Sonntagsblatt 2/2024 | Page 4

garndeutschen zu pflegen und an unsere Kinder weiterzugeben .
SB : Wenn wir eine Generation weitergehen , in die Generation Ihrer Kinder : Wie stehen sie zum ungarndeutschen Erbe ?
JA : Unsere Söhne sind 11 und 16 Jahre alt . Ich weiß nicht , ob man da schon von der Weitergabe unseres ungarndeutschen Erbes sprechen kann . Aber sagen wir mal so : Wenn wir zum Schwabenball gehen , sind die Jungs die Ersten , die ihre Tracht hervorholen . Und wenn wir Richtung Ungarn fahren , sagen auch sie , dass sie „ heim “ fahren . Ja , ich denke schon , dass unsere Söhne ungarndeutsch sind und dass sie dazu stehen .
SB : Die vertriebenen Deutschen aus Ungarn haben eine beachtliche Integrationsleistung vollbracht und gelten ja als vollwertige Mitglieder der deutschen Gesellschaft - welche Funktion wird nach Ableben der Erlebnisgeneration der Landmannschaft zukommen ?
JA : Wir beschäftigen uns seit geraumer Zeit innerhalb unserer LDU-Gremien intensiv mit diesem Thema . Dabei haben wir uns die Frage gestellt , wie es uns gelingen kann , uns „ zukunftsfähig “ aufzustellen .
Ich habe festgestellt , dass in der Organisation „ Landsmannschaft “ viel mehr steckt , als ich vermutet habe . Deshalb bin ich auch fest davon überzeugt , dass die Idee „ Landsmannschaft “ eine Zukunft haben wird - und an der wollen wir arbeiten . Ob dann der Begriff „ Landsmannschaft “ überholt ist oder nicht und ob nur noch die Marke fortbestehen wird , sei dann dahingestellt .
Ich habe mich jedenfalls sehr stark dafür eingesetzt , dass wir in Baden-Württemberg einen Förderverein für die Nachkommen und Freunde der Ungarndeutschen gegründet haben , der genau diese Idee einer modernen LDU verfolgt : Es geht uns zum einen darum , in Zukunft Kultur und Brauchtum zu pflegen . Es geht uns zum anderen aber auch um eine echte Erinnerungskultur , um Versöhnung , Freundschaft und Partnerschaft . Und es geht uns am Ende um gegenseitige Akzeptanz und Toleranz , um Einsatz für Frieden und Freiheit in einem geeinten Europa .
Ich glaube , wenn wir als eine solche Institution verstanden werden und gemeinsam an den so viel zitierten symbolischen Brücken weiterbauen - zwischen den Deutschen aus Ungarn und den Ungarndeutschen - , dann müssen wir uns über unsere Zukunft keine Gedanken machen .
SB : Herr Ament , vielen Dank für das Gespräch .
Mit dem LDU-Bundesvorsitzenden Joschi Ament sprach Richard Guth .

AKTUELLES

LEBEN UND LEBEN LASSEN

Wie sich EU-Länder immer mehr abschotten – oder doch nicht ? / ein Besuch an der österreichisch-ungarischen Grenze
Von Richard Guth
Die Schranke wird heruntergelassen , der Verkehr kommt zum Stillstand . Ein Cityjet der Österreichischen Bundesbahnen ( ÖBB ) huscht vorbei - auf seinem Weg von Ödenburg in Richtung Österreich . Die Grenze liegt nur zwei Kilometer entfernt , aber die Überquerung gestaltet sich über den Landweg seit einigen Monaten nicht so einfach wie mit der Bahn .
Seit Dezember letzten Jahres versperren Poller den Weg für hunderte Pendler aus Ungarn . Die Story ging damals durch die ungarische ( und österreichische ) Presse , die Empörung ungarischerseits ist auch ein dreiviertel Jahr danach groß . Die Österreicher nehmen es eher gelassen , litt ihr Dorf nach eigenen Angaben doch unter dem Pendlerverkehr . Das Sonntagsblatt besuchte Anfang April den Ort und testete die Stimmung vor Ort .
„ Es ist eigentlich eine Unverschämtheit , dass ich keine Ausnahmebewilligung erhalten habe ”, ärgert sich eine in Schattendorf lebende Ungarin , die die Grenze zu Fuß überquert hat und nun mit dem Auto zu den Pferden der Tochter nach Agendorf / Ágfalva fährt . Den Grund für die Sperre will ich
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