Aktuelle Diskussionen - Zeitgeschehen
Feierstunde der Respektlosigkeit und der Verdrängung
Die Wellenlängen passen zusammen
Aktuelle Diskussionen - Zeitgeschehen
Feierstunde der Respektlosigkeit und der Verdrängung
Zu einem Gedenktag der Unaufrichtigkeit
Von Johann Till
Es gibt Museumstage , Messetage , Theatertage , Kulturtage und noch viele andere hervorgehobene Tage , die alle an ein besonderes Ereignis , eine besondere Geschichte oder ein Anliegen erinnern und diese wachhalten wollen . Auch wir Ungarndeutschen sind jüngst in die Sphäre der Erinnerungswürdigkeit aufgerückt . Ein Gedenktag wurde uns geschenkt .
Zu Beginn des Jahres schien sich ein Wandel im Budapester Parlament abzuzeichnen . Ein Wandel in der Geschichts- und Erinnerungskultur in unserem Lande . Der Beschluss des Parlaments , einen Gedenktag zu Erinnerung an das Unrecht , das dem Ungarndeutschtum nach Kriegsende angetan wurde , ließ - vor allem in Deutschland - aufhorchen und erhielt Beifall . Die Betroffenen selbst wurden nicht gefragt . Die feierliche Einführung eines Gedenktages zur Erinnerung an die massenhafte Vertreibung der Ungarndeutschen im Sinne einer Versöhnung , ließ Lobes- und Dankesworte der angereisten Gäste verkünden . Als beispielhafter politischer Akt von europäischer Dimension wurde der Akt gelobt . Ahnungslos , wie deutsche Politiker und Diplomaten nun Mal in Bezug auf die ungarische Erinnerungskultur sind ( löbliche Ausnahme , Botschafter a . D . Alexander Amot ), hielten sie ihre Lobreden über die Vorbildhaftigkeit des Beschlusses der Parlamentarier und gingen einer psychologisch gekonnt inszenierten politischen Aktion auf den Leim .
Es ist zwar nach über 60 Jahren weitgehende Meinung im Lande , dass die Verschleppung , Vertreibung und kollektive Bestrafung der Ungamdeutschen ein Unrecht waren und es fallen auch gelegentlich Bekundungen des Bedauerns , meistens in der Form , es sei ein großer Fehler und ein Verlust für Ungarn gewesen . Eine aufrichtige Aufarbeitung und ein ehrlicher Umgang mit dieser Schande der ungarischen Geschichte blieben in der Öffentlichkeit aber weitgehend aus . Bis heute . Auch in der Feststunde von „ europäischer Bedeutung ” im Parlament . Was uns in der hochrangig beteiligten Feierstunde des Parlaments vorgeführt wurde , war ein schlechtes Theater . Eine Täuschung und Irreführung , von europäischer Dimension . Wir Ungarndeutschen kennen dieses Theaterstück ja schon gut . Für uns war es nichts Neues . Von Erfahrungsskepsis geprägt , entstand bei uns erst gar keine große Erwartung . Die Vertriebenen selbst blieben der Feier fern , denn laut Beschluss wurde der verschleppten Ungarndeutschen gedacht , nicht der Vertriebenen oder „ Ausgesiedelten ”, wie sie verharmlosend bezeichnet werden . Der Beschluss , über den die Parlamentarier so auffallend einheitlich ohne Diskussion abgestimmt haben , offenbart die tiefgehende Geringschätzung und die Gleichgültigkeit in der Beschäftigung mit der Aufarbeitung der kollektiven ethnischen Bestrafung der Ungarndeutschen .
