1038) Stephan – ehemals Vajk- war ein madjarischer Fürst aus der Dynastie der Árpáden und von 1000 bis 1038 erster König des von ihm begründeten Königreiches Ungarn. Er gilt als der Nationalheilige des heutigen Ungarn und christianisierte die heidnischen Madjaren. Sein Gedenktag ist der 20. August, der in Ungarn auch als Staatsfeiertag gehalten wird. Die römisch-katholische Kirche gedenkt seiner als eines apostelgleichen Heiligen.
Kurz aus seinem Leben
Zusammen mit seinem Vater Géza( Geisa) wurde Stephan 985 von Adalbert von Prag getauft. Während der Großfürst Geisa trotz der Taufe im Grunde Heide blieb, erhielt Stephan eine christliche Erziehung. Diese wurde noch verstärkt durch die Heirat Stephans mit der bayerischen Herzogstochter Gisela, der Schwester des späteren Kaisers Heinrich II. Zudem festigte die Hochzeit das Bündnis Ungarns mit den bayerischen Fürsten, die noch 991 einen Feldzug gegen die Ungarn geführt hatten, und besiegelte die Bindung der Ungarn an die Westkirche. Als Stephan 997 nach dem Tod seines Vaters Großfürst wurde, war er, auch dank des Einflusses von Adalbert von Prag, vermutlich überzeugter Christ. Am Anfang seiner Herrschaft musste er sich gegen seinen Onkel Koppány durchsetzen, der als Clanältester selbst den Anspruch auf den Fürstenstuhl erhob.
Im Jahr 1000 sandte Stephan den Abt Astricus( Anastasius) aus dem Gefolge Adalberts zu Papst Silvester II. mit der Bitte nach Gewährung der Königswürde. Unterstützt wurde dieses Anliegen vom deutschen Kaiser Otto III., der mit Stephan verwandt war und sich zur gleichen Zeit in Rom befand. Anastasius brachte schließlich die Krönungsinsignien nach Ungarn. Die Krönung Stephans durch einen päpstlichen Gesandten am 17. August 1000 in Gran( Esztergom) war verbunden mit der Installierung einer Landeskirche und vermutlich auch mit der Schenkung des Königreichs Ungarn an den Papst, der es als Lehen an Stephan übergab. Dieser Schritt, analog zur Schaffung des Königreichs Polen, sollte die Herrschaft Stephans und die Kontinuität der Thronfolge in seiner Familie sichern. Anastasius wurde später zum Bischof von Gran( Esztergom) ernannt, und damit zum Oberhaupt der ungarischen Landeskirche.
Stephan setzte als König die Christianisierung fort. Er holte Missionare ins Land, vor allem deutsche Ordensleute. Er stand in Kontakt mit Bruno von Querfurt und Odilo von Cluny. Darüber hinaus ordnete er die politische Struktur Ungarns neu. Die alten Stammesgebiete ersetzte er durch rund 40 Gespanschaften( vármegye). Jeder Gespan( ispán) diente als Regionalverwalter und als Heerführer der freien Krieger, der Jobagionen, seiner Gespanschaft.
Am 2. September 1031 verunglückte Stephans einziger Sohn Emmerich( Imre) bei einer Bärenjagd tödlich, sodass nun die Söhne von Geisas Bruder Michael Thronfolger waren, die aber zum Heidentum neigten. Stephan I. machte seine Vettern regierungsunfähig, indem er sie blenden und ihnen Blei in die Ohren gießen ließ( trotzdem ein Heiliger?). Die anderen flohen daraufhin nach Polen und Russland. Er ernannte schließlich Peter Orseolo, den Sohn seiner Schwester Maria, zu seinem Nachfolger. 1038 verstarb Stephan und wurde neben seinem Sohn in der Marienkirche in Székesfehérvár( Stuhlweißenburg) beigesetzt. Seine Gebeine wurden später nach Buda( Ofen) übertragen. Am 20. August 1083 wurde Stephan zusammen mit seinem Sohn Emmerich( Imre) heiliggesprochen.
Bereits in den ersten Jahren, als das tausendjährige Reich der Krone des Heiligen Stephan gegründet wurde, finden sich Spuren deutscher Einwanderer in Ungarn.
Der heilige Stephan selbst war ganz in westeuropäischem Geiste erzogen. So wie er sein Reich regierte, geschah es ganz im Geiste der christlichen Weltanschauung. Er aber wollte nicht allein auf dieser hohen Warte stehen, sondern auch sein Volk mit sich führen. Dieses lebte ja noch in den alten heidnischen Anschauungen. Als großer Mensch wusste der heilige Stephan, dass seine Kräfte allein dieses Werk nicht vollbringen können. So sah er sich nach Helfern und Mitarbeitern um. Solche aber fand er bei
6 den Deutschen und bei diesen vor allem unter den Geistlichen und Rittern. Aber noch enger knüpfte er die Bande mit dem deutschen Wesen: Seine Gemahlin suchte er in Deutschland und er fand sein geliebtes Weib in der Person der Schwester des deutschen Kaisers Heinrich II.: in Gisela, der bayerischen Prinzessin.
