Sonntagsblatt 3/2012 | Page 23

0N §’ R M0DRSPR0CH - in Varianten
kennengelernt hatte . Der Schwabenball und auch der Budaörser Kiritog wurden zu einer Konstanten in meiner Jungmädchenzeit . Und dann kam mein Großcousin - Norbert Riedl - 1 % 1 auf die Idee , einen Heimatfilm zu drehen . Budaörser in der alten und neuen Heimat . Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern , mit welchem Enthusiasmus und vor allen Dingen mit welchem persönlichen , zeitlich und finanziellen Einsatz Norbert Riedl dieses Filmvorhaben vorantrieb . Da der Film zu dieser Zeit über keine Tonspur verfügte , nervte er mich einen ganzen Nachmittag lang , das Gedicht vom Kiritog in Budaörs , in einwandfreier Wuderscher Mundart , auf sein Tonbandgerät zu sprechen . Das hat mich damals keineswegs amüsiert . Ich habe erst vor kurzem den Film , den ich natürlich in der Urfassung kannte , auf DVD gesehen und ich war absolut fasziniert . Hatte ich doch im Lauf der letzten 50 Jahre vergessen , welch unwiederbringlichen Schatz an Erinnerungen dieser Film beinhaltet . In diesem Film fühle ich mich meiner Jugend , meiner Familie und meinen Wurzeln so verbunden und nah wie in keiner anderen Erinnerung . Warum auch immer ausgerechnet ich , als einzige unserer Familie - und das , obwohl ich nicht in Ungarn geboren wurde - ein so großes und nachhaltiges Interesse an Budaörs und an Ungarn habe , weiß ich bis heute nicht zu erklären .
Ich zehre in meinen Erinnerungen von Geschichten , die ich als Kind gehört habe und ebenfalls in dieser merkwürdigen Schublade - nicht brauchbar - abgelegt hatte . Das hat mich gelehrt , dass man nie eine Türe Zuschlägen soll . Man soll sie angelehnt lassen , um irgendwann wieder einmal hindurchgehen zu können .

