FEUILLETON
„ SAHST DU EIN GLÜCK VORÜBERGEHN “
Vor 220 Jahren : Nikolaus Lenau ( 1802-1850 ) – der „ ungarische Baron “ – geboren
Von Dr . Hans Dama
/“ Möchte wieder in die Gegend / Wo ich einst so glücklich war / Wo ich lebte , wo ich träumte / Meiner Jugend schönstes Jahr .“( Einst und Jetzt )/. Sehnsucht quillt aus solchen Versen des spätromantisch - vormärzbehauchten Freiheitsdichters Franz Nikolaus Niembsch - ab 1820 nach seinem in Stockerau bei Wien ansässigen und daselbst geadelten Großvater väterlicherseits mit dem Prädikat Edler von Strehlenau ausgestattet . Der Dichter von seinen Freunden liebevoll nur „ lieber Niembsch “ gerufen - legte sich seit 1830 das Pseudonym LENAU zu : Im Wiener „ Silbernen Kaffeehaus “ pflegte der Dichter die Nachmittage mit gleichgesinnten Literaten und Freunden , zu denen sein späterer Biograph Anastasius Grün ( Alexander Graf Auersperg ), Bauernfeld , Raimund , Feuchtersleben , Grillparzer u . a . zählten , beim Billard- Spiel , Kaffee und Pfeife-Rauchen zu verbringen ; weil die Metternichsche Zensur der Biedermeierzeit so gar nicht angenehm und lustig und vor allem scharf auf die Literaten war , musste sich der Dichter mittels angenommenem Namen aus der behördlichen Zensurumklammerung helfen , reichte es doch , dass man ihm , dem Verfasser der revolutionären Polenlieder , argwöhnte … Lenau war nicht auf die Sonnenseite des Lebens gefallen , doch aus seinem wogengeschüttelten Dasein heraus wurden Verse ohnegleichen gemeistert : Lenau wurde , nach Goethe , der reichste Wortschatz unter allen deutschsprachigen Dichtern nachgewiesen . Über 300 Vertonungen von bekannten Komponisten wie Franz Liszt , Felix Mendelssohn - Bartholdy , Robert Schumann , Richard Strauss , Arnold Schönberg , Hugo Wolf , Max Reger , Carl Orff , Othmar Schoeck u . a . - allein die „ Schilflieder “ über 150 Mal – kein deutsches Gedicht durfte sich dieser musikalischen Gunst erfreuen .
Lenaus tiefe Gefühlswelt , seine „ sensorischen “ Wahrnehmungen werden in poetischen Spiegelbildern und ausdruckgewaltigen Versen an den Leser herangetragen , nehmen diesen gefangen , lassen eine imaginäre , symbolträchtige , von Idealen behaftete Welt entstehen , deren revolutionärer Zenit im Jahre 1848 von dem Dichter leider nicht mehr wahrgenommen werden konnte ... Heuer ( 2022 ) jährte sich zum 220 . Mal der Geburtstag Nikolaus Lenaus , des bedeutendsten österreichischen Dichters des 19 . Jahrhundert , der die Pußta- und die Zigeunerromantik literatur- und salonfähig gemacht hat , der Melancholiker mit unbändigem Freiheitsdrang („ Faust “, „ Savonarola “, „ Die Albigenser “).
TEIL 1
Der „ ungarische Baron “, wie sich Lenau zeitlebens gerne zu bezeichnen pflegte , erblickte am 13 . August 1802 im seinerzeitigen südungarischen Csatád ( seit 1926 Lenauheim im Banat / Rumänien ) bei Temeswar das Licht der Welt . Seine genealogischen Wurzeln aber liegen in Niederösterreich , mit dem er bis zu seinem Lebensende und darüber hinaus – sein Grab befindet sich in Weidling , einem Ortsteil der Stadt Klosterneuburg , nördlich vom Kahlenberg - unzertrennlich verbunden bleiben wird .
Balthasar Maigraber , um 1661 in Ebenfurth geboren , zog es ins nahe Maria Loretto , damals zu Ungarn gehörend ( heute : Burgenland ), wo er sich zu den Vermögenden zählen durfte . Sein Sohn Johannes übersiedelte als Bäcker nach Pest und ehelichte Maria Eva Josephi , Lenaus spätere Urgroßmutter , die Tochter des aus Ungarisch- Altenburg ( heute Teil der Stadt Mosonmagyaróvár ) stammenden Georg Josephi . Dieser Ehe entstammten sechs Söhne ; der einzig Überlebende , Franz Xaver , wurde Lenaus Großvater mütterlicherseits .