Sonntagsblatt 3/2018 | Page 13

– die deutsche Sprache und Kultur versuchen wir nun zu revita- lisieren. Zwei Daten möchte ich hervorheben: Wenn wir die Sta- tistik der Volkszählung analysieren, zeigt sich die Tendenz, dass seit dem Systemwechsel die Anzahl der sich als Angehörige der deutschen Minderheit bekennenden Menschen fortlaufend steigt. Seit 2000 wächst, zwar nur gering, aber auch die Zahl derer, die Deutsch als Muttersprache angeben. Teil der Revitalisierung ist auch, dass es bereits dreißig solche Kindergärten und Grund- schulen in Ungarn gibt, die in der Trägerschaft der lokalen deut- schen Selbstverwaltung stehen. Die in der Bildungspolitik sehr negative Prozesse auslösende KLIK-Politik (die zentralistische Bildungspolitik der Fidesz-Regierungen) hat für die Ungarndeut- schen einen positiven Effekt, da zahlreiche Selbstverwaltungen die Institutionen lieber den lokalen deutschen Selbstverwaltun- gen überlassen, anstatt den gesichtslos-unbekannten Budapes- ter KLIK-Leitern das Feld zu räumen. Aber gibt es eine tatsächliche Beziehung zwischen Deutsch- land und den auslandsdeutschen Minderheiten? Im Umfeld des CDU-Bundestagsabgeordneten, der sich mit dem The- ma beschäftigt, hat man uns damals gesagt, dass es nicht so modisch sei sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, auch in der CDU nicht, weil dies als überflüssiger Patriotis- mus gelte. Unsere Einordnung in die „geduldete Kategorie” ist eine Eigen- tümlichkeit der deutschen Innenpolitik. Ich möchte hinzufügen, dass es seit den 1990ern einen Beauftragten für Aussiedlerfra- gen und nationale Minderheiten gibt, der auch für die Spätaus- siedler zuständig ist. In der letzten Zeit nehme ich eine gewisse Entwicklung wahr: Es gibt schon ein Koordinationsbüro, Infor- mationshefte werden veröffentlicht, aber Fakt ist, dass die deut- schen Minderheiten keine so große Rolle in Deutschland spielen wie für Ungarn die Auslandsmadjaren. Vom von mir gespr ochenen mittelbairischen Dialekt augehend würde ich die konservative Flügel der CSU stärken. In anderen Bundesländern würden Sie schon nicht so be- geistert in die CDU eintreten. Das stimmt. FDP – rechter Flügel? Zum Beispiel. Oder die zur Mitte tendierende Flügel der AfD. Aber es ist mit der ungarischen Politik nicht ohne weiteres ver- gleichbar. In Österreich würde ich zwischen der rechten Flügel der ÖVP und der Mitte der FPÖ schwanken. Ich verstehe, dass solche Fragen für Journalisten interessant sein können, aber wir sprechen über ganz andere innenpolitische Entwicklungsge- schichten durchlebte Parteien, meinerseits sind diese nur unge- fähre Positionen. Was für deutsche literarische Werke würden Sie dem neuen Vorsitzenden von Jobbik, Thomas Sneider, empfehlen, wo- durch er sich zur Führung rüsten könnte? Auf jeden Fall die Klassiker: Goethe und Schiller. Oder Faust, wie er seine Seele dem Teufel verkauft? Nein! Ich habe an die moralischen und politischen Entscheidun- gen gedacht, welche in diesen Dramen erscheinen, und womit alle Politiker konfrontiert werden müssen. Das Gespräch führten Martin Bukovics und Bea Bakó (Azonnali.hu) Nicht nur in der deutschen Innenpolitik, auch in den öffentli- chen Diskussionen nicht. Der Bund der aus Ostmitteleuropa vertriebenen Deutschen hat über eine parlamentarische Partei im Bundestag verfügt, das war der Gesamtdeutsche Block / Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten. Im heutigen Deutschland gibt es fast keinen Menschen, in dessen Verwandtschaft es keine vertriebenen Deutschen gibt – wir sprechen über mehr als zehn Millionen Ver- triebene. Diese Partei wurde 1961 in die CDU eingeschmolzen. Es war offensichtlich, dass diese Frage nach der deutschen Wie- dervereinigung erneut thematisiert werden sollte, aber in öffentli- chen Diskussionen erscheint davon nur so viel, dass viele Deut- sche nach der Wende aus Russland gekommen sind. Die zu Hause untereinander russisch sprechen, weil sie kaum deutsch können, und die AfD wählen, viel sei ihnen nicht zu verdanken, meint die Öffentlichkeit. Wer in einem demokratischen Rechtsstaat egal für wen ab- stimmt, soll die Privatangelegenheit eines jeden Wahlbürgers sein. Dass der wesentliche Teil der aus Russland gekommenen Deutschen den ausgeglichenen konservativen Standpunkt der AfD für sich sympathisch findet, wundert mich nicht, weil sie ge- nau das sagen, was die CDU vor zwanzig Jahren schon ver- lautbarte. Ich erinnere mich noch an solche CDU-Slogans wie „Kinder statt Inder”. Wenn das heute ein AfDler sagen würde, würde er gleich als Nazi apostrophiert. Die deutsche politische und Medienelite ist so stark nach links gerückt, dass ich die unlängst mit dem Auftreten der AfD begin- nende Korrektion wohl für einen gesunden Prozess halte. Ich verstehe die aus der historischen Vorgeschichte stammende Mo- tivation der linken Tendenzen, aber ich halte es für wichtig, dass eine moderne patrotische Denkweise des 21. Jahrhunderts auch in Deutschland entsteht. Gedankenexperiment: Wären Sie in Deutschland Politiker, in welcher Partei wären Sie Mitglied? SoNNTAGSBLATT Die Fackel des Glaubens brennend halten und weitergeben Von Stefan. P. Teppert Zur 59. Gelöbniswallfahrt der Donauschwaben nach Altötting hat das St. Gerhardswerk Stuttgart eingeladen. Unter dem Motto „Gottes Wort leben – wie Maria“ versammelten sich am 7. und 8. Juli zu vier Gottesdiensten zahlreiche Donauschwaben aus Deutschland, Österreich, Südosteuropa und Übersee. Eröffnungsgottesdienst mit Vortrag In der Stiftskirche zelebrierten am Samstagnachmittag Stifts- kanonikus Johann Palfi, Msgr. Andreas Straub EGR und Dekan Karl Zirmer einen Gottesdienst. Palfi gab seiner Freude über das erneute Zusammensein Ausdruck, Straub, der Senior unter sei- nen Priesterkollegen, erinnerte daran, dass die Kirche im Kom- munismus ein Hort der Wahrheit gewesen sei, wo die Gläubigen in Worten und Taten Zeugnis ablegten. Das Vaterunser wurde daraufhin in deutscher, ungarischer und rumänischer Sprache gebetet, dann die Litanei zu Ehren des donauschwäbischen Pat- rons, des hl. Gerhardt, bevor drei Lieder das Kirchenschiff durch- hallten, feierlich vorgetragen vom Jugendblasorchester Lambert Steiner aus Sanktanna im Banat. Das Orchester, das den Namen eines einst international be- kannten Kapellmeisters trägt, war im Mai 2013 in Sanktanna mit Hilfe des Vorsitzenden Johann Kerner vom Verein „Valores, Hil- fe-Jugend-Kultur e. V.“ aus Neumarkt i. d. OPf. sowie der HOG (Fortsetzung auf Seite 14) 13