und dem in Deutschland vorgefundenen Liberalismus . Bei den Betroffenen hob der Soziologe die Grüne Ekin Deligöz hervor und merkte an , dass das Schicksal muslimischer Frauen im Bundestag unabhängig von der Parteizugehörigkeit ähnlich zu sein scheint .
Migration und COVID-19
Zum Schluss der Konferenz wurde Timur Vermes , der Erfolgsautor ungarischer Herkunft des Buches „ Er ist wieder da ” über den Rückkehrer Hitler gefragt , der in seinem Sci-fi-Roman „ Die Hungrigen und die Satten ” ein eigentümliches Migrationsnarrativ schuf . Zum Entstehen des Buches trugen die Bilder von 2015 und die dadurch ausgelöste Debatte bei , in der Vermes sich mit der Meinung weder des einen noch des anderen Lagers identifizieren konnte – auch mit denen nicht , die meinen , man sollte jeden reinlassen , aber noch weniger mit denen , die meinen , die Flüchtlingsfrage mit Hilfe von Zäunen zu lösen .
Nach seiner Ansicht kann derjenige , der dafür eine Lösung sucht , das auch von Kaschuba vorangetriebene neue Narrativ nicht umgehen , und der Autor zeigt sich überrascht , „ dass keiner eine Idee dafür hat , und ich fand auch keinen , der versucht hat , eine zu schaffen .” Im Buch wollte er , wie er sagt , nicht täuschen , deswegen steht ein Flüchtling im Mittelpunkt , der weder gut noch böse ist und eine Zukunft sowie eine wirtschaftliche Perspektive haben möchte . Dafür ist er bereit , sein Leben aufs Spiel zu setzen wie damals der 56er Auswanderer Vermes , der Vater des Autors .
Vermes ist der Meinung , dass die Migrationssituation genauso ist wie die weltweite Coronapandemie : Ab einem gewissen Punkt können wir nicht mehr sagen , dass wir uns damit nicht beschäftigen wollen , „ sie werden hierher kommen , man muss dem begegnen .” Der im Roman aufgeführte Minister mit menschlichem Antlitz ( der nach Vermes keinesfalls an Seehofer erinnern soll ) entwickelt eine Lösung , ein neues Narrativ - wenn man so will - und stellt an einer Stelle die Frage , ob es unser Problem sei . Nach Ansicht des Ministers und Vermes „ ja , es ist unser Problem , denn wir sind reich , deswegen wollen die Menschen zu uns . Der Bau von Mauern behindert hingegen unsere Wirtschaft , die auf Offenheit fußt .”
Laut Vermes sind die gesellschaftlichen Spannungen rund um das Thema von dem Umstand getragen , dass die Menschen denken , Migration koste sie Geld . Auch die Gegennarrative verleiten dazu zu denken , dass es besser wäre , sich zu verschließen , weil das umsonst ist . Ganz im Gegenteil , es kostet mehr Geld . Sich in Bezug auf die Migration auf Menschenliebe und Anständigkeit zu berufen , ist ein schwaches Argument . Man müsste die wirtschaftlichen Vorteile in den Vordergrund stellen , dass sich Migration lohnt – wie es der Minister mit menschlichem Antlitz im Roman auch tut .
RETTUNG DER UNGARNDEUTSCHEN DIALEKTE : STANDARDISIERUNG ODER SICHERER MUNDTOD
Von Stefan Pleyer
Wie lange schmückt das Hessisch-Fränkische der Stiffolder die Straßen von Feked ? Wird das freundlich klingende Bairische von Werischwar für immer verschwinden ? In unserem aktuellen Jahre 2024 ist es höchste Zeit , die vom verbindlichen , Selbstmarketing-Folklorezierrat befreite bittere Realität der Lage unserer Dialekte ins Gesicht zu bekommen und eine glaubhafte Geländebegehung zu unternehmen , die einen Spiegel vor uns halte : Unsere Dorfmundarten sind am Aussterben , die allerletzten Boten sind diejenigen , wessen Zunge schwäbisch klingt . Daher ist die Frage berechtigt : Schlagen wir die Alarmglocke oder die Sterbeglocke , das sang- und klanglose Begräbnis eines weiteren Stückes unserer Kultur , oder wagen wir die ihre Gültigkeit längst verlorenen „ heiligen Kühe ” zu schlachten und etwas Neues zu schaffen , um das Alte in einer erneuten , den modernen Gegebenheiten angepassten Form in die Zukunft hinüberzuretten ?
SoNNTAGSBLATT
Mit stolzgeschwellter Brust wappnen sich unsere Germanisten auf wissenschaftlichen Tagungen mit den die deutschen Dialekte und Dorfmundarten kunterbunt darstellenden Landkarten , beweisend die reiche Sprachlandschaft der Schwaben in Ungarn . In der Branau sei von einem Fleckenteppich-Bild die Rede , Hessisch hier , Oberfränkisch dort , Pfälzisch über den nächsten Gartenzaun . Mit von voller Hoffnungen strahlenden Augen fragen Ungarndeutsche voneinander , obwohl die Antwort vor ihnen wohlbewusst ist : Sprechen Sie Schwäbisch ? - Nein , ich leider nicht mehr , aber mein Ur- Urgroßeltern schon .
Und wird das Vetorecht der Wahrheit aus dem heiteren Himmel eingelegt : Heutzutage beherrscht nur ein winziger Bruchteil der ältesten Generation der Nationalität noch irgendwelche Mundart , nämlich die Altersgruppe über 80 . Diese Sprecher bleiben mit ihrer Dialektkompetenz zumeist verwaist alleine , nur in seltenen Fällen finden wir Freundeskreise oder Familien , gar Nachbarschaften , die miteinander schwäbisch reden . Himmelsleider wurde die Weitergabe der alten Sprache der Familie , der Sippe aus verschiedenen Gründen ( Angst vor einer wiederholenden Vertreibung , Unterdrückung des Deutschen in der kommunistischen Ära , Magyarisierung , usw .) erspart , was zum überwiegenden Verschwinden der deutschen Dialekte in unserem Lande führte .
Stotternde Tonaufnahmen , vergilbtes Rezeptbuch
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