Sonntagsblatt 3/2012 | Page 2

Fragen auf : Wer hat die Schuld dafür zu tragen , dass viele ungarländische Deutsche , so auch jetzige und wohl auch künftige Mitglieder von Selbstverwaltungen , die Muttersprache ihrer Vorfahren nicht oder kaum sprechen ? Frühere Heimsuchungen ? Das ungarndeutsche Schulwesen ? Oder jeder selber ? Die Antwort bleibt einem jeden selber überlassen . Allerdings : Übeln im ungarndeutschen Bildungswesen müsste dingend abgeholfen werden .
Die einzelnen Siedlungen ( Dörfer , Städte , hauptstädtische Bezirke ), die Komitate , die Hauptstadt bzw . das ganze Land bilden jeweils einen Wahlkreis für die örtlichen , regionalen und landesweiten NSVW .
Örtliche Minderheitenwahlen müssen ausgeschrieben werden , wo sich bei der jüngsten Volkszählung ( 2011 ) mindestens 30 Personen zur betreffenden Nationalität bekannt haben .
Regionale Wahlen müssen abgehalten werden , wenn in der Hauptstadt bzw . im betreffenden Komitat zehn örtliche Wahlen ausgeschrieben worden sind . Landesweite NSVW müssen von vornherein anberaumt werden .
Kandidaten können von Nationalitäten-Organisatioqen aufgestellt werden . Zwei oder mehrere Organisationen können gemeinsam eine Person nominieren . Die Kandidaten müssen Empfehlungen einholen . Bei Ortswahlen sind die Empfehlungen von fünf Prozent der im Namensverzeichnis vorkommenden oder von mindestens fünf Personen notwendig . Ein Wahlbürger kann nur eine Person vorschlagen .
Auf weitere , teilweise recht komplizierte Einzelheiten der Kandidatur , auf den Wahlverlauf , das Feststellen der Ergebnisse , auf Zwischenwahlen und andere Fragen wie die Umgestaltung von NSVW zu Siedlungsselbstverwaltungen kommen wir rechtzeitig vor den Wahlen ( voraussichtlich 2014 ) noch zurück .
Rechte , die sich gut anhören
Die Nationalitäten-Selbstverwaltungsrechte stehen der Gemeinschaft der zur Volksgruppe gehörenden Wahlbürger zu , die nach den Gesetzesbestimmungen über die gewählten Vertreter wahrgenommen werden können . Alle NSVW haben - falls das Gesetz nicht abweichend verfügt - die gleichen Rechte . Die Aufgaben und der Wirkungskreise der einzelnen NSVW können voneinander abweichen .
Jede NSVW gilt als juristische Person . Die Aufgaben und Befugnisse werden vom Gremium der Selbstverwaltung wahrgenommen . Der Vorsitzende vertritt die Selbstverwaltung . Die NSVW sind gleichberechtigt . Die SiedlungsselbstverwaUungen ( örtliche Räte ) und die NSVW sind nicht einander unter- bzw . übergeordnet . Die Praxis wird es zeigen , ob die Siedlungsselbstverwaltungen die NSVW wirklich als gleichrangige Partner behandeln .
Was die Zusammenarbeit der NSVW mit den staatlichen Organisationen und den örtlichen Selbstverwaltungen betrifft , haben die Körperschaften der Volksgruppen wie bisher das Recht , Vorschläge zu unterbreiten , Informationen einzuholen , Verfahren anzuregen . Die andere Seite ist verpflichtet , Auskunft zu geben , gegebenenfalls Entscheidungen abzuändern oder zurückzuziehen .
Die Siedlungsselbstverwaltungen sind verpflichtet , das Wirken der NSVW zu unterstützen : Das bezieht sich u . a . auf einen entsprechend ausgestatteten Beratungsraum , Vervielfältigungen , Postspesen , Nebenkosten ( Gas , Strom ), Anfertigung von Protokollen .
Zu Entscheidungen über Rechte der Nationalitätenrechte wie kollektiver Sprachgebrauch , Unterricht , Erziehung , Traditionspflege , örtliche Presse , Chancengleichheit , gesellschaftlicher Anschluss und Sozialversorgung muss die Siedlungsselbstverwaltung das Einverständnis der örtlichen NSVW , wenn es eine solche nicht gibt , das Einvernehmen der regionalen NSVW einholen .
