvertrag verlängert und erst am 31 . Juli 1968 schied ich aus .
Der schlagwortartige Leit- und Grundsatz für meine Zukunft artikulierte sich anspruchsvoll nach einem philosophischen Grundgedanken des französischen Schriftstellers VICTOR HUGO ( 1802-1885 ): „ Nichts ist mächtiger als eine Idee , die zur richtigen Zeit gekommen ist “.
Bevor ich mit meiner neuen Arbeit so richtig loslegen konnte , bestimmte das - außer meiner Hochzeit mit Sieghilde - wichtigste Ereignis meines Lebens die
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