Ein Beispiel für die fragwürdige Stellung eines nach der Wende errichteten Denkmals wurde zum zentralen Thema einer anderen , im Hotel Gellért Anfang Mai veranstalteten Vortragsserie der Arbeitsgruppe der KDNP für kommunistische Verbrechen . Die Vorereignisse und das Urteil , die zur Hinrichtung der Medizinstudentin Ilona Tóth 1956 geführt hatten , wodurch ihre Rehabilitierung erschwert war und sich verzögerte , wurden von mehreren Rednern ausführlich behandelt . Wie bekannt , versah die Medika nicht nur verletzte Aufständische , sondern verweigerte auch AVH- Militanten die medizinische Versorgung nicht . Durch die Hilfeleistung an Erstere habe sie - hieß es im Todesurteil des Volksgerichtes - „ als Mittäterin die Konterrevolutionäre unterstützt ”. Die ihr nachgebildete Statue konnte in der Aula ihrer damaligen Alma Mater , der Medizinischen Universität von Szegedin , trotz Vorplänen nicht aufgestellt werden , sondern - als ’’ vernünftige und anständige ” Kompromisslösung - nur im Universitätsgarten . Wohl um etwaige Empfindsamkeit Andersdenkender nicht zu verletzten . Man bedenke : Demnach soll es noch besonders empfindsame Andersdenkende geben , die meinen , Ilonas Hinrichtung sei wohl nur ein unglücklicher Übergriff oder mehr oder weniger sogar verdient gewesen .
Zugegeben , ich hätte gern ein ungamdeutsches Beispiel genannt , aber dafür sind die Zeiten wohl noch nicht gekommen . Einmal später , bei noch mehr geschwächter Aktualität , bekommen unsere ungarndeutschen Themen vielleicht einmal mehr Rückenwind aus Richtung Medien und Politik , um ein paar Löcher in unser unsichtbares Mauerwerk zu schlagen . Bis dann bleiben wir beim obigen Beispiel , dessen Bearbeitung einem jungen Szegediner Historiker zu verdanken ist , der gerade die jungen Opfer des Kommunismus zum Forschungsthema hat , unter denen es bestimmt viele junge Ungarndeutsche gab .
Ungarndeutsche Themen im Bereich Vergangenheitsbewältigung gäbe es bestimmt . Es stellt sich die Frage etwa , wo sind die Ursachen dafür zu suchen , dass die Deutschen in Ungarn in den 50er , 60er , spätestens 70er Jahren ihre Muttersprache haben in den Hintergrund drängen lassen , wenn nicht freiwillig gewechselt ? War die Ursache allein im Fortleben übertrieben nationalistischer Bestrebungen von ungarischer Seite aus der Vorkriegszeit oder auch in welchen anderen , durch eine ( lebens ) fremde Ideologie gesteuerten Zielstrebungen zu suchen ?
Konferenzen allein werden darauf keine Antwort geben , die müssten wir einmal finden . Bis dann genügt allein die Einsicht schon , dass vieles noch in der Vergangenheit zu erschließen und zu erkennen wäre , um eine Zukunft ohne Mauern und Zerstörung von Kirchen zu haben .
Wie schön wäre es , uns zukünftig vorwiegend über Besucherzahlen von Gedenkstätten Gedanken zu machen !
Fest- und Alltag
Von Christine SchweighoJJer
Das zweite Mal nach der großen Unterbrechung zwischen 1950 und 2012 veranstalteten Vereine , Gemeinden , örtliche Nationalitätenselbstverwaltungen die Wallfahrt der Ungarndeutschen nach Maria Eichel . Neben der nach wie vor komplizierten Papierarbeit , Antragsstellung und diversen Anmeldepflichten war es dieses Jahr besonders erfreulich , die Bereitschaft der früheren und neueren Teilnehmer erfahren zu können : Sie sorgten im Voraus für die Vervielfältigung der Noten von ausgewählten Kirchenliedern , darunter uralte Marienlieder , wie auch für die Organisation der Anreise freiwillig .
Unter den eifrigen Helferinnen fehlte allein Theresia Starcz- Nagy , gerade sie , die bei musikalischer Gestaltung von festlichen Anlässen seit Jahrzehnten mit ganzem Herzen engagierte Chorleiterin , begabte Organisatorin konnte nicht mehr anwesend sein . Nicht nur die Mitgliedschaft mehrerer ungarndeutscher Chöre , sondern auch das Heimatmuseum und der Verein für Traditionsbewahrung trauern in Wudigess um ihre Gründerin , die am 29 . Mai von uns Abschied nahm .
Das Wetter , vielmehr dessen Steuermann , war uns , trotz allseitiger Warnungen und Androhungen mit etwaigen orangengelben Alarmsignalen für totales Unwetter gerade am 11 . Mai , auch diesmal gnädig , bis auf einen ausgiebigen Schauer am Frühmorgen . Und dann , über die vollgestopfte Gnadenkirche waren alle Vorbereitungskummer vergessen , erleichtert sah man sich um , als der erste Sonnenschein durch die Glasfenster strahlte : Wir sind hier wieder beisammen und bringen vielleicht von den alten Sitten doch noch etwas in die Zukunft mit . Denn zu retten gibt es genug . Wie auch aufzubauen , neu zu errichten . Manche sagten , ja richtig ,
12 mit einer viele Gemeinden , Vereine , Chöre der Umgebung , angefangen bei Wudigess , Wudersch , Schorokschar über Orasch bis Hidikut und Schaumar und dem weiter entfernten Saar vereinigenden Wallfahrt setzt man Zeichen . Zeichen geben , richtig . Wenn nicht ein Signal : Leute , kommt , wir müssen noch ‘ wos moche ’, „ es ruft die Zeit ”! Und was wäre zu machen , dem Leitfaden einer Wallfahrt folgend ?
Betrachtet man den engeren Raum der Ofner und der Pilisch- Gegend , wird eine deutschsprachige Seelsorge aufgrund der Ermittlungen von Tiberius Seereiner an folgenden Ortschaften teilweise oder aber gänzlich vermisst :
In Werischwar gibt es eine lebenskräftige deutschsprachige Gemeinde und auch der ungarische Ortspfarrer Balla tut auf konstruktive und zuvorkommenderweise Weise sein Bestes , damit hier die deutschsprachige Liturgie erhalten bleibt . Auf jeden Fall braucht er aber Hilfe in der Person eines deutschsprachigen Priesters , da sonst die Gefahr besteht , dass in der Zukunft deutsch nur noch gesungen wird . So , wie es zurzeit in der Waldkapelle für die
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