Jedes ungarndeutsche Schulkind weiß zwischen der - zeitlich begrenzten - Verschleppung von jungen Schwaben zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion und der Vertreibung von ganzen Dorfgemeinschaften aus ihrer Heimat - auf Dauer - zu unterscheiden . Nur die ungarischen Parlamentarier nicht . Laut Beschluss wurde der Gedenktag zur Erinnerung an die Verschleppung eingeführt . Die Heimatvertriebenen bleiben genau betrachtet ungeachtet . Dummerweise bezieht sich der Beschluss der Parlamentarier zum Gedenken an die Verschleppung auf einen Beschluss des
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Alliierten Kontrollrates ( AKR ) für Deutschland . Der AKR für Deutschland hat zur Verschleppung aus Ungarn aber nie ein Wort gesprochen . Die Verschleppung zur Zwangsarbeit hat die Sowjetunion ohne Einmischung der anderen Sieger durchgeführt . Hätte das Parlament aufrichtigerweise mit der Einführung dieses Gedenktages auch der Vertreibung aus Ungarn gedenken wollen , hätte es sich nicht auf einen Beschluss des AKR von November 1945 beziehen dürfen , sondern zuvorderst auf die diesbezüglichen eindringlichen Initiativen der ungarischen Politik selbst , bereits Monate vorher ! ( Allparteienkonferenz im April 1945 in Budapest und diplomatische Note des Außenministers Gyöngyösi im Mai 1945 . Siehe bei Johann Weidlein : A magyarországi németség küzdelme fennmaradásáért . Pécs 1996 ). Weil dies nicht geschah , muss die Einführung des Gedenktages als eine weitere Perpetuierung der ungarischen Geschichtsverdrängung bezeichnet werden . Man gedenkt einem Unrecht , das andere an den Ungarndeutschen verübt haben sollen . An der zu Tage getretenen Oberflächlichkeit kann man die Gleichgültigkeit der Akteure dieser politischen Inszenierung erahnen . Niemand nahm sich offensichtlich die Mühe , die historischen Abläufe differenziert und eingehend zu studieren . Oder man tat es bewusst nicht . Der Beschluss und seine Ausführung spiegeln die neue politische Erinnerungskultur wider , die - uns Ungarndeutsche betreffend - nicht anders ist , als die alte , nämlich unaufrichtig !
Von den lobhudelnden Bundesdeutschen tat sich die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen , Erika Steinbach , besonders hervor . Es blieb dem Landesvorsitzenden der Ungarndeutschen , Otto Heinek , überlassen , darauf hinzuweisen , dass hier ein unaufrichtiges Spiel getrieben wird . Dass eine „ neue Erinnerungskultur ”, von der so viel an der Feier gesprochen wurde , nur dann entstehen wird , wenn „ vorbehaltlos , ehrlich und aufrichtig mit der Aufarbeitung der Vergangenheit umgegangen wird ”, so Heinek . Weil dies ganz offensichtlich nicht der Fall ist , weil immer noch die Verdrängung der ungarischen Eigeninitiative in der Vertreibungsfrage das Taktieren bestimmt , „ können die heutigen Vertreter der Betroffenen nicht ganz zufrieden sein ”, hob Heinek als einziger Mahner bedacht hervor .
Der langjährige Vorsitzende der vertriebenen Ungarndeutschen in Deutschland , Dr . Friedrich Zimmermann , blieb der Feierstunde fern . Er hat seine Verstimmung über die Irreführung und über die Respektlosigkeit , die den Vorgang kennzeichnen , bekundet .
Die Wellenlängen passen zusammen
Schulterschluss der Rechtsnationalen
Von Johann Till
Die bis in unsere Tage geläufige , den historischen Tatsachen widersprechende Behauptung , die Kommunisten Ungarns seien die wahren Urheber der Vertreibung und Entrechtung der Ungarndeutschen gewesen und nicht die magyarisch-nationalen Kräfte , übernahm und verbreitete jüngst auch bereitwillig eine deutsche Zeitung . Die über Jahrzehnte betriebene konsequente Verdrängung und Verfälschung der Nachkriegsgeschichte in Bezug auf die Untaten gegen die Ungarndeutschen trägt langsam Früchte . Auch im Ausland , wie wir erfahren müssen . Hierzulande zweifelt eh kaum jemand an der Schuld der Kommunisten und der Unschuld der Nationalkonservativen im Vorgehen gegen die Schwaben .
Die bundesdeutsche Zeitung Deutsche Stimme berichtet im Mai 2013 über die innenpolitische Lage in Ungarn und über die
Sonntagsblatt