telepesek) nicht einfach gestaltet. Dennoch habe der Fleiß der
Schwaben für viele Sekler als Vorbild gedient. Heute gebe es in
den jüngeren Generationen kaum noch Ehen, die nicht gemischt
seien. Dies gelte auch für die Roma, die sich nach Eindruck der
Kindergärtnerinnen integrationswillig zeigen. Viele Roma-Kinder
würden zudem zweisprachig aufwachsen, auch deshalb hätten
die meisten ein gutes Sprachgefühl. Vor einigen Jahren lag nach
Angaben meiner Gesprächspartnerinnen der Anteil der Roma-
kinder bei etwa 30 %, heute ist deren Anteil aufgrund sinkender
Geburtenzahlen bei den Roma-Frauen wesentlich geringer. Die
Mehrheit stellten immer noch die Kinder, wo mindestens ein El-
ternteil ungarndeutsch oder deutscher Abstammung ist. Zudem
gebe es in fast jeder Gruppe Kinder, die Deutsch - meist Hoch-
deutsch - von zu Hause mitbringen. Fast in jeder Familie gebe es
Verwandte, die im Ausland - oft im deutschsprachigen – arbeiten.
Eine häufige Konstellation sei wie auch anderswo in Südungarn,
dass ein Elternteil im Ausland arbeitet und die Familie weiterhin
in der Heimat lebt.
Die deutschen Kindergärtnerinnen bemühen sich, nur deutsch
zu sprechen, was eine besondere Herausforderung darstelle, da
es ja kaum Kinder mit deutscher Muttersprache gebe. Am Ende
des letzten Kindergartenjahres seien passive Sprachkennt-
nisse vorhanden, die Besseren würden bei vertrauten Themen
auf Deutsch antworten. Nach Eindruck von Rita Szelig sollte die
Grundschule diese Kenntnisse mehr nutzen und den Gebrauch
der deutschen Sprache nicht nur auf die Stunden beschränken.
Alexandra Aszmann-Barta möchte in der Zukunft das Deutsche
im Alltag stärken und den Kindergarten weiter mit interaktiven
Hilfsmitteln ausstatten. Darüber hinaus ist die Einrichtung eines
Förderraumes geplant sowie die Stärkung der Zusammenarbeit
mit der Grundschule und den Kindergärten der Umgebung. Der
Nachwuchs bereite wie anderswo Sorgen, zumal viele der Prak-
tikanten kaum noch Bezüge zum Ungarndeutschtum hätten und
auch die Sprache nicht gut genug beherrschten.
Merkwürdigkeiten
s
Wo werden wir denn hingesteuert?
Von Georg Sawa
Bereits im 19. Jahrhundert etablierte sich besonders in Sieben-
bürgen eine blühende deutsche Parteienlandschaft, die die auf
dem Gebiet lebenden deutschen Bürger nicht nur vertrat, son-
dern auch zusammenhielt und in ihrer Identität stärkte. Die Aus-
wirkungen davon haben sich bis heute als nachhaltig erwiesen.
Bis diese Bestrebungen seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts
auch im heutigen Ungarn Fuß fassen konnten, waren die Bestre-
bungen zur Herausbildung eines politisch und kulturell agieren-
den Deutschtums schon durch die Ereignisse der Weltpolitik so-
wie auch durch die nationale/nationalistische Reaktion Ungarns
auf die Zerstückelung nach dem Ersten Weltkrieg letzten Endes
gescheitert. Nachdem während des Sozialismus die leitenden
Personen vom Einparteienstaat eingesegnet und in einen Funk-
tionärsstatus erhoben werden mussten, um die Kontrollierbarkeit
zu garantieren, entstand eine Elite, die nicht in direkter Bezie-
hung zur Basis der Volksgruppe stand.
Obwohl es nach der Wende kurzfristig eine tiefgreifende Debatte
unter den Ungarndeutschen gab, die durch die Einrichtung der
Selbstverwaltungen bis zur Landesebene zur Entwicklung einer
grundlegenden politischen Struktur geführt hat, gibt es bis heu-
te keinen Durchbruch in der Richtung der öffentlichen und fami-
liären Neubelebung der deutschen Sprache oder der Mundart.
SoNNTAGSBLATT
Gefestigt hat sich die nötige Struktur, um zum Beispiel Bewer-
bungsgelder, Stipendien oder sonstige Fördermittel abzurufen.
Da in diesem Bereich Interessen-Disharmonie herrscht, ist die
Bestrebung klar nachvollziehbar, wie einige Klans als Interes-
sengemeinschaft auf der Führungs- und Verteilerebene bestrebt
sind, sich durchzusetzen. Diese Kreise bilden Lobbys in ihrem
eigenen Interesse, um die Mittel „handfest” zu machen. Ihre Pro-
jekte verschlingen einen bedeutenden Teil dessen, was für die
Volksgruppe allgemein zur Verfügung steht und - wie anzuneh-
men - auch effektiver verwendet werden könnte.
Gut zu beobachten ist, wie der Generationswechsel ebenfalls
durch die Positionierung eigener Kinder, Enkelkinder und Ver-
wandte geschieht. Darin sehe ich nicht nur die Gefahr einer
Degeneration der Vertreter der Volksgruppe, die mangels Wett-
bewerb zu erwarten ist, sondern es wird auch durch das gegen-
seitige Desinteresse der theoretischen (im Prinzip in Stich gelas-
senen) Basis und der künstlich etablierten Führungsschicht das
Gefühl einer Zugehörigkeit zur Volksgruppe erlöschen.
Eine ungarndeutsche Bekannte sagte mir unlängst, wer geschickt
ist, könne heute gut zur Geltung kommen („natürlich” erklang der
Satz in Ungarisch und hieß: „Aki ma ügyes, az jól érvényesül.”).
Der Satz war ehrlich ausgesprochen, nur ohne eine Tiefenschau,
was so etwas in der Wirklichkeit bedeutet. Denn wo bleibt die
Frage nach einem Talent, nach der Moral – und danach, ob es in
der Tat „geschickt“ heißt, wenn man auf einem Servierwagen an
sein „Glück” herangeschoben wird…
Wenn man das Herangehen eines Jakob Bleyer ins Auge fasst,
gab es doch Personen in der Geschichte, die ganz anders ge-
dacht haben und mit offenen Augen danach getrachtet haben,
die Begabung in den eigenen Reihen zu entdecken und Men-
schen mit Talent einzugliedern und als Kampfgenossen für die
Deutschen in Ungarn auf den Weg mitzunehmen. Nun, ja, wer
ist heute noch ein Jakob Bleyer unter den Ungarndeutschen ...?
Die menschliche Untugend ist stark, besonders wenn es um
die eigenen Vorteile geht. In Anbetracht der Mehrheit im Land
ist die Nationalitätenfrage heute in ihrer letzten Sackgasse. Die
Angehörigen der Volksgruppen sind in ihrer Substanz verdünnt,
die Vertreter von ihrer Masse losgelöst und institutionalisiert. Die
Sprache ist selbst aus den Familien verdrängt – man kann auch
sagen, aus der Mode gekommen. Schade, meine Damen und
Herren, aber wir haben uns doch sehr billig verkaufen lassen!
GEFÄLLT IHNEN DAS
SoNNTAGSBLATT s ?
IHRE SPENDE IST DIE
JA-ANTWORT!
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