Sonntagsblatt 3/2020 | Page 21

mer war ein Straßendorf , d . h . links und rechts einer langen , leicht ansteigenden Dorfstraße standen Bauernhäuser und erst in Höhe der Kirche kamen seitliche Abzweigungen zu Gebäuden wie Gemeinde- , Kultur- und Wirtshaus und zur Schule sowie zur Gasse , die zum Friedhof führte . Die Straße setzte sich nach der Kirche weiter geradlinig und leicht ansteigend fort , weiterhin beidseitig umsäumt von Bauernhäusern , den sogenannten „ Oberörtlern ”, im Gegensatz zu den „ Unterörtlern ” unterhalb der Kirche . Schließlich endete sie , vorbei an den seitlich gelegenen „ Kleinhäuslern ” ( ohne Bauerngut , meistens Tagelöhner ) und der Dorfkapelle , am Weinbergweg , der sich stark ansteigend , von Weingärten und Presshäusern links und rechts umsäumt , weit in die Höhe hinaufzog („ ins Gebirg ”).
Meine Erinnerungen gehen immer wieder zurück an die einheitlichen Häuserzeilen links und rechts der breiten Dorfstraßen , ein Haus gebaut wie das andere - so auch mein Eltern- und Geburtshaus .
Von der Straße aus gesehen stand das einstöckige , aber mit einem kompletten Dachboden versehene Lehmhaus , erhöht durch ein Bruchsteinfundament rechts direkt auf der Grundstückgrenze zum Nachbarn . Links angebaut und ebenfalls erhöht war die seitliche offene Säulenveranda , die sich am ganzen Haus entlang hinzog und seitlich und hinten mit einem Treppenabgang zum Hof und vorn nach der Hauspforte zur Straße ( zum Fußweg ) endete . Von diesem erhöhten „ Laufsteg ” ( der Veranda ) war der Zugang zur Wohnung nur über die Wohnküche möglich - im Winter wie alle Fenster des Hauses zusätzlich mit einhängbaren Fensterflügeln ( somit Doppelfenster ) und mit Fensterläden gegen die Kälte geschützt . Die große Küche mit Herd und dominantem Tisch war der allgemeine Aufenthaltsort , über den man nur das straßenseitig gelegene Wohnzimmer („ die gute Stube ”) und nach hinten das gemeinsame Schlafzimmer betreten konnte . Über die Veranda hinten hinab kam man in den Hinterhof , wo gleich rechts am Haus angebaut die Sommerküche lag , die nicht nur an den heißen Sommertagen , sondern auch bei vielen bäuerlichen Küchen- und Konservierungsarbeiten ( z . B . Schlachtungen , Kraut- und Gurkenkonservierung , Pflaumenmus- und Kernseifenkochen , Wäschewaschen , Baden u . v . m .) viel besser geeignet war . Darin befand sich der Waschkessel und der große Backofen , in dem die großen runden Bauernbrote bei entsprechender Lagerung für Wochen gebacken wurden . Seitlich war der große Rauchfang , in dem die Räucherwaren ( Schinken , Würste , Speckseiten u . a .) hingen .
Hinter diesem Gebäudeteil kamen , jeweils separat , der Kuh- und Pferdestall , dem gegenüber , inmitten des Hinterhofs , der große Misthaufen lag . Abgeschlossen wurde der rechte Gebäudekomplex mit einem kleinen Raum für Werkzeuge , Kleinmaschinen , Hobelbank und viele andere landwirtschaftliche Gerätschaften . Wieder von der Straße aus gesehen war nach der Pforte nach links , nach einer kurzen Mauer das große beidflüglige Hoftor , das wiederum durch eine hohe Steinmauer bis an das Nachbarhaus , das ja wiederum auf der Grundstückgrenze lag , fortgesetzt wurde – somit ein kompletter Abschluss zur Straße . Durch das Hoftor kommend war gleich links der abgedeckte Eimer-Kettenbrunnen mit der umspannenden Tränkrinne für das Vieh . Einige Meter dahinter kam der freistehende , in die Tiefe führende Hauskeller , in dem sich neben einer kleinen Löschkalkgrube zum Anstreichen der weißen Gebäude- und Mauerwände natürlich auch die üblichen kühlgelagerten Lebensmittel und ganz hinten in der Tiefe das kleine Küchenweinfass befanden . entlang ein kleiner Küchengarten .
