Sonntagsblatt 3/2018 | Page 7

Dem Fürsten Geysa (Géza) — dem Urenkel Árpáds — ist es nun gelungen, die Stammesfürsten zu überzeugen, dass ihre Zukunft innerhalb des Karpatenbeckens liege und Ungarn mit dem christ- lichen deutschen Nachbarn in Frieden leben müsse. Er ließ aus Passau, Salzburg und Prag Missionare kommen, die zuerst die Stammesfürsten bekehrten und Kirchen und Klöster gründeten, wie z. B. in Martinsberg, das später Pannonhalma benannt wur- de. Seine Hauptstadt verlegte er nach Gran (Esztergom), wo er nämlich durch die Donau mit dem Westen in ständiger Verbin- dung sein konnte. Allerdings war die Initiatorin seiner Politik sei- ne Ehefrau Sároldu, eine amazonenhafte, energische Dame, die außerdem eine bewunderte Schönheit war. Sie war die Tochter des siebenbürgischen „gyula” (aus alanisch Dula?), also eines Statthalters; ihr madjarischer Name deutet darauf hin, dass sie blond war (Sár = Lehm, gelb). Ihre siebenbürgischen Untertanen nannten sie „Beleknegini”, also „Weiße Königin”, wie uns Thiet- mar, der Bischof von Merseburg, berichtet. Er schreibt aber nicht, dass diese Untertanen (mit großer Wahrscheinlichkeit) Gepiden waren, die seit dem Zusammenbruch des Hunnenreiches in Sie- benbürgen saßen. Sie nannten sich selbst nur noch Sikuli. Wie es Dr. Weidlein festgestellt hat, sind aus den Sikuli nach ihrer Madjarisierung die Székler geworden. Die blonde Sároldu war also mit großer Wahrscheinlichkeit eme gebürtige Prinzessin des einst mächtigen Volkes der Gepiden. Nach ihrer Verheiratung mit dem Fürsten der Ungarn Geysa wurde sie die Mutter des ers- ten ungarischen Königs Stephan. Dieser hat offensichtlich seine Energie und Entschlossenheit von seiner germanischen Mutter geerbt… Auch die blonden Haare vieler Székler-Mädchen ver- raten noch heute ihre germanische Abstammung. Ihr Wuchs so voll und reich, Da pfleget der Vajk nur kurzes Besinnen, Er muss das seltene Mägdlein gewinnen. Es besteht allerdings auch eine andere Version über die Mutter des ersten Königs der Ungarn. Nach dieser Version ist sie iden- tisch mit Adelheid, die eine Schwester des ersten polnischen Kö- nigs Miesko war. Miesko, der Begründer des polnischen Staates, hieß eigentlich Dago und war ein dänischer Wikinger. Stephan der Heilige war also nach beiden Versionen mütterlicherseits ger- manischer Abstammung! Dies’ bestätigt auch Jenő Fehér in sei- nem Buch „Ősmagyarok és vikingek”, Buenos Aires, 1974 (,‚Ur- madjaren und Wikinger“) und auch Hóman deutet es an mit der Erklärung des Namens „Beleknegini”, die er als „Weiße Herrin” übersetzt. (Biek = bleich, weiß schwedisch!). Der Ungar wandelt durch die stolzen Hallen, Lässt sich den reichen Schmuckder Pfalz (Königspalast) gefallen, Doch als er trat ins Frau’ngemach, Ihm fast der Mund zur Werbung brach. Am Rocken still und mild Saß hold ein Frauenbild, Und ob er sich gleich des Schönsten versehen, Den Reizen kann er nicht widerstehen. Wo wurde der Heide Vajk auf Stephan getauft? Man vermutet, es könnte in Passau gewesen sein. Die Tau- fe wurde von Adalbert von Prag vollzogen, der viele Jahre in Ungarn verbrachte. Also könnte die Taufe auch in Ungarn statt- gefunden haben. Dabei ist auch das Datum des Geschehens unbekannt, d.h. es werden verschiedene Jahreszahlen