über deutschen Angelegenheiten wohlwollende Pfarrer als generelles Problem beschreibt ( wohlwollend , dennoch nicht übereifrig , denn ihn hinderte auch nichts daran , bis auf den Zeitmangel , sich in den vergangenen Jahrzehnten die Sprache anzueignen bzw . seine Schulkenntnisse zu erweitern , um beispielsweise eine deutsche Predigt halten zu können ; er erzählt nachdenklich , dass man ihm damals dazu geraten habe , Latein zu lernen , anstelle moderner Fremdsprachen – das bisschen Latein hätte man auch im Seminar erlernen können ). Apropos Deutschsprachigkeit : Der Geistliche berichtete im Gespräch , dass er oft Anfragen erhalte , ob man die eine oder andere liturgische Handlung z . B . die Lesung nicht zweisprachig oder eher ungarisch vornehmen könnte , man verstehe nicht mehr Deutsch , was bei ihm große Verwunderung auslöse . Summa summarum : Nutzen wir unsere Rechte , auch wenn man dabei seine Komfortzone verlassen muss !
Sprachgebrauch im Alltag : Neulich war ich zu Besuch bei einer Dame , sehr aktiv , kreativ und dank langjähriger Deutschland-Aufenthalte sprachlich äußerst fit , was sie durch deutschsprachige Einlagen im Gespräch auch mehr als deutlich demonstrierte . Ich schrieb sie auf Deutsch an , die erste kurze Antwort kam noch auf Deutsch . Die nächste aber auf Ungarisch und bei der Begegnung ergriff sie das Wort - auf Ungarisch . Was macht man , um nicht unnötig Druck auszuüben ? Man fügt sich irgendwann . Eigentlich ist es falsch . Im Falle von Siebenbürger Madjaren beispielsweise könnte sich so etwas gar nicht ereignen . Irgendwie verkauft man sich unter Wert .
Pressewesen . Es gibt in Ungarn zahlreiche lokale und regionale Presseprodukte , zahlenmäßig überschaubar , die auch die deutsche Gemeinschaft betreffenden Nachrichten veröffentlichen . Meist in ungarischer Sprache , aber auch durchaus auf Deutsch oder mit einer kurzen deutschsprachigen Zusammenfassung . Zweisrpachige oder einsprachig ungarische Presseerzeugnisse gibt es kaum , eine erfreuliche Ausnahme stellen die Bonnharder Nachrichten und die Batschkaer Spuren dar . Aber nun zum Beispiel : Eine Kleinstadt in Transdanubien , der Stadtanzeiger stellt jeden Monat eine Seite zur Verfügung der kroatischen und deutschen
Minderheit . Die Kroaten platzieren ihre Beiträge in der oberen Hälfte auf Kroatisch ( samt Bilder mit kroatischen Bildunterschriften ), mit ungarischer Zusammenfassung , die Deutschen unten auf Ungarisch , lediglich die Artikelüberschrift ist auf Deutsch . Und dies , obwohl viele aus der Umgebung – wie in Westungarn üblich - in Österreich arbeiten und daher der deutschen Sprache mächtig sind . Merkwürdig , denn den Chroboten , also Kroaten scheint der Spracherhalt wichtiger zu sein als uns .
Und zum Schluss die Tendenz , Veranstaltungen einsprachig ungarisch zu gestalten , als wäre Deutsch einfach nur lästig . Neulich durfte ich wieder ein solches Fest erleben , die Einweihung einer Begegnungsstätte , bei der die ganze Feier auf Ungarisch stattfand : die Moderation , die Ansprachen der Honoratioren , Bürgermeister , Parlamentsabgeordnete , Vorsitzender der Nationalitätenselbstverwaltung , die Scherze zum Schmunzeln , worüber alle anwesenden Schwaben und Madjaren herzlich lachen konnten . Ob das auch mit Scherzen in der verlorenen „( Ur )( Groß ) Muttersprache “ gelungen wäre ? Im Nachhinein hat man mir versichert , dass man den deutschen Gästen , Vertretern der Partnergemeinden , die Begegnungsstätte bereits am Vortag vorgestellt habe - auf Deutsch ( das Lesezeichen und den Kühlschrankmagnet zum Mitnehmen gab es auch nur auf Deutsch , ein dickes Lob dafür !). Eine zweisprachige Veranstaltung hätte das Ganze in die Länge gezogen , was auch bei einem Herrn , der gerade danebensteht , nur Kopfschütteln hervorruft . Also die deutsche Sprache nur dann zu benutzen , wenn deutsche Gäste anwesend sind ? Nicht doch !
Das Kreuzchen auf dem Volkszählungsbogen ist ein wichtiges , denn es entscheidet darüber , ob wir und wie intensiv wir wahrgenommen werden . Aber dieses Kreuzchen wirkt nur dann authentisch , wenn wir das dahinter Stehende mit Inhalt füllen . Ich war im Sommer in Siebenbürgen unterwegs . Im Pfarrsaal der evangelischen Wehrkirche in Keisd , UNESCO-Weltkulturerbe , fand ich eine bemerkenswerte Aufschrift : „ Deutsche Art treu gewahrt ”. Auch wenn in Keisd kaum noch Sachsen leben , besitzt ihr Vermächtnis für uns Deutsche in Ungarn wohl Vorbildfunktion . Daher : Stehen wir nicht nur dazu , sondern leben wir auch danach !
DIE ZUKUNFT DER
DEUTSCHEN IN UNGARN –
EPILOG ZUR ÖDENBURGER VOLKSABSTIMMUNG
Von Alfred von Schwartz Druck der Röttig-Romwalter Druckerei AG , Ödenburg Vorbemerkung der SB-Redaktion
Unser Leser Patrick Rieckmann aus dem Ödenburger Land wies vor einigen Monaten auf ein interessantes historisches Dokument hin , das drei Monate nach der Volksabstimmung in Ödenburg und vor genau 100
Jahren publiziert wurde . Auch wenn manche inhaltlichen und sprachlichen Formulierungen auf den Menschen der Gegenwart befremdlich wirken , stellt Alfred von Schwartz ’ Schriftstück eine wichtige Quelle dar , um Denkweisen und historische Vorgänge besser zu verstehen . Diesen Essay veröffentlichen wir in vier Teilen .