B e t r e ff e n d d e r A b s t a m m u n g S t e f a n s. S e i n e Vo r f a h r e n( aus „ Abstammung und Kultur” von Josef Wekerle):
Stephan der Heilige war nicht nur der Begründer des ungarischen Staates, sondern auch ein christlicher König mit westlichem Charakter. Sein ursprünglicher Name war Vajk( vielleicht aus Veit?); bei der Taufe bekam er den Namen des Schutzpatrons der Diözese Passau: Stephan. Sein Vorbild war Karl der Große, und auch er hat, wie Karl, seinen Staat mit dem Kreuz und mit dem Schwert begründet.( Dementsprechend stammt auch das ungarische Wort für König = király aus dem Namen Karl!) Seine Frau Gisela war die Schwester des bayerischen Herzogs Heinrich; Stephans Leibgarde bestand aus bayerischen Rittern— die seine eigenen madjarischen Verwandten auf seinen Befehl in blutigen Schlachten niedermetzelten— und seine Gesetze nahm er aus dem „ Lex Baiuvariorum”, welches mitunter wörtlich übernommen wurde. Ebenso sind seine Kirchen-, Finanz- und Zollverwaltung, die Gerichte nach deutschem Muster geschaffen worden. Die „ Nation der Juristen”— wie sich die Ungarn gerne nennen— entstand also ganz nach deutschen Gesetzen. So ist der ungarische Staat nur dem Namen nach „ Ungarn”, in Wirklichkeit ist er eine fast ausschließlich deutsche( bzw. germanische) Schöpfung. Genauso wurden auch die anderen osteuropäischen Staaten wie Russland, Polen, Böhmen, Serbien und die baltischen Staaten von germanischen Menschen nach germanischen Vorstellungen gegründet. Diese Tatsache ist in Deutschland noch zu wenig bekannt.
Auch die Städte Pannoniens( westlich der Donau)— soweit sie die Stürme der Landnahmezeit überlebt haben- trugen wesentlich dazu bei, dass die westliche Kultur in Ungarn Fuß fassen konnte. Noch heute ist dieser Einfluss deutlich sichtbar im höheren Zivilisationsgrad des Landes westlich der Donau gegenüber dem östlichen Landesteil. Interessant ist dabei sicherlich ein Rückblick auf die Landnahme der Madjaren. Sie kamen eigentlich mit wesentlicher Hilfeleistung der germanischen Russen in ihrer heutigen Heimat an. Dies war fraglos dem diplomatischen Geschick ihrer Führer zu verdanken. Noch mehr Diplomatentalent bewies der Landeroberer Fürst Árpád, es gelang, ihm im Jahre 892 mit dem bayerischen König Arnulf Bündnis zu schließen gegen den Herrn des Großmährischen Reiches Swatopluk( Swentibold), der nämlich auch die „ Pannonische Mark” für sich beansprucht hat. Nun bekam Árpád als Verbündeter Pannonien. auf friedlichem Wege; dadurch trennte er die Westslawen von den Südslawen. Das ist die weltgeschichtliche Bedeutung der Landnahme der Madjaren. Die „ pannonische Mark” war von slawischen, awarischen und langobardischen Volksresten buntgemischt bewohnt; in den Städten siedelte schon seit mehr als 100 Jahren eine bayrischfränkische Stadtbevölkerung. Ödenburg( Sopron), Pressburg( Pozsony), Güns( Kőszeg), Moosburg( Zalavár), Fünfkirchen( Pécs) waren schon bedeutende Handelszentren mit großen Kirchen und zugleich Militärstützpunkte des Fränkischen Reiches— wie es Hómann beschreibt. Wahrscheinlich waren aber auch Gran( Esztergrom), Raab( Győr), Weißenburg( Székesfehérvár) und Etzelburg( heute Óbuda) bereits deutschbewohnte Städte. Arnulf überließ das alles kampflos den Madjaren, wodurch das Deutschtum des Karpatenbeckens das erste Mal im Stich gelassen wurde. Dies hat sich im Laufe der Geschichte noch mehrmals wiederholt. Gleichzeitig wurden die Madjaren praktisch in die westeuropäische Völkergemeinschaft aufgenommen. Was den Hunnen, Awaren, Petschenegen und anderen asiatischen Völkern nicht gelang, haben die Madjaren als einziges asiatisches Volk mit einem Schlag erreicht. Dies konnten sie zweifelsohne nur ihrer überlegenen Führerschicht verdanken, die „ in Charakter und Bildung viel näher zu den Bayern standen, als zu allen anderen Nachbarn”, schreibt Hóman. Freilich konnten auch sie nicht verhindern, dass madjarische Horden ihrer Gewohnheit gemäß viele westeuropäische Klöster und Städte ausplünderten, bevor sie 955 am Lechfeld vernichtend geschlagen wurden.
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