Diesem Ziel gemäß und darüber hinausgehend , verkündete die Provisorische Regierung des Generalobersten Béla Miklós von Dálnoki am 15 . März 1945 das Bodenreformgesetz Nr . 600 / 1945 M . E . Der Großgrundbesitz wurde gegen Entschädigung enteignet , ohne Entschädigung hingegen wurde beschlagnahmt der „ Grundbesitz der Landesverräter , der führenden Pfeilkreuzler , der Nationalsozialisten und anderen Faschisten , der Mitglieder des Volksbundes , ferner der Kriegsverbrecher und Volksfeinde ” . Durch die Definition des zur entschädigungslosen Enteignung vorgesehenen Personenkreises gibt sich die Verordnung als eine Strafe für Verbrechen , die unter dem eben abgelösten Regime begangen wurden . Gleichwohl hält diese Begründung einer näheren Prüfung nicht stand . Denn erstens geschahen die Enteignungen auf kollektiver Basis und ohne Verhandlung des Einzelfalles durch ordentliche Gerichte .
Zweitens ist die nachträgliche Kriminalisierung der Mitgliedschaft in Vereinen und Parteien , die zu ihrer Zeit legal waren , nach dem auch damals gültigen Grundsatz „ nullum crimen sine lege ” ( kein Gesetzesbruch ohne Gesetz ) rechtlich nicht zulässig . Und drittens war die Mitgliedschaft beim Volksbund der Deutschen in Ungarn und bei der Waffen-SS ( die hier für die Einberufenen zu dem Urteil „ Volksfeind ” und „ Kriegsverbrecher ” führte ) von der jeweiligen ungarischen Regierung entweder ausdrücklich erlaubt ( im Falle des Volksbundes : April 1939 ) oder sie wurde durch Abmachung mit der deutschen Regierung ( drei Abmachungen zwischen 1942 und 1944 bezüglich der Rekrutierung von Ungarndeutschen zur Waffen-SS ) durch die ungarische Regierung selbst herbeigeführt . Die Enteignung der Ungarndeutschen durch die ungarische Regierung entbehrt also jeder rechtlichen Grundlage und muss als eine Beraubung der Enteigneten bezeichnet werden .
Die zweite und dritte Durchführungsbestimmung der Grundverordnung zur Bodenreform vom 27 . April 1945 und vom 30 . Juni 1945 beinhalten außerdem u . a . die Internierung und / oder Binnenumsiedlung von Enteigneten , d . h . es wurde ein weiterer vernichtender Schlag gegen die Ungarndeutschen geführt . Es sollte für sie keine Gruppensiedlung mehr möglich sein und als einzelne Familien , ohne den Rückhalt an ihrem vertrauten Dorf , sollten sie ihre Sprache und ihre Kultur auf die Dauer nicht mehr aufrecht erhalten können und sich endgültig assimilieren müssen .
Schutz von Minderheiten , die den Schutz von Sprache und Kultur von Minderheiten vorsieht , war damals schon in Kraft , da sie als Artikel 54-60 in den Vertrag von Trianon aufgenommen ist , der von Ungarn 1920 unterzeichnet wurde .
Die Unternehmung , die deutsche Volksgruppe gegen alles nationale und internationale Recht durch kollektive Entrechtung und durch Enteignung , Binnenumsiedlung , Internierung und anhaltende Diffamierung zu zerschlagen , fand ihren Höhepunkt in dem Entschluss der ungarischen Regierung , die deutschstämmige Bevölkerung des Landes zu verweisen . Am 26 . Mai 1945 stellte die ungarische Regierung an die sowjetische Regierung den Antrag , „ aus Ungarn jene Deutschen abzuschieben , welche ergebene Diener des Hitlerismus waren ”. Am 2 . August 1945 gaben die Alliierten im Artikel 13 des Potsdamer Protokolls die erbetene Genehmigung und als der Alliierte Kontrollrat für Deutschland am 20 . November 1945 die Zustimmung zur Aufnahme von 500 000 zu vertreibenden Ungarndeutschen in die U . S . -Zone Deutschlands gab , beeilte sich die Regierung Zoltán Tildy ( Kleinlandwirtepartei ) noch am 22 . Dezember 1945 die „ Verordnung Nr . 12330 / 1945 M . E . über die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung nach Deutschland ” zu erlassen . Artikel 1 verfügt : „ Nach Deutschland umzusiedeln ist derjenige ungarische Staatsbürger verpflichtet , der sich bei der letzten Volkszählung zur deutschen Volkszugehörigkeit oder Muttersprache bekannt hat oder der seinen madjarischen Namen wieder in einen deutsch klingenden ändern ließ ...” . Als Grund für die Ausweisung , die automatisch mit dem Verlust des gesamten Vermögens verbunden war , genügte das Bekenntnis zur deutschen Volkszugehörigkeit oder Muttersprache . Hier lag der Versuch vor , eine Volksgruppe nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu vernichten .
