Von meiner vermeintlichen Einstufung als Quotenintellektueller innerhalb der Partei weiß ich aber nichts , also selbst den Begriff würde ich ablehnen . Es ist unwürdig solchen Intellektuellen gegenüber , die am Programm von Jobbik hart mitgearbeitet haben . In einer Fraktion soll man nicht nur die Strömungen einer Volkspartei darstellen , sondern genauso die Zusammensetzung der Wählerbasis : Unsere 26-köpfige Fraktion spiegelt laut meiner Einschätzung beide sehr gut wieder . Ich bin stolz darauf , dass Jobbik in meiner Person einen solchen Abgeordneten hat , der beweist : Es war nicht nur eine leere Parole , dass wir ein intellektuelles Hinterland haben , sondern dieses existiert auch in der Realität , und aus ihren Reihen konnte Jobbik einen Politiker als Abgeordneten delegieren .
Und zugleich ihren eigenen Deutschen .
Das habe ich bereits erläutert : Es gibt in jeder Fraktion Angehörige der deutschen Minderheit . Übrigens werden wir uns bald mit einigen Abgeordneten aus jeder Fraktion mit dem deutschen Nationalitätenabgeordneten Emmerich Ritter zusammensetzen . Also lassen wir lieber die Quotenfrage . Genauso würde ich auch den Aspekt der Frauenquote als ziemlich verzerrt und unwürdig beurteilen und dafür halten , da die Fähigkeit für jede Frau gegeben ist , alles zu erreichen , was auch ein Mann erreichen kann . Weder die Nationalität noch die Zugehörigkeit zur jeweiligen gesellschaftlichen Gruppe sollte als richtungsweisend betrachtet werden .
Die Politik – und die Fraktion – sind dann gut , wenn sie das ganze politische Spektrum aufzeigen und der ganzen ungarischen Gesellschaft Botschaften übermitteln können . Mein intellektueller Hintergrund – das nicht daraus resultiert , dass ich ein Diplom habe , sondern durch meine Laufbahn und meine Publikationen begründet ist – und meine Arbeit im Nationalitätenbereich legitimieren die Aussagen , die ich jetzt als Politiker formuliere . Das ist eine gute Wechselwirkung .
Betrachten Sie sich nicht in erster Linie als Abgeordneter der Ungarndeutschen ? Über die Nationalitätenliste ist Emmerich Ritter ins Parlament gelangt – mit Ihrem Hintergrund läge es auf der Hand , dass Sie mit einem ähnlichen Rollenverständnis auftreten .
Natürlich , als ungarndeutscher Abgeordneter behandele ich die Angelegenheit der Ungarndeutschen mit Präferenz , ich halte sie für meine Herzensangelegenheit . Als Mitglied der Außenpolitischen Kommission des Parlaments habe ich ja eine größere Affinität zu den deutschsprachigen Ländern , aber dies bedeutet nicht , dass ich mich konzentriert und eingeengt nur mit diesem Thema beschäftigen werde .
Also würden Sie ohne Weiteres auch mit dem Fidesz-Mitglied Emmerich Ritter für die Deutschen zusammenarbeiten ?
Das Recht der parlamentarischen Vertretung der Minderheiten ist ein in der Verfassung verankertes Gut . Meiner Meinung nach ist dieses ein natürliches und wichtiges Recht . Das Minderheitengesetz aus dem Jahr 1993 erhielt bereits die Bestimmung , wonach dies in einem eigenständigem Gesetz festgelegt werden sollte – da nichts unternommen wurde , hat das ungarische Parlament über lange Jahre durch selbstverschuldetes Versäumnis Rechtswidrigkeit begangen . Die Fidesz-Regierung löste das Versäumnis mit dem 25 % -Stimmenanteil-Mandat für Nationalitätenabgeordnete : Diese Möglichkeit erscheint angesichts ihrer zahlenmäßigen Stärke für die Roma- und die deutschen Gemeinschaft als realistisch , in dem Fall , wenn sie für sich selbst die Registration und die Wahl organisieren .