genannt. Und da kommt jetzt noch Bamberg dazu. Ungarns erster König, Stephan der Heilige, im Bamberger Dom Im Bamberger Dom befindet sich an einer Säule eine Reiterge- stalt hoch zu Roß, die in der Kunstgeschichte eine überaus große Rolle spielt. Sie soll den Ungarkönig Stephan den Heiligen dar- stellen. Dies wird auch durch den Umstand unterstützt, dass es in Bamberg eine Sage gibt, die sich auf Sankt Stephan bezieht. Nach der erwähnten Sage soll der heilige Stephan in Bamberg um die Prinzessin Gisela gefreit haben; ja sie will wissen, dass Stephan hier getauft wurde. Die in Gedichtform gebrachte Sage führt uns zuerst in den Bamberger Dom, wo unter dem Chor einst ein tiefer Brunnen war. Der Vajk von Ungarn lag im reichen Zelte, Um ihn der Heide Söhne rings im Felde. Da kamen aus dem Frankenland VonBamberg an dem Regnitzstrand Die Boten ihm zurück Mit freudentrunknem Blick, Sie hatten den Auftrag: im Vertrauen Nach Gyzla, Heinrichs Schwester, zu schauen. Und Gyzla war so reizend und so züchtig, Ihr Blick so ruhend, doch neckend flüchtig, Ihr Aug so glänzend himmelblau, Ihr Mund wie Röslein auf der Au, Und ihre Hand so weich, SoNNTAGSBLATT Er ritt, wer wirds dem Heiden nicht verzeihen, Blank durch des Gotteshauses Säulenreihen. Er reitet durch die Fürstentür, Er reitet bis zum Chore für. Das Ungarroß erblickt DenKerzenschein, erschrickt Der Herr wird belehret vom ei genen Pferde, Dass hier er trete auf heiliger Erde. Herr Heinrich höret aus der Schranzen Munde Von Vajks Ritt die sonderbare Kunde, Und eilet aus dem Prunkgemach Dem kühnen Ungarreiter nach. Und an des Chores Schluss, Da schaut ermit Verdruss, Misskennend des Ortes geheime Gewalten, Den abgesessenen Reiter halten. Dieweil erinnert er sich wieder: Der Vajk ist zwar Heid’, doch brav und bieder, Dem aus dem fernen Ungarland Die Christensitte unbekannt. Und reicht im Kaiserschmuck Die Rechte ihm zum Druck, Und führt ihn zur fürstlichen Pfalz nach Gebühren, Die bärtigen Ungarn das Rößlein führen. Auch Gyzla schaute mit verleg’nem Bangen Mit Rosenblüten auf den Sammetwangen Hin auf den Jüngling von Magyar, In’s Auge ihm, so kühn und klar. Der Kaiser steht dabei, Betrachtet sich die zwei, Er lächelt hernieder mit stillem Behagen, Wohl weiß er, was hier das Glöcklein geschlagen. Und als der Vajk sein Selbstgefühl gewonnen, Der kurze Freudenschrecken ihm zerronnen, Da strich er sich den krausen Bart, Und warb nach kühner Ungarn Art, Und freite fest und frank Um Gyzla, hold und schlank, Und dieweilen Gyzla den Blick gesenket, Der Kaiser sich kürzlich also bedenket. Und spricht zu Vajk gewandt mit ernstem Auge: „Wohl wißt Ihr nichts von unserm Heil’gen Brauche, Wisst nicht, dass so er ihn auch liebt, Der Christ nie dem Heiden die Schwester gibt. Drum hört mit Ernst und Ruh Dem Kaiserworte zu: So lang Ihr dem Kreuze nicht Liebe geschworen, Bleibt Gyz’las Liebe für Euch verloren. Der Kaiser hat kaum den Mund geschlossen, Dem Jüngling Tränen in das Auge schossen, Ein schneidend Weh füllt seine Brust, Und Schmerz verdrängt die kurze Lust. Gesenkten Hauptes und stumm Dreht sich der Jüngling um, Und wandelt hinaus, und sucht sich zu fassen, Wohl hat ihn der Engel des Trostes verlassen. Jedoch nach einer Prüfung wen’ger Tage, (Fortsetzung auf Seite 8) 7