Sonntagsblatt 3/2019 | Page 3

Beseitigung des Mangels an Nationalitätenpädagogen: Bessere Perspektiven - Sommersitzung der Vollversammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen 08. Juli 2019, LdU-Pressedienst LdU-Sitzung (Foto: Zentrum.hu) Zum ersten Mal von der neuen Vorsitzenden Ibolya Hock-Eng- lender geleitet fand am 6. Juli die Halbjahressitzung der Vollver- sammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen in Budapest statt. Im Fokus der Tagung standen über aktuelle Fi- nanz-, Bildungs- sowie kulturelle und politische Angelegenheiten hinaus vor allem solche neue Möglichkeiten, die in erster Linie auf die Motivierung ungarndeutscher Jugendlicher zielen, sich für ihre Nationalitätengemeinschaft einzusetzen. Die ungehinderte Aufrechterhaltung und Ausbreitung des im ver- gangenen Jahr gestarteten Stipendienprogramms zur Behebung des unhaltbaren Mangels an Nationalitätenkindergärtnerinnen war laut ihres Berichts eines der wichtigsten Projekte, an denen LdU-Chefin Hock-Englender seit ihrer Ernennung am 25. Mai ge- arbeitet hat. Über diverse Vorstellungsgespräche in hohen na- tionalitätenpolitischen Kreisen sowie über Dienstreisen, Arbeits- gespräche und Repräsentationsaufgaben im In- und Ausland hinaus übernahm die Vorsitzende der Landesselbstverwaltung auch die Leitung der Erweiterung des Stipendienprogramms für Nationalitätenpädagogen. „Es handelt sich um ein Programm, das der ungarndeutsche Parlamentsabgeordnete Emmerich Ritter initiierte und das durch die Kooperation der LdU, der an- deren 12 Nationalitäten und der Regierung durchgeführt wird. Im Rahmen dieses Programms erhielten letztes Jahr 86 Stu- dentinnen und Studenten – darunter 77 ungarndeutsche – die Möglichkeit, einen bedeutenden monatlichen Studienzuschuss zu bekommen. Nun planen wir, diese Chance ab dem nächs- ten Schuljahr auch angehenden Nationalitätenlehrkräften zu si- chern. Das dazu nötige Geld steht uns zur Verfügung.“ Ibolya Hock-Englender unterstrich, dass so über 400 Studierende der diversen Nationalitäten, die sich für das Studienjahr 2019/20 für die Fächer Nationalitätenkindergarten- und Nationalitätenschul- pädagogik als Direkt- oder als Fernstudium immatrikulieren, die Gelegenheit bekommen, eine Studienförderung zu erhalten. Die monatliche Summe beträgt bis zu 75.000 Forint. Geförderte Stu- dierende sollen sich dazu verpflichten, längerfristig an Nationa- litätenkindergärten und Nationalitätenbildungseinrichtungen zu arbeiten und sich auch privat für ihre Volksgruppe einzusetzen. Der Aufruf wird voraussichtlich Anfang des nächsten Schuljah- res veröffentlicht. Für die Projektkoordinierung ist nach wie vor das Ungarndeutsche Pädagogische Institut am Valeria-Koch-Bil- dungszentrum zuständig sowie die Geschäftsstelle der LdU. SoNNTAGSBLATT Die Gründung des Otto-Heinek-Preises sowie die Annahme der Regelung der Vergabe und der Ausschreibung waren ebenfalls wichtige Tagesordnungspunkte. Besonders die Förderung von ungarndeutschen Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll damit erreicht werden. Der Preis wird künftig an junge ungarn- deutsche Wissenschaftler verliehen, die hohe Leistungen auf einem ungarndeutschen Forschungsgebiet erbringen. Die Vollversammlung behandelte auch den modifizierten Spiel- plan der Deutschen Bühne Ungarn für die Spielzeit 2019/2020. Die Stücke „Robinson und Crusoe“, „Die acht Frauen“ und „Die Möwe“ bleiben weiterhin im Spielplan. Für Kinder wird das Mär- chen „Die fürchterlichen Fünf“ gezeigt und wer sich amüsieren möchte, soll sich die Komödie „Die Studentin und Monsieur Hen- ry“ ansehen. Die sechste Premiere wird das Schauspiel „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ sein. Die Vollversammlung wurde auch über Förderungen aus Deutschland informiert. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ließ unlängst ungarndeutschen Selbstverwal- tungen, Vereinen und Institutionen eine Summe von insgesamt mehr als 106.000 Euro zukommen: Knapp 6.800 Euro dürfen nun zum Ausbau von nachhaltigen überregionalen Kontakten zwi- schen ungarndeutschen Siedlungen, Vereinen und Institutionen bzw. deutschen Minderheitenorganisationen in den grenznahen Gebieten der Nachbarländer verwendet werden; zur Erweiterung und Modernisierung der technischen Ausstattung und zur Be- schaffung von Requisiten für die außerschulischen Programme erhielten ungarndeutsche Schulen einen Gesamtförderbetrag von fast 50.000 Euro und 31 Kulturgruppen dürfen sich von fast 35.000 Euro neue Musikinstrumente und Trachten anschaffen. Das höchste Gremium der Ungarndeutschen diskutierte auch die vom Abgeordneten Emmerich Ritter im Parlament aktuell aufgegriffenen Angelegenheiten. Laut Vorlage des Haushalts- gesetzes 2020 sollten die 13 Nationalitäten Zusatzförderungen erhalten – so Ritter. Die erhöhte Summe stehe ihnen vor allem zur Entwicklung und Verbesserung ihres Bildungswesens sowie zur Renovierung ihrer Immobilien zur Verfügung. Ritter verdeut- lichte außerdem, dass die geplante Modifizierung des Nationalen Erziehungs- und Bildungsgesetzes, das im Kreis der Akteure des deutschen Nationalitätenbildungswesens auf starkes Echo ge- stoßen war und Empörung ausgelöst hatte, weil es die Rechte der Nationalitäten beschränkt hätte, voraussichtlich doch nicht realisiert wird. Nach der Veröffentlichung der Vorlage formulierte die LdU ihre Ablehnung und ließ diese ihrem Parlamentsabge- ordneten sowie dem Ausschuss der Nationalitäten zukommen und zwar mit dem ausdrücklichen Wunsch, die Interessen der Ungarndeutschen bei den Parlamentsdiskussionen in diesem Sinne zu vertreten. Auf der aktuellen Vollversammlungssitzung wurde zugleich auch rege darüber diskutiert, dass demnächst im Falle von gravieren- den Themen, die im Parlament zur Abstimmung gestellt werden, zwischen der LdU und Ritter eine noch intensivere Absprache stattfinden sollte. Mikrozensus 2016: Was steckt hinter den falschen Zahlen? Von Patrik Schwarcz-Kiefer In den vorigen Artikeln, in denen wir uns mit dem Thema Mikro- zensus beschäftigt haben, wurde das Phänomen der unrealis- tisch hohen Zahl der „Angehörigen der deutschen Minderheit“ bereits angesprochen. In der offiziellen Ausgabe des Statisti- schen Landesamtes (KSH) sehen wir eine interessante Statistik: (Fortsetzung auf Seite 4) 3