0N §’ R M0DRSPR0CH - in Varianten

ANNO IN EINEM ALTOFNER ( Óbuda ) WIRTSHAUS ( In den I960 Jahren )
Ter grösste Zwearg ter Wöit
Gehn Sie mia noch a Spritzer , dann werfn Sie mi hinaus , to i net bezahl . Toch tieser Herr hier bezahlt fir mi . Tange ! A echter Herr ! Was trinken Sie ? Bia oda Wein ? Bia mocht Biabauch . I trink Bia nua , nen Durchfall zu erzielen . Oiso Wein ! Kut ! A echter Oldowner trinkt nua Wein . Roden oda weißen ? ( Rotwein macht Blut ) I pin net blutdurstich . A Maß Rotwein , tange .
Wia harn Sie teitsch g ’ lemt ? Sie sprochn za hoch ! Schwowisch aach ? A Oldowner ? Mei Name is Blödmeyer . Not verungarisiert . Und eir Name ? Werkli ? A Werklmann vom Florianplotz . A so !!! Mir san Verwandte , mei Ahnl hieß aach Wighardt . Sie schreibn fir die Neie Zeitun ? Na , aba na . I les kei Zeitun , Tie ordentlichen gmonen Leut ’ lesn kei Zeitun . Es is vül Schoder drin . Prosit . Jo , Oldown is weg . Olles weggerissn . Die scheni waschechti Weinschenken , Laubgoartn ! In der Flosche to a graues Hoar , ter Wein is oiso mindestens fufzig Joare olt !
Vom Beruf ? Pin a Pensioner . Scho a Trottli , ohne Zähne . Hätt ’ i Prothese , aba wos tomit essen ? Friher ? Friher wor i Gasuhrableser . To i manchmol g ' trunka hob , hob i tie Ziffer doppelt g ’ lesn , dann mußt ' i za Közért , ban Markt , jo oiso als Troger . Wann mei Mutter s g ’ sehen hätt ’! O mei Gott , i woar ach a WC-Putzer . I wuad toch aach mit Tonawassa g ’ tauft , aba ter Wein , na mei Herr , mei liawa Herr , ter Wein mocht mi kaputt . Ins Grob ! Kei Schluck , mei Herr , na , na , tie is tie letzte , vastehn Sie , mei Herr , auf Ehrenwort , tie letzte Flosche ! A Mann , a Wort ! Jawoi ! Ter Wein mocht mi kaputt . Wia olt schätzn Sie mi ? A Vierziger , ter scho vur zwanzig Joaren sei sechzigen Geburtstoch g ’ feiert hot . Pudern und pomadisieren werd i mi net !
A Hausfriedenbruch ? Mit mei Frau ? Jo , tes woar . Tie Weibsbülder san za prosaistisch , mei Herr . Xundheit ! Sie vastehn goar net , wia schon a Sonnenaufgang in ter Frau alt sein kann , wann ter Kellner mia sogt : Herr , menagieren Sie si ode i werfe sie hinaus . Und dann geh i nachhaus , dann a Hetz . Jowoi dann kriag i a Plumentopf auf mei Kopf . Kurz drauf kriag i nouch a Plumentopf auf mei Kopf . To steht mei Frau , tes engelgleiche Wesen . Olli Wände wackeln , wann sie wos sogt : „ Tu , Franzi , Tu weiß , worum Tu ten ersten Plumentopf g ’ kriagt host . Ton zweiten host Tu g ’ kriagt , um Mißvaständnisse zu vameidn .” Prosit , mei Herr !
I woar net immer so aTrottli . Woar aach Hallodri pei Kirmes , im Wurschtli . I hob a Zelt aufgstöllt . Peim Eingang hob i aufg ’ schrieben : Eingang der Ungarn . Wea zahlte fir den Eintritt , duarfte rein . Im Zelt woar nix za sehn , nua peim Ausgang a Aufschrift : Ausgang der Ungarn . Vül Leut dachten :
Eingang der Ungarn , hoißt „ der Einzug der Ungarn ”, oiso tes Feszty-Rundgemälde is im Zelt zu sehn . Olli , tie reinganga , woaren erst bös , dann aba lochten und luden andre aach ein , um sie za iwerlisten und auszulochen . A Hetz woar , Wos Gspassigs , mei Herr . Prosit . Aba bestellen Sie nouch a Maß Wein , ter rodi is kuat , not g ’ tauft . In te Wurschtli woar tie Konkurrenz za groß . Im Nochbamzelt hot mo „ ten größten Riesen ter Wöit ” aranschiert , olli wollten ten Riesen anschauen , i valier tie Kundschaft . Kuat . I trank a pissl Wein , wia imma , wann i stoark denken muaß . To hatt ’ i a Idee . I hob vakündet , daß i ten größten Zwearg ter Wöit in in mei Zelt vurstöllen kann . Gehma ten größten Zwearg schauen meinten tie Leut ’, mei Zelt woar wieda gonz und goar voll . Tie Leut hielten eir Bauch vur Lochen , to ein mittelgroßer Mensch im Zelt stand , ten i ois ten größten Zwearg und ten klansten Riesen ter Wöit vurstöllte . So ginga aach mit den 3 Schädeln von Petőfi . In mei Zelt woar a Schädel von Petőfi , ois achtjähriger Bub , noch a Schädel , ois a sechzehn- jähriger Pursch , nach nouch a Schädel von Petőfi , ois Dichter und Sóidat . To hott ’ i a Maerl mit Bart ... Bargeld locht ... Aba wolln Sie nouch a Becher Wein kredenzen , tomit mir a Pruderschaft trinka können . Nua den Hamur net valieren ! Laß ten Kopf net hängen ! Tu siehst za vanünftig aus . Pist
Tu ’ kei , Spitzl , host a braves Gsicht . O , ti scheni olti Zeit ! Kirmes ! Und tie großi Schlägereien . Plosmusi und Soidadenmusi . A Gaudi woar , jo tie „ Bunjo ”, ti Schlägerei . Warum ? To a Kirmes woar und a Kirmes ohni „ Bunjo ” kei Wert hot . Hau ihm a ‘ runter - sog i , gonz egal , ob wear , wann , worum , Krunt hatte , olles egal . Mei Herr . Ins G ’ fries einihauen , vastehen Sie , mei Herr , so , so , i zeige , so gab i a Watsche , ihm , so a Watsche , und nouch a Watsche , ins G ’ fries , so , und und nouch . nouch und fragte : is toch not kenug ? Und dann mei Herr , ea woar stierstoark . vier Doppelzentner und zwo Meter hoch , ter Matousek-franzl , ter stechte mi in tie Tasche . I woar aba flinker , mei Herr , gab i ihm a Magenbittr , so ... i zeig ... schupps , bumm , vazeihn Sie , tie Floscb is ‘ runterg ’ - fallen . ( Sie harn kuat redn ). Maulsperre hob i net , a richtiges Oldowner Mundwerk hob i . Sis angnehm mit Eich dischkrim . Mir san kuati Spez ’ ln , G ’ vatterleut ’. Wollen Sie , Tu , Prüder , nouch a Schluck Wein holn lessen und aach wos za essen , fressn , a Brezl , a Hendl , Kirchweihnudli oda a Ganserl , tes is mei Leibspeis . I muaß mi restauieren . I pitt um a Stück Prot , to i so durstich pin , daß i net weiß , wo i a Bett fir tie Nocht find . Voriges Joar woar tie Portion Wurscht to vüll größer . I fragte ten Kellner , wiar es is , warum tie Portion klaner is . Ter Kellner sogte , na , tie Portion is tieselb , aba ter Raum ta in ter Schenke wuad vagrößert , desholb sieht tie Portion Wurscht klainer aus . Wann tie Wurscht größer wär , würd sie aach mehr g ’ stinkt , net woar , to is toch goar net frisch . ( Wollen Sie Beinstücke essen ?) Beinstücke ? Tange sehr . Wann i Beine schauen mecht ’, gehi ins Ballett ! Prosit ! Ham Sie eilig ? Um ten Zug za erreichen ? Amol fragte i aach ten Pauer , ob i ten Zug um lü Uhr nouch erreichen kann . Jowoi , sagte ter Pauer , wann ter Stier Stuart Eich anblickt , dann können Sie aach sogar den Zug um 9.45 erreichen . ( Fortsetzung auf Seite 24 )
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