Die günstige Lage und die Nähe zur Hauptstadt lockten viele neue Bewohner in das Dorf . Sende ist eines der wenigen Dörfer im Komitat Naurad , in dem die Bevölkerung jünger wird und ständig wächst . Die meisten der sesshaft gewordenen Familien nehmen am Dorfleben teil , ihre Kinder besuchen hier den Kindergarten und die Schule . Die Zahl der einheimischen Ungarndeutschen nimmt aufgrund von Mischehen und dem Tod älterer Menschen leider ab . Eine Liste von Klassennamen spiegelt den Wandel gut wider : Vor 15 Jahren trafen wir überwiegend auf deutsche Familiennamen , heute findet man kaum noch einen deutschen Namen . Leider zeigen auch die Ergebnisse der letzten Volkszählung in Sende ein ungünstigeres Bild als die vorherige .
SB : Sie sind Mitglied der Deutschen Selbstverwaltung Sende – welchen Herausforderungen müssen Sie begegnen , wo „ drückt der Schuh ”?
MGG : Unsere deutsche Selbstverwaltung war eine der ersten im Land , die das Recht zur Trägerschaft der Grundschule übernahm . Seitdem werden auch der Kindergarten und die Kinderkrippe von der Nationalitätenselbstverwaltung getragen . Dadurch haben sich unsere Aufgaben und natürlich auch unsere Verantwortung deutlich erweitert . Wir haben den Schritt gar nicht bereut , die Lage der Institutionen hat sich verbessert und es ist sehr gut , dass Entscheidungen , die sie betreffen , vor Ort getroffen werden .
Ich sehe die Frage des Nachwuchses sowohl für die Nationalitätenselbstverwaltung als auch für die Vereine als problematisch an . Es können immer nur die gleichen Leute in die Arbeit einbezogen werden , es ist auch schwierig , junge Leute anzusprechen . Die Mitglieder werden immer älter und ich halte das für sehr gefährlich im Hinblick auf die Zukunft der getragenen Institutionen , der Traditionen und des Überlebens unserer Volksgruppe im Allgemeinen .
SB : Wenn wir einen Blick in die Zukunft wagen : Wo wird die deutsche Gemeinschaft in 20 , 30 oder 40 Jahren stehen ?
MGG : Meiner Meinung nach hängt das Überleben der Nationalitäten in erster Linie von den Familien ab . Ich denke , wenn Kinder ihre Wurzeln erst in der Schule kennen lernen und ihre Identität und Traditionen im Elternhaus nicht mehr persönlich erleben - insbesondere weil sie ihre Großeltern selten treffen - , werden sie ihre Zugehörigkeit leichter aufgeben . Auch die Gemeinschaften tragen eine große Verantwortung , attraktive Programme für junge Menschen anzubieten . Natürlich ist es aber am wichtigsten , dass der Staat die Existenz von Nationalitäten als wichtig erachtet und die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen dafür weiterhin schafft .
SB : Frau German-Götz , vielen Dank für das Gespräch !
Das Gespräch führte Richard Guth .
DIE WEGE DES HERRN SIND UN- ERGRÜNDLICH
EXPRIESTER UND BÜRGERMEISTER RÓBERT POLGÁR AUS MURSKA KRSTUR / MURAKERESZTÚR ÜBER HERKUNFT , BERUF ( UNG ) UND DAS GLÜCK IM LEBEN
Von Richard Guth
Der Dokumentarfilm geht unter die Haut : Ein katholischer Priester , der vor einer schweren Entscheidung steht , eine verstörte Gemeinschaft und eine Mutter mit drei minderjährigen Kindern bilden ein Dreieck im Film . Dieser katholische Priester aus dem Film „ A döntés ” ( Die Entscheidung ) heißt Róbert Polgár , er ist heute glücklicher Familienvater von drei Kindern und Bürgermeister seines ehemaligen Dienstortes Murski Krstur / Murakeresztúr . Das Sonntagsblatt sprach mit Róbert Polgár über seine Entscheidung , das Priesteramt aufzugeben , seine tschangomadjarische Herkunft und den kroatischen Charakter seiner Gemeinde .
„ Ich habe drei Jahre gebraucht , um seelisch zu mir zu kommen ”, erinnert sich der ehemalige Pfarrer an die Zeit nach der Entscheidung . Die Beziehung zu seiner ( heimlichen ) Frau , die im 70 km entfernten Keszthely mit den drei gemeinsamen Kindern lebte , sei im Ort ein offenes Geheimnis gewesen . Auch der Oberhirt , der als „ Beton atya “ bekannte ehemalige Diözesanbischof von Kaposvár , Béla Balás ,
SoNNTAGSBLATT habe Bescheid gewusst und ihn „ auf seinem Weg begleitet ”. Irgendwann sei aber der Punkt gekommen , wo die Interessen der Kinder höher gewogen hätten als die Liebe zur Berufung als Priester . „ Ich bereue nichts ”, sagt er heute , aber er bedauere , gemeinsame Zeit mit den Kindern versäumt zu haben . Der Dokumentarfilm zeichnet die Begleitumstände des langen Weges der Entscheidung beeindruckend nach : das Hadern des Geistlichen mit sich selbst , die Betroffenheit der Mitglieder des Pfarrgemeinderates und der Gemeinde insgesamt und die Sehnsucht der Kinder nach dem Vater . Der allseits beliebte Pfarrer schaffte es aber , in Zivil dem Ort weiter zu dienen : 2019 wählte man ihn mit großer Mehrheit zum Bürgermeister , obwohl mit der Entscheidung Polgárs nicht jeder einverstanden war . ( Polgár wurde im Juni als einziger Kandidat wiedergewählt .)
Nicht nur der Weg der Entscheidungsfindung war lang , sondern Róbert Polgárs Lebensweg , der einst in einem tschangomadjarischen Dorf in der
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