Sonntagsblatt 3/1998 | Page 15

Aus Kroatien wird gemeldet :
Erstmals wieder deutsche Messe
Der Verband der Deutschen und Österreicher in Kroatien , Zentrale Osijek ( Essegg ) und die Volksschule Hl .
! Anna , hat die Abhaltung eines deutchen
I Festes organisiert . Es wurde von den Schülern der zweisprachigen Abteilung für Minderheiten der Heimschule und der Kinder aus dem Kindergarten für
I Deutsche und Österreicher , " Freude " i (" Mohnblume "), vorbereitet . Es gab Rezitationen und Gesang , die Anwesenden wurden auch mit einem Weihnachtsspiel unterhalten . Beteiligt waren Gäste aus Österreich , bekannt aus der Weltpolitik und Wirtschaft , hohe Vertreter der Evangelischen Kirche , es wurde zum ersten Male nach dem 2 . Weltkrieg in der Kirche " Des Herzen Jesus " eine Messe in deutscher Sprache abgehalten ( Bern .: Deutsche Messen wurden vorher in andern Kirchen abgehalten ). D . S ., übersetzt O . G .
So die kroatische Presse . Es ist
I erfreulich , dass diese St . Klaus-Feier die
I schwergeprüften Überlebenden des deutschsprachigen Volksstammes im | ehemaligen atheistischen Jugoslawien
I wieder nach alter Sitte hemmungslos I feiern konnten . Alt und jung sehen einer besseren Zukunft entgegen . Bezeich-
I nend ist , daß die älteste Esseggerin , Frau
Mathilda Lang , mit ihren 109 Jahren , I noch ziemlich gesund und rüstig , den ; meisten Kindern ein ganzes Jahrhundert I ; voraus ist .
Ottokar Gasteiger
Auch ohne Gelder aus Deutschland
Unser Verein hat seitens der Deutschen Botschaft oder das Bundes-tages bis jetzt keine Geldunterstützung bekommen . Auch seitens des Goethe Instituts wurde uns keinerlei Hilfe geleistet .
In unserem Verein sind etwa 90 % der deutschen Minderheit Kroatiens als Mitglieder eingeschriben . Um unsere Kulturidentität zu unterstützen , haben wir in Osijek einen deutschen Kindergarten gegründet und eine Grundschule organisiert ; die Volkstanzgruppe “ Kranz ”, die Zeitung “ Die Glocke ”, der Gesangverein “ Essegg ”, die Gottesdienste ( evang . und kath .) in der deutschen Sprache , Rundfunkprogramm usw . sind weitere Zeichen unserer lebhaften Aktivität . Es ist wichtig zu betonen , daß die hier angeführten Tätigkeiten im ganzen aus eigenen Mitteln finanziert wurden .
Unser Verein ist seit 1990 offiziel tätig , bzw . seit dem eine solche Tätigkeit auf dem damals noch jugoslawischen Gebiet erlaubt wurde . Bis dann haben wir uns nur illegal in den Privatwohnungen treffen können . In unserem Status steht eindeutig , daß die ordentlichen Mitglieder unseres Vereins nur diejenigen sein können , denen in der offiziellen Evidenz die Nationalität DEUTSCh steht !
Dieses ist zu betonen , weil in der Republik Kroatien noch etwa 30.000 Kroaten leben , die entweder nur deutscher Abstammung sind oder auch einen deutschen Namen haben , aber aus verschiedenen Gründen assimiliert worden sind .
( Die Redaktion muß sich entschuldigen , daß diese Nachrichten wegen Platzmangel mit großer Verspätung veröffentlicht werden können .)
Alltag in Ungarn von Gymnasialprofessorin Gerda M . Weidlein
“ Wie geht ’ s Euerer Inflation ?” fragte ich vor einigen Wochen bei meinen Freunden in Ungarn an . “ Danke der Nachfrage ”, schrieb einer zurück . “ Es geht ihr gut , man hat bedenkenlos den Benzinpreis angehoben , so daß jetzt Benzin in Ungarn fast so teuer ist wie in Deutschland .”