Die Lösung ist nicht unbedingt mustergültig , da die Nationalitätenabgeordnetensitze zur Gesamtzahl des Parlaments nicht dazugerechnet werden , sondern von den erworbenen Mandaten der Landesliste der Parteien Plätze wegnehmen . Geschweige denn , dass wenn jemand für die Nationalitätenliste abstimmt , dann kann dieser nur für die Wahlkreiskandidaten der Parteien stimmen und keine Stimme auf die Parteiliste abgeben . Ich hoffe darauf , dass durch die Tätigkeit Emmerich Ritters als Abgeordneter die durch die in der Öffentlichkeit sich verfestigende Überzeugung widerlegt wird , Wärter des Fidesz-Zweidrittels zu sein .
Ist aber nicht auch das Vorzugsmandat eine Art Quote ? Sie sind ebenfalls Ungarndeutscher , Ihr Gegenüber auch . Es kann sein , dass Sie ein fanatischer Konservativer sind , und der Sie Interviewpartner ein fanatischer Liberaler . Wieso würde ein Nationalitätenabgeordneter ihn , den liberal Gesinnten , gut vertreten , nur weil er auch Deutscher ist ?
Es geht nicht darum . Sondern , dass Rechte auch den Nationalitäten zugesichert werden sollten , die es garantieren , an der Ausübung der politischen Macht teilzuhaben . Dieses Vorzugsmandat birgt für die ungarländischen Nationalitäten die Chance , um sie aus dem Nachteil , die sich aus dem Minderheitendasein ergibt , hinauszubegleiten , da sie ab ovo nicht alle Staatsbürger ansprechen können . Hierfür stehen unterschiedliche rechtstechnische Mittel zur Verfügung . Beispielsweise gilt in Schleswig-Holstein die 5 % -Hürde für die dortige dänisch-friesische Minderheitenpartei nicht .
Für die Abbildung der weltanschaulichen Vielfalt des Ungarndeutschtums ist die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen zuständig , in deren Körperschaft jeder über eine Liste gelangen kann , und bei den Vollversammlungen kann ein jeder seine eigene Weltanschauung vertreten . Ich war zweiundzwanzig Jahre dort Abgeordneter , und denke , dass wir der inneren Bandbreite erwachsen gegenüberstanden . Eine andere Frage ist , dass dies unter dem Aspekt der Nationalitätenrechte nicht immer ein Glücksfall ist – im letzteren Fall ist das einheitliche Auftreten gegenüber der jeweiligen Staatsmacht der Schlüssel zum Erfolg .
Zwei Ungarndeutsche sitzen an diesem Tisch und sprechen in perfektem Ungarisch miteinander . Wie deutsch sind eigentlich die Ungarndeutschen , haben sie eine wahrhaftige Beziehung zu Deutschland ?
Ich finde , die Parteimitgliedschaft Emmerich Ritters ist kein Problem . Als unglücklich empfinde ich jedoch , dass , wenn nun die deutsche Minderheit nach langen Jahrzehnten , aus eigener Kraft und mit eigenem Recht einen vollberechtigten Abgeordneten ins Parlament schicken kann , dies in der breiteren Öffentlichkeit so ausgelegt und interpretiert wird , dass es gelungen ist einen zusätzlichen Fidesz-Mann ins Parlament zu wählen .
Halten Sie eigentlich die Idee der Institution des Nationalitätenabgeordneten für richtig ?
Meinerseits können wir ohne Weiteres gerne deutsch weitermachen ! ( auch im Original in deutscher Sprache , Anm . Red .)
Von mir aus ! ( auch im Original in deutscher Sprache , Anm . Red .)
Ich gehöre zu denen , die mit sechs Jahren ungarisch gelernt haben . Vorwiegend spreche ich deutsch , auch mit meinen ungarndeutschen Kollegen bei Jobbik . Die Sprachverwendung der Ungarndeutschen ist ein bedeutungsvolles wissenschaftliches Thema , die sich im historisch-sozialen Umfeld fortlaufend-beständig herausgebildet hat . Bis 1949 war das Ungarndeutschtum de jure , anschließend auch de facto entrechtet . Die Weitertradierung der klassischen Sprachvermittlung wurde unterbrochen
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