Leiter von Nationalitäten-Einrichtungen , die nicht von NSVW getragen werden , können nur mit dem Einverständnis der zuständigen NSVW ernannt bzw . entlassen werden . Im Falle von kirchlich getragenen Einrichtungen muss die Meinung der NSVW bzw . der regionalen , der Landesselbstverwaltung und schließlich des örtlichen Nationalitätenvereins eingeholt werden , sollte es keine der aufgezählten Organe geben . Das sind hört sich gut an .
Warum die kirchlichen Einrichtungen anders behandelt werden , wird im Gesetz nicht begründet . Sei hier vermerkt : immer mehr Siedlungsselbstverwaltungen übergeben ihre Schulen der Kirche , um so der Verstaatlichung zu entgehen .
Den NSVW steht das Recht zu , sich an Gerichte zu wenden , sollten sie Volksgruppenrechte als beschnitten sehen .
Wenn NSVW Einrichtungen in eigene Trägerschaft übernehmen , darf das Niveau der Dienstleistungen nicht sinken und dürfen die personellen und gegenständlichen Bedingungen nicht gekürzt werden .
Ein Konzept für eine verbindliche künftige Finanzierung der Minderheitenkörperschaften hat das Gesetz nicht im Gepäck . Mit Blick auf das vom Sparzwang gebeutelten Land , auf die Finanzund Steuerpolitik der Regierung werden die NSVW auch künftig bestimmt nicht Geld wie Heu haben . Da kommt einem eher das Nagen am Hungertuche in den Sinn .
Das formelle Wirken der NSVW schlägt das Gesetz über einen Leisten : Wie die Sitzungen zu verlaufen haben , wie die Entscheidungen zu treffen sind , in welchen Fragen geschlossene Sitzungen zu halten sind , was alles das Protokoll zu beinhalten hat und vieles andere mehr .
Nur wenn sie richtig ticken
Was hat es nun mit den NSVW auf sich ? Was werden sie bewirken können ? Es ist nicht so , dass sie weder Salz noch Schmalz haben . Das Gesetz räumt den NSVW gewisse Rechte , Möglichkeiten , Chancen ein . Wie sie diese nutzen werden , liegt weithin an ihnen . Das Gesetz an sich ist nicht verantwortlich dafür , was aus ihm gemacht wird .
Niemand erwartet von den Selbstverwaltungen , dass sie die Welt aus den Angeln heben . Aber wenn sie richtig ticken , wenn sie genügend Mut und Kraft aufbringen , wenn sie alle bereitstehenden Hebel in Bewegung setzen , können sie - von den örtlichen über die regionalen Körperschaften bis hin zur Landesselbstverwaltung - Schauplätze vieler neuer Ideen , lang- und längerfristiger Projekte , vorwärtsbringender Taten und Ergebnisse werden , nachhaltige sprachliche und kulturelle Belebung bewirken . Man erwartet von ihnen , dass sie ihr Mögliches für die Sache der Volksgruppe tun . Und die Sache will ’ s . Ernten werden sie nur , was sie gesät haben .
In den zurückliegenden Jahren ist vieles im Sande verlaufen . Eine echte kulturelle Autonomie ist nicht zustande gekommen .
Damit ist wohl kaum zu rechnen , dass zahlreiche deutsche Selbstverwaltungen schulische Einrichtungen in eigene Trägerschaft übernehmen werden . Das ist nämlich mit vielen , auch administrativen Aufgaben verbunden , wofür die Körperschaften nicht gewappnet sind . Die Landesselbstverwaltung der Ungamdeutschen kann davon ein Liedchen singen . Im Bildungswesen herrscht auch sonst ziemlicher Wirrwarr . Viele Bürger sind tief besorgt .
Nicht alle Tage ist Kirchweih
Alle Tage wird bestimmt nicht Kirchweih sein . Der Weg zu erwünschten Ergebnissen wird auch künftig nicht mit Blumen bestreut sein . Die deutschen Selbstverwaltungen werden Standvermögen aufbringen müssen , sie dürfen nicht gleich vor den ersten Schwierigkeiten einknicken und wichtige Vorhaben an den Nagel hängen . Wonach einer ringt , das ihm gelingt - will eine Weisheit wissen .
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