Auch die Lebensmittelpreise haben ihr deutsches Gegenstück in manchen Posten erreicht ; in den zurückliegenden vier Jahren kletterte der Preis von 1 kg Brot von 38 Forint auf 116 Forint , von 1 kg Schweinekotletten von 420 Forint auf 920 Forint , von 1 Liter Milch von 44 Forint auf 104 Forint . Die Preise für Energie steigen ebenso stark oder gar noch mehr .
Deutsche Schulen ?
Das Minderheitengesetz von 1993 schreibt die Einrichtung von Minderheitenschulen mit den entsprechenden Minderheitensprachen vor . Deutschland begrüßte dieses Gesetz sehr , und Bundespräsident Herzog nannte es bei seinem Besuch in Ungarn “ vorbildlich für ganz Osteuropa ” ( Frankfurter Allgemeine vom 26 . Februar 1997 ). Ich aber wollte genauer wissen , wie viele Schulen die deutsche Minderheit für ihre etwa 200.000 Mitglieder in den fünf Jahren seit Bestehen dieses Gesetzes bekommen hat .
Nach vielen Schreibereien und Telephonaten erhielt ich jüngst ein computer-geschriebenes Schriftstück der Schulreferentin der “ Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen ” mit Sitz in Budapest ; der Briefkopf war zweisprachig , ansonsten aber enthielt der Brief kein einziges deutsches Wort .
200 deutsche Minderheiten-Kindergärten gebe es jetzt in Ungarn , hieß es da , 240 deutsche Minderheiten-Hauptschulen und 9 Gymnasien . Und nun kam der letzte Satz : “ Az iskolák túlnyomó többsége német nyelvoktató iskola , anyanyelvű oktatást ... az elmúlt tanévben kísérleti jelleggel indítottak be ”. Übersetzt heißt das : Die weitaus überwiegende Mehrheit der Schulen sind deutsche Sprachschulen ( weitere Übersetzungsmöglichkeit : Schulen mit deutschem Sprachunterricht ; oder : Schulen mit deutschsprachigem Unterricht ), muttersprachlicher Unterricht ... wurde im letzten Schuljahr versuchsweise eingeführt . Eine Katagorisierung in die bekannten Schultypen A , B und C fand nicht statt , ebensowenig wurde eine Schule mit muttersprachlichem Unterricht konkret und namentlich benannt . Vielmehr verschleierte die verwirrende Sprachhülse “ német nyelvoktató iskola ” mit ihrer vielfältigen Interpretierbarkeit die Tatsache , daß der deutschen Minderheit in Ungarn bis heute keine einzige deutsche Schule zur Verfügung steht und daß mithin die vielen aufgeführten Schulen nichts anderes sind als ungarische Bildungsanstalten mit Unterricht in Deutsch als Fremdsprache .
Deutsch erweist sich eben selbst in Ungarn als äußerst nützlich , ist doch Deutschland zu Milliardenkrediten bereit gewesen und auch als Anwalt Ungarns für den Beitritt zur NATO und zur EU unumgänglich geworden .
Wollten wir in Deutschland aber den verblüffenden Sprachgebrauch der Ungarn in der Beschreibung von Schulen übernehmen , so hätten wir nur noch englische , französische , russische usw . Gymnasien , und wir könnten uns aufgrund unseres Latein-Unterrichts sogar rühmen , selbst den alten Römern in wahrhaft umfassender Multikulturalität Minderheitenrechte in unserem Land eingeräumt zu haben .
In Kerndia / Krndija tut sich was - Errichtung einer Gedenkstätte von der Gemeinde Punitovci genehmigt
Mit den Vorarbeiten zum Ausbau der Gedenkstätte über den Massengräbern des einstigen Vernichtungslagers Krndija , geht eine der von Jakob Dinges gestellten Forderungen ihrer Realisierung entgegen . Der Bundesvorsitzende und Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben , Jakob Dinges , hatte in mehreren Gesprächen mit hochgestellten kroatischen Persönlichkeiten immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen , daß nach Anerkennung der deutschen Minderheit und
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