Damit war der Scheitelpunkt des rassenschützlerischen Gedankenguts erreicht , das ungarische Dichter und Schriftsteller seit dem 19 . Jahrhundert propagiert hatten . Als Meinungsführer der Nation und Ziehväter der Politiker hatten sie in dem Nationalitätenstaat Ungarn das Ideal eines ethnisch einheitlichen Nationalstaates ausgerufen , in welchem nur und ausschließlich Madjaren ein Heimatrecht haben sollten und alle anderen Nationalitäten g lediglich den Status entbehrlicher „ Gäste ” einnehmen konnten . Das war das Ende des Sankt-Stefans-Gedankens , der über Jahrhunderte hinweg das Zusammenleben einer Vielzahl von Nationalitäten in Ungarn ermöglicht hatte . Die so begründete Vertreibung der Ungarndeutschen entspricht aber auch der Definition des Völkermordes , welche die Vereinten Nationen in ihrer „ Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes ” am 9 . Dezember 1948 gegeben haben .
Es war nicht das Verdienst der Madjaren , dass der Angriff auf die Ungamdeutschen als Volksgruppe nicht ein voller Erfolg wurde . Schon im Januar 1946 wurde der erste Güterzug mit ungarndeutschen Bauern aus Wudersch / Budaörs bepackt und in Richtung U . S . -Zone nach Deutschland abgeschickt . Die Vertreibungen hielten bis Ende 1946 mehr oder minder stockend an , und als die Amerikaner sich ab November 1946 weigerten , weitere Transporte zu übernehmen , öffneten die Russen auf Bitten der ungarischen Regierung die Sowjetisch Besetzte Zone Deutschlands als aufnehmendes Gebiet , bis 1948 mit einem letzten Transport nach Sachsen die Vertreibung endgültig eingestellt wurde . Im Jahre
1950 lebten in Deutschland rund 178 000 Ungarndeutsche , in Österreich etwa 12 000 und etwa 50 000 in der SBZ . 1 "
Die in ihrer Heimat verbliebenen Ungarndeutschen wurden in der Folgezeit einer langen Reihe hoch wirksamer Maßnahmen zur gewaltsamen Assimilation unterworfen , d . h . sie wurden mit staatlichen und gesellschaftlichen Mitteln zur unfreiwilligen Entfremdung von ihrem angestammten Ethnikum gebracht . Die Brutalität der Maßnahmen verringerte sich zwar über die Jahrzehnte hin ganz wesentlich , aber das Ziel der Einschmelzung der Deutschen in das Madjarentum wurde bis heute nicht aufgegeben .
Zeitlich stand die wirtschaftliche Assimilation am Anfang . Die Ungarndeutschen , die noch 1941 zu 86,8 % Bauern gewesen waren , mussten nach Enteignung und Zersiedlung entweder zu untergeordneten ländlichen Berufen wechseln , z . B . als Knechte und Mägde der madjarischen Neusiedler aus der Slowakei , oder sie mussten in handwerkliche oder industrielle Berufe ausweichen . Überall aber waren sie gezwungen , sich an ungewohnte madjarische wirtschaftliche Gegebenheiten anzupassen . Auch der Rückkauf ihrer Höfe , soweit überhaupt möglich , half nicht lange . Denn schon kurz nach 1952 setzte die Bildung von gemischtnationalen Produktionsgenossenschaften ein ( bis 1961 abgeschlossen ), wo sich die deutschen Bauern wieder nicht selbstständig betätigen konnten . Heute stehen den Ungamdeutschen - als Assimilanten - alle Berufe offen , welche Wirtschaft und Gesellschaft zu bieten haben .
Parallel zu dem wirtschaftlichen Druck erlebten die Ungarndeutschen nach 1945 tief greifende psychologische Repressalien , die sie zum Zweck einer Bewusstseins-Assimilation von ihrer eigenen Gemeinschaft trennen sollten . Die Vertreibungsverordnung vom 22 . Dezember 1945 wurde erst am 25 . März 1950 aufgehoben , d . h . die Entrechtung und die Einschüchterung durch das Damoklesschwert der immer noch möglichen Vertreibung hing
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