nicht beziffern . Dennoch sei die Stadt nicht nur im Potemkinschen Sinne zweisprachig : Auch Ämtergänge seien auf Italienisch möglich , die Zweisprachigkeit des Personals in der Stadtverwaltung sei vorgeschrieben . Auch die Dokumente seien zweisprachig . Dies gelte aber nicht nur für Pirano / Piran , sondern genauso für Isola / Izola oder Capodistria / Koper . Darüber hinaus würden slowenische Kinder in den betroffenen Gemeinden Italienisch in der Schule lernen , dessen Berechtigung auch aufgrund der Attraktivität des Nachbarlandes im wirtschaftlichen Sinne sicherlich keiner in Frage stellt .
Da geht es nach dem Kurzbesuch wieder hin : Der kostenlose Zubringerbus zurück zum Parkhaus setzt sich in Bewegung und ich wage noch einmal einen Blick auf die großzügige Piazza einer Stadt mit gelebter Zweisprachigkeit .
EINSICHTEN-ANSICHTEN
WO DIE HÄUSER DIE GESCHICH- TE DER VERGANGENHEIT ER- ZÄHLEN
1722 / 23 kamen im Auftrag von Grafen Mercy die ersten evangelischen deutschen Siedler aus Hessen in das entvölkerte Gallaß / Kalaznó . In den 1740er Jahren kamen weitere Deutsche mit der zweiten Siedlungswelle hinzu , sodass im Laufe des 18 . Jahrhunderts eine evangelische Gemeinde mit 116 Häusern entstand . Zu Beginn des 20 . Jahrhunderts betrug die Einwohnerzahl des Dorfes 1.014 , es war eine homogene deutsche Siedlung . Heute leben ungefähr 100-110 Leute in der ehemaligen deutschsprachigen Siedlung . Das Sonntagsblatt führte ein Interview mit Bürgermeisterin Monika Mayer-Kovács über den Rückgang der Bevölkerungszahl , über die Gegenwart des Dorfes und die verbliebenen schwäbischen Traditionen .
SB : Im Jahr 1900 zählte das Dorf 1.014 Einwohner , im Jahr 2011 sank die Einwohnerzahl des Dorfes unter 200 , heute sind es ca . 100-110 Menschen . Was war der Grund für die Abwanderung ?
MMK : Einer der Hauptgründe war die Vertreibung der ungarndeutschen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg . Bei der Volkszählung von 1941 erklärten sich 95 % des Dorfes zu Schwaben . Sie wurden vollständig vertrieben . Es blieben nur 57 Personen zurück , die behaupteten , Ungarn zu sein , sowie die Szekler aus der Bukowina und Ungarn , die anstelle der Schwaben hierher umgesiedelt wurden . Die sesshaften Bukowina-Szekler konnten hier jedoch keine Wurzeln schlagen und zogen aus dem Dorf fort . Dazu trug auch der Sozialismus mit den Regionalisierungen und der Auflösung von Produktionsgenossenschaften bei , sodass die Einwohner das Dorf verließen . Typischerweise zogen sie in die umliegenden Siedlungen , Hedjeß / Hőgyész und deren Umgebung .
SB : Wie hoch ist die Zahl der ungarndeutschen Einwohner des Dorfes heute ? Spricht noch jemand den Dialekt ?
MMK : 161 Personen sind die permanent gemeldeten Einwohner , 100-110 sind jedoch auch physisch anwesend . Leider leben hier keine Ungarndeutschen mehr . Es gibt eine Familie ( Elisabeth Lux und ihre Familie ), aber sie leben nicht durchgehend hier . Sie besitzen hier ein Ferienhaus . Den Dialekt
26 spricht leider niemand mehr und es gibt keine Aufzeichnungen darüber , soviel ich weiß .
SB : Welche schwäbischen Traditionen und Feste sind erhalten geblieben , die die Dorfbewohner noch heute schätzen ?
MMK : Erinnerungen bewahren wir eher in der heimatkundlichen Sammlung des „ Vereins für die Entwicklung des Dorfes Gallaß “ und im Rahmen der Ausstellung gibt es eine ungarndeutsche Stube , in der man diese Traditionen bewundern kann . Über verbliebene Berufe und Handwerke habe ich keine Information . Letztes Jahr fand der 300 . Jahrestag der Ansiedlung der Deutschen nach Gallaß statt , wo wir versuchten , mit Aufführungen , evangelischen Gottesdiensten und traditionellen Ausstellungen zu den Traditionen zurückzukehren . Zu sehen war eine Puppenausstellung mit traditionellen ungarndeutschen Trachten , wo man nicht nur die ansässige Kleidung von Gallaß , sondern auch die ungarndeutsche Tracht des Komitats Tolnau bewundern konnte . Außerdem gibt es eine Privatsammlung , die Johann-Lux-Stallgalerie , in der sich Interessierte über die deutschen Traditionen der Familie Lux informieren können . Es gibt hier auch eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg . Auch ein Brautkleid von Gallaß kann hier in Originalgröße betrachtet werden . Diese Ausstellung kann nach vorheriger Anmeldung besucht werden .
SB : Obwohl im Dorf keine Schwaben mehr leben , ist ihre Anwesenheit nicht spurlos verschwunden , was der Besucher am Erscheinungsbild und an der Bebauung des Dorfes erkennen kann . Welche Gebäude zeugen heute davon ?
MMK : Darunter ist zuerst zu erwähnen , die evangelische Kirche im spätbarocken Stil , diese wurde zwischen 1787 und 1790 erbaut . Wir haben keine katholische Kirche , aber ein Gebetshaus . Eigentlich sind alle Gebäude in Gallaß Zeitzeugen der Anwesenheit des Ungarndeutschtums . Wir haben keine sogenannten Kádár-Baublöcke , sondern nur schwäbische Bauernhäuser , weil in den 1950er und 60er Jahren ein Bauverbot im Dorf galt . Unsere Häuser sind typische schwäbische Häuser mit schönen Fassaden . Wir haben ein Gebäude , an dessen Fassade der vollständige Name der schwä-
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