Sonntagsblatt 3/1998 | Page 12

Franz und Fritz discftcurteren
- Grüß Gott , Fritz ! - Servus , Franz ! - Wohin , wohin ? - In den Weinberg . Will mal nachsehen , wie die Trauben reifen . - Heißer Sommer , guter Wein , heißt es . - Er muß auch noch in die Fässer . Aber sag mal , Franz , wie ist denn eure Deutschlandreise ausgefallen ?
- Prima . Die ganze große Verwandtschaft war wieder einmal beisammen , mit Eingeheirateten und Freunden . Mein Onkel , der Pelzer Hans und seine Frau , das Lieschen , feierten goldene Hochzeit . Sie haben damals , nach der Vetreibung , schon in Deutschland geheiratet , mindestens sieben magere Jahre erlebt , fünf Kinder großgezogen .
- Ich kenne sie . Sie kommen ja hin und wieder nach Ungarn .
- Das ist den Alten zu verdanken . Sie legen , wie auch wir , großen Wert darauf , daß die Beziehungen nicht abreißen . Selbst die Enkel werden gewöhnlich mitgebracht . Und es scheint ihnen , ob nun hier oder dort , viel Spaß zu machen . Die Kinder aus Deutschland lernen zwar nur ein paar Worte ungarisch . Aber für uns alle ist es eine gute Gelegenheit , in der deutschen Sprache bewanderter zu werden .
- Ja , am Wissen muß ständig gefeilt werden . Auch an der Muttersprache . Ich habe es oft selber erlebt : In Deutschland wird vieles anders ausgedrückt als bei uns .
- So ist es . Für unser einer ist es nicht leicht schrittzuhalen . Und nicht nur darum , aber auch deshalb sind unsere Beziehungen zum Mutterland so wichtig . Da sollte man kein Geld und keine Mühe reuen . Und vielleicht machst du große Augen , Fritz , wenn ich sage : Besuche ich Deutschland , fahre ich von zuhause heim und dann von daheim wieder nach Hause .
- Wunderbar , Franz ! Das könnte trefflicher nicht gesagt werden . Nur weiß ich nicht , ob viele Ungarndeutsche so denken . Und wie das im Mutterland ankommt .
- Hoffentlich schafft Ungarn recht bald den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft und dann wird es für die Deutschen dort und hier ganz natürlich sein .
- Mögest du , Franz , ein Prophet sein , der hier wie dort gilt . Man merkt dir an , daß du zwei Diplome in der Tasche hast .
- Deine eine , Fritz , kann zwei wert sein . Und wie man weiß , kommt Klugheit nicht unbedingt und längst nicht ausschließlich von Diplomen . Manch einfacher Bauer hat mehr im Kopf als manch Geschulter . Und so ganz wirklichkeitsfremd ist , was ich gesagt habe , auch wiederum nicht . Die meisten Auslandsmadjaren denken im Zusammenhang mit
Ungarn so . Sie rechnen sich zur ungarischen Nation . Das kannst du sozusagen täglich aus den Medien vernehmen .
- Richtig . Und diesen Standpunkt vertritt auch die neue ungarische Regierung . Und nicht nur die jetzige . Der frühere ungarische Ministerpräsident Antall betrachtete sich , wie er sagte , im Geiste als Ministerpräsident von 15 Millionen Madjaren .
- Und Viktor Orbán hat wiederholt unterstrichen : Die Grenzen der madjarischen Nation sind nicht identisch mit den Grenzen des Landes .
- Das hat in den Nachbarländern so manchen Wirbel ausgelöst . Vor allem in Rumänien .
- Die Kirchen werden in den Dörfern bleiben . Da fällt mir ein : Auf dem Sonderkongreß der Ungarndeutschen 1990 ist betont worden , namentlich im Programm für unsere Zukunft , das vom Kongreß angenommen wurde : Die Ungarndeutschen sollten als Angehörige des deutschen Volkes , der deutschen Nation betrachtet werden , in vieler Hinsicht wie Bürger Deutschlands behandelt werden . In diesem Sinne wurden unter anderem viele Stipendien für Voll- und Teilstudien für Angehörige aller Berufe und Arbeitsmöglichkeiten für die Ungarndeutschen im Mutterland verlangt .
- Durchaus kluge Vorstellungen . Die sind auch heute aktuell . Der Kongreß scheint eigentlich der Zeit voraus gewesen zu sein . Vielleicht kann das jetzt durch den EU-Beitritt Ungarns verwirklicht werden .
- Ungarn praktiziert das eigentlich heute schon . Ich denke da vor allem an die Ausbildung von Fachleuten . Man weiß , daß viele hundert madjarische Jugendliche aus den Nachbarländern an verschiedenen ungarischen Universitäten und anderen Lehranstalten studieren .
- Dabei haben die madjarischen Volksgruppen unvergleichlich bessere Möglichkeiten in dieser Hinsicht als die ungarländischen . Gerade erst kürzlich habe ich in einer ungarischen Zeitung gelesen , daß an der Klausenburger Universität über 3000 madjarische Jugendliche studieren , alle auch ungarisch lernen . Und mehr als 2000 werden an unterschiedlichen Fakultäten , ich glaube an 30 , gänzlich in der ungarischen Muttersprache ausgebildet .
- Und jetzt fordern sie sogar eine eigene , selbständige ungarische Universität .
- Die werden sie auch erreichen , wenn sie nicht wankelmütig werden und wenn aus Ungarn entsprechende politische Hilfe kommt .
Von ähnlichen Möglichkeiten träumen Ungarndeutsche höchstens .
In Ungarn werden nicht einmal genügend Fachkräfte für den Deutschunterricht ausgebildet . Für den zweisprachigen und den durchwegs deutschsprachigen Unterricht schon ganz und gar nicht .
- Vielleicht wird sich die künftige Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen stark machen dafür . Und natürlich für vieles andere mehr , zum Beispiel für echte deutsche Schulen .
- Das müßte , denke ich , ihre wichtigste Aufgabe sein . Die jetzige LDU begnügte sich damit , als großes Ergebnis hinzustellen , daß die Zahl der wöchentlichen Deutschstunden mit fünf festgelegt wurde .
- Und selbst das ist längst nicht überall Wirklichkeit .
- Und diese Lehranstalten , an denen Deutsch eigentlich als Fremdsprache unterrichtet wird , werden auch von der LDU als ungarndeutsche Schulen bezeichnet .
- Da stehen einem ja die Haare zu Berge . Organisationen der Madjaren in Rumänien oder in der Slowakei würden für solches Verhalten Steine bekommen . Aus den eigenen Reihen . Und keiner würde sie als Vertreter ihrer Interessen betrachten .
Das sind eben stramme Volksgruppen . Hut ab vor ihnen . Die Ungarndeutschen sollten sich ein Beispiel nehmen an ihnen , nicht wahr ?
- Einverstanden , Franz . Vielleicht werden sich die heranwachsenden ungarndeutschen Generationen zusammenraffen .
- Gutes kann Mut machen . Ich möchte es noch erleben und werde ihnen , solang ich lebe , gern zur Seite stehen .
- Darauf muß mal angestoßen werden . Kannst du jetzt nicht mitkommen , Franz ? Der Rotwein vom vorigen Jahr , den du kürzlich so gelobt hast , ist noch längst nicht alle .
- Tut mir leid , Fritz . Jetzt geht es nicht . Ich will unseren Jüngeren da vom Bahnhof abholen . Er war in einem deutschen Sprachlager . Hab jedenfalls herzlichen Dank für die Einladung . Und aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben . - In Ordnung . - Machs gut , Fritz . - B ’ hüt dich , Franz .
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