Sonntagsblatt 2/2024 | Page 12

WENN DER FRANZL NUR NOCH FERI HEISSEN KANN

Es wäre an der Zeit zu unseren deutschen Vornamen zu stehen
Von Richard Guth
Ich muss mich bei all denjenigen entschuldigen , die meinen , ich meckere auch in diesem zweiten Beitrag nur über Anomalien des Sprachgebrauchs . Ja , stimmt , aber ich kann es leider nicht anders . Ich möchte hier auf etwas eingehen , das mich in letzter Zeit wieder intensiv beschäftigt hat .
Vor kurzem sind die Wahlen zu den Nationalitätenselbstverwaltungen zu Ende gegangen . Denen ist eine intensive und professionelle Infokampagne der LdU in der digitalen Wirklichkeit vorangegangen . Hut ab ! Das Sonntagsblatt wäre aber nicht das Sonntagsblatt und Richard Guth nicht Richard Guth , wenn man doch keine Merkwürdigkeit gefunden hätte . Wenn ich mich richtig entsinne , das Thema hatten wir schon einmal : die Namensgebung .
Die diesjährige , „ adrett ” zweisprachige Liste der LdU , Deutsch an erster Stelle , enthielt lediglich die ungarischen Vornamensvarianten unserer zu wählenden Vertreter ( Einheitsliste ). Die Landesliste war damit voll mit József , János , Teréz oder Magdolna beispielsweise , lediglich eine Maria und ein Stefan versteckte sich hinter den „ 47 Gesichtern ”, Letzterer serbiendeutscher Herkunft . Und auch die -nés feiern eine Rückkehr . Ich habe dies auf Facebook moniert und wurde daraufhin aufgeklärt , dass man die Namensvariante gewählt habe , die im Personalausweis eingetragen ist . Juristisch soweit nachvollziehbar , aber was ist mit anderen Faktoren wie Vorbildfunktion beispielsweise ? Könnten wir uns vorstellen , dass in einem Infomaterial der madjarischen parlamentarischen Vertretung der ethnischen Partei UMDR / RMDSZ in Rumänien , also beispielsweise der Parlamentarier Bende Sándor als Alexandru Bende auftaucht ?! Oder die Senatorin Kovács Irén Erzsébet als Irina Elisabeta Kovács ? Eher nicht ! Man geht sogar so weit , dass in fremdsprachigen Texten ( deutsch , rumänisch ) rumänienmadjarische Namen in der ungarischen Reihenfolge aufgeführt werden : also als Bende Sándor und nicht als Sándor Bende beispielsweise . Beim UMDR-Vorsitzenden ist die Sache eigentlich klar : Hunor ist ein urmadjarischer Vorname , er lässt sich nur schwer romanisieren . ( Fairerweise muss ich sagen , dass diese Festlegung auf die ungarischen Vornamenvarianten nach meinen Informationen in der LdU wohl nicht unumstritten war .)
Kritiker würden nun vorhalten , der eigene Vorname sei ein hohes Gut , etwas Höchstpersönliches . Stimmt , das will ich nicht in Abrede stellen . Aber wenn ich eine Funktion als Vertreter der deutschen Gemeinschaft anstrebe , dann soll es doch gestattet sein , andere Gesichtspunkte wie die Vorbildfunktion auch zu thematisieren . Dabei ist das ungarische
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Recht sehr liberal . Dass es nicht immer so war , das ist mir auch bewusst : Deswegen heiße ich Richard ( damals als Richárd eingetragen ) und nicht Sigmund , dessen Eintragung Mitte der 1970er Jahre meiner Mutter verweigert wurde . Zsigmond wollte sie dann auch nicht . Ich kann mich auch noch gut erinnern an die Diskussionen in der Slowakei , als madjarische Frauen gezwungen waren , ans Ende ihrer Nachnamen eine -ová anzuhängen . Genauso fremd müsste eigentlich für uns -né sein . Dass es nicht so ist , hat mit unserer ( Assimilations- ) Geschichte zu tun . Aber zurück zum Namensrecht . Seit gut drei Jahrzehnten ist es uns gestattet , deutsche Vornamen anzunehmen und eintragen zu lassen . Dazu entstand ein „ Verzeichnis der ungarndeutschen Vornamen ”, das jedes Standesamt besitzt und auf der Seite der LdU einzusehen ist . Zwei der Autoren , Dr . Maria Erb und Dr . Koloman Brenner , gingen mit gutem Beispiel voran und ließen in der Vergangenheit ihre Vornamen germanisieren und treten auch in der Öffentlichkeit so auf .
Aber man braucht gar nicht so weit zu gehen . Es besteht die Möglichkeit , die deutsche Namensvariante auf der Rückseite des Personalausweises eintragen zu lassen , wie es unser Schriftleiter Georg Kramm tat . Unbürokratisch , als verbrieftes Recht , man muss es nur tun . Auch für die Endung -né gäbe es eine deutschkonforme und gleichzeitig moderne Möglichkeit : der Doppelname , der den Mädchennamen mit dem Nachnamen des Ehepartners mit einem Bindestrich verbindet . Auch hier die Möglichkeit einer kompletten Namensänderung oder einer zusätzlichen Eintragung auf der Rückseite ! Diese Variante ist in der Generation meiner Eltern noch eine absolute Ausnahme ( gewesen ), heute - gerade in Akademikerhaushalten - oft die Regel .
Ähnlich wie in vielen anderen Bereichen , gewinnt man oft den Eindruck , als würden wir unsere Rechte kaum nutzen . Die deutschen Vornamen gehören zweifelsohne dazu . Die Jahre und Jahrzehnte der Entrechtung und des massiven Assimilationsdrucks lassen sich nicht rückgängig machen . Aber wir sollen ohnehin in die Zukunft blicken und die Möglichkeiten , die uns zustehen , intensiv nutzen - fernab der eigenen Komfortzone , alter Gewohnheiten und des sanften Zwangs durch die Mehrheitsbevölkerung . Denn nur so wird es eine deutsche Zukunft in Ungarn geben , gerade für eine Gemeinschaft , die bereits stark assimiliert und fragmentiert ist .
Daher kann es nur lauten : Sei Vorbild und steh zu unserem ungarndeutschen Vornamenserbe !
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