Sonntagsblatt 3/2012 | Page 4

Parlament , gab es in Ungarn , im Unterschied z . B . zur Slowakei oder Rumänien , wo die dortigen ethnischen Ungarn sogar Teil der Regierungen waren bzw . sind , bisher nie . Dieser Mangel an Mitbestimmung und demokratischer Teilhabe der Minderheiten und das Fehlen kompetenter Ansprechpartner aus deren Mitte rächt sich vor allem in der Beziehung zu den ca . 7 ( X ) ( XX ) Roma im Lande und erschwert eine soziale Normalisierung der Lebensverhältnisse sowie der Beziehungen zur Mehrheitsbevölkerung .
Der Staat , gerade diese Regierung , fordert von den Roma , zum Teil mit Zwangsmitteln und unter unwürdigen Bedingungen eine Mitwirkung am Wirtschaftsleben und Verantwortlichkeiten ein , unterbindet aber nach wie vor direkte parlamentarische Vertretung und Mitwirkung an der Schaffung adäquater Rahmenbedingungen . Im neuen Wahlgesetz sind einige Einzelsitze für Minderheitenvertreter reserviert , womit die Alibipolitik ihre Fortsetzung und Festschreibung findet . pk , ms .
Ebenfalls aus dem Pester Lloyd zu diesem Thema Ungarn klagt bei anderen ein , was es selbst nicht bietet
Nicht zuletzt - und dieser Punkt wird in den Debattenbeiträgen der ungarischen Offiziellen immer unterschlagen - reklamiert Ungarn für die größte Minderheit im Nachbarland etwas , was es den eigenen Minderheiten verwehrt . In Ungarn gibt es nicht nur keine proportionale Vertretung der ethnischen Minderheiten im Parlament , es gibt überhaupt keine . Das häufig als „ vorbildlich ” gepriesene Minderheitenrecht in Ungarn ist reines Blendwerk . Es besteht aus „ Selbstverwaltungen ”, die wirklich nur sich selbst verwalten , weil sie überhaupt keine legislativen Einflussmöglichkeiten und auch im Bereich der Lokalverwaltung nur sehr begrenzten Handlungsspielraum haben ... In der kommenden Legislaturperiode werden einige „ Parlamentssitze für die Vertreter der ethnischen Minderheiten reserviert ”, die Alibipolitik wird also durch die neue Verfassung , deren Teil das neue Wahlgesetz ist , zementiert .
Aus : Surgetiner Frühlingsblatt ... Was das Nationalitätengesetz betrifft , können wir auf ersten Anblick gar glücklich und zufrieden sein : wir - die Nationalitäten - sind sogar „ staatsbildende Faktoren ”, haben das Recht , unsere Muttersprache , unsere Kultur zu pflegen , und haben Recht auf Unterricht in unserer Muttersprache . ( Ob es noch Kinder mit deutscher Muttersprache gibt , ist eine andere , traurige Frage .) Wir können kollektiv am öffentlichen Leben teilnehmen , unsere kulturelle Autonomie verwirklichen und unsere Selbstverwaltungen behalten .
Nun , das klingt- durchaus volksgruppenfreundlich . Auf diese erhabenen Ideen , Prinzipien , wie sie übrigens auch in dem bisherigen Gesetz formuliert waren , werden wir uns immer berufen können . Es gilt , sie in die Tat umzusetzen . Aus eigener Erfahrung wissen wir : Wunder werden bestimmt nicht geschehen . Automatisch wird es nicht gehen . Dazu sind unsere Anstrengungen , unser Zutun erforderlich , unentbehrlich .
Die deutsche Volksgruppe ist zwar stark und sichtbar , es gibt überall Vereine , Veranstaltungen , das Tanz- und Liedgut wird gepflegt und aufgehoben . Aber was ist mit der Sprache ? Die Generation , die zu Hause oder auf der Straße noch deutsch sprach , ist am Aussterben . Die schwäbische Mundart ist am Aussterben . Das man in den Schulen eifrig deutsch lernt , ist eher den wirtschaftlichen Vorteilen zu verdanken - Deutsch ist eine Weltsprache mit der man gut in Europa durchkommt . Theoretisch könnten wir - wenn wir Ungamdeutsche der Volkszählung nach den 20 % -igen Bevölkerungsanteil erreichten - verlangen , dass in der Gemeinde deutschsprechende Mitarbeiter in den Ämtern sitzen . Für wen wohl ? Das wäre scheinheilig . Die Generation , denen es noch leichter fällt , deutsch statt ungarisch zu sprechen , ist bereits ausgestorben oder ist die Gruppe 80-1- . Die gehen ja nicht unbedingt oft in die Ämter .
Würden wir deutschsprechendes Personal - wie es uns laut Gesetz zusteht - von der Gemeinde verlangen , so würden wir für die Gemeinde eine Menge Zusatzkosten an Personal generieren , man kann leicht einschätzen , dass das bei der heutigen finanziellen Situation der Gemeinden nur Ungut stiften würde . Und solange wir - bei so vielen nachfinanzierten und Netto-Finanzierten Förderungen immer wieder auch finanziell an die Gemeindeverwaltung angewiesen sind , kann man laut sagen , dass das äußerst dumm wäre . Also können wir feststellen , dass manche - gar gut aussehende - Kapitel dieses Gesetzes nur in der Theorie funktionieren .
Was unsere Volksgruppe und den Sprachgebrauch betrifft , können wir nur zu retten versuchen , was noch zu retten ist . Den Nationalitätenunterricht , das Nationalitätenbewusstsein unserer Kinder , das Bekenntnis zum Ungamdeutschtum . Dafür machen wir diese Zeitung , veranstalten unsere „ Schwabenfeste ” und unterstützen Schule und Kindergarten wo es nur geht .
Dass es in meiner Generation nur mehr ganz wenige Deutsch als Muttersprache bezeichnen können , ist nicht unsere Schuld . Die Angst der Nachkriegszeit saß lange Jahrzehnte tief in den Herzen . Jetzt , wo wir dieser Angst schon lange befreit sind , und ein neues , schönes Nationalitätengesetz haben , müssen wir uns ; einsetzen , um so viel , wie es nur geht , davon rauszuholen . Ob es : noch nicht zu spät ist ?