Vorder- und Hinterhof waren in Höhe der Hintertreppe der Veranda in voller Breite vor allem wegen der Kleintiere mit einem flachen Zaun abgetrennt . Die beidseitigen Grundstücksmauern endeten am Hofende an der querstehenden hohen Scheune mit großem Vorder – und Hintertor . Durch letztere hindurch kam man nach Überquerung eines an sämtlichen Hofscheunen vorbeiführenden Feldweges zu einem Feldstück , das so breit wie das Hofgrundstück und oft 300 m lang war und noch zum Bauernhof gehörte . Hier standen noch Obst – und Nussbäume aller Art , Weinreben und viel Fläche war für Gemüseanbau ( u . a . Kraut und Paprika ) reserviert .
Durch diese historisch gegebene Bauweise sämtlicher Bauerngrundstücke war ein fest umschlossener Gebäude- und Wirtschaftskomplex gegeben , in dem niemand ungebeten rein und raus konnte . Da diese Reihung der Häuser kontinuierlich dem Dorf entlanggeführt wurde , war selbst bei Abwesenheit der Hausbewohner immer eine relative Sicherheit vorhanden .
Nachteilig war das nur bei Feuerbränden – oft durch Blitzschlag ausgelöst –, weil die aneinandergereihten Scheunen und Häuser in Reihe abbrannten . Den großen Feuerbränden von 1884 und 1893 fielen z . B . ganze Häuserreihen bis zur Kirche hinauf zum Opfer . Aber durch den ausgeprägten , historisch gewachsenen Gemeinschaftssinn und die uneigennützige gegenseitige Hilfe der Isszimmerer war in ein paar Jahren alles wieder aufgebaut .
Über Jahrhunderte hatten die deutschen Siedler einen ungeschriebenen Verhaltens- und Kulturkodex entwickelt , so dass man den Eindruck gewinnen konnte , es bedürfe gar keiner staatlicher Lenkung oder Gesetze .
Der Gemeinderat bestand aus 20 Mitgliedern und setzte sich automatisch aus 10 Bauern , die die höchsten Steuern zahlten , und aus 10 Personen mit Wahlrecht zusammen . Daraus wurde der ehrenamtliche Bürgermeister gewählt , der mit dem staatlich eingesetzten Kreisnotar die dörflichen Abläufe bestimmte . Zu meiner Zeit - aber auch davor und danach - waren mein Großvater Stefan Angeli ( 1888 – 1966 ) 10 Jahre und der Onkel meines Vaters , Martin Angeli ( 1883 – 1971 ), Bürgermeister . Mit den Jahren wurde der Einfluss des staatlich unterstützten und gelenkten Notars („ Notär “ genannt ) immer größer , obwohl dessen Wohnung und Bezahlung ( teilweise in Naturalien ) von der Gemeinde aufgebracht werden musste .
Aber auch die katholische Kirche und die Schule hatten einen enormen Einfluss auf das dörfliche Geschehen . Pfarrer und Lehrer waren die moralische Instanz und arbeiteten Hand in Hand
( Fortsetzung auf Seite 22 )

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Weiter nach links hinten , am Nachbarhaus entlang war der Hühnerstall , wo auch abgeteilt Enten und Gänse gehalten wurden . Danach schloss sich der flache Schweinestall mit nach vorn offenen Futtertrögen und einer Abtrennung für die Muttersau an .
Dahinter könnte noch ein großer , luftig offener Maisschober gestanden haben , aber ganz sicher war an der Nachbarsmauer
SoNNTAGSBLATT jakob bleyer
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