mein ( Ungarn- ) deutschtum ( 2 )

Versuch einer Definition mit und durch Heimatforscher und Lokalpatriot Alois Schwartz ( 83 ) aus Moor / Mór
Von Richard Guth „ Oh , es ist eine schwierige Frage ”, war die erste Reaktion des 83- Jährigen Moorer Rentners auf die Frage , was sein ( Ungarn- ) Deutschtum ausmacht . Als er vor nicht allzu langer Zeit von einem Fremden danach gefragt wurde , fand er nach eigenem Bekunden auch keine richtige Antwort darauf . Denn seine Identität sei so sehr mit den historischen Erfahrungen des 21 ). Jahrhunderts verbunden - dabei spielen die Ereignisse unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs allem Anschein nach für diese Generation eine besondere Rolle . „ Wir haben bei der Volkszählung von 1941 Ungarisch als Muttersprache und Nationalität angegeben ”, erinnert sich der gebürtige Schneidermeistersohn aus dem ehemaligen deutschen Marktflecken im Komitat Weißenburg . Die Behörden hätten diese Angaben später gefälscht , um die Familie als „ Kriegsverbrecher ” abzustempeln und an die Häuser und Besitztümer der alteingesessenen Schwartzs heranzukommen , sie „ auszuplündem ”, wie Schwartz es formuliert . Diese Erlebnisse - Verlust des Elternhauses sowie des Weingartens und die Unterbringung der Familie nebst anderen in einem fremden Haus , in einem Zimmer und einer „ Kuchl ” - würden auch nach über 60 Jahren des Geschehens bei ihm immer noch „ Furcht ” hervorrufen . Dies träfe nach seiner Beobachtung auch auf viele Vertreter seiner Generation zu , so hätten sich viele gezögert , als es vor einiger Zeit um die Zusammenstellung der Wählerverzeichnisse zur Wahl der Minderheiten-Selbstverwaltungen ging , sich einzutragen .
Interessant zu beobachten ist Schwartzs Verhältnis zur „ Muttersproch ”: Er spricht in Bezug auf das Schwäbische , in Moor eine doanubairische Mundart , in der Vergangenheitsform , denn mit der Auflösung der bäuerlichen Dorfstrukturen wäre
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