innerungen von Heltai-Pach zeigten sich viele Ungarndeutsche mittleren Alters erleichtert , das Interview nicht auf Deutsch führen zu müssen .
Wiederum ein interessanter Befund , was unsere Erfahrungen bestätigt ! Die Autorin bringt Beispiele dafür , dass man von einer komplexen Gemengelage hinsichtlich der deutschen Sprache sprechen kann . Dabei , so die Ergebnisse , überschätzten gerade Zugezogene die Verbreitung der deutschen Sprache - ihre ungarndeutschen Mitbewohner sprechen von einem begrenzten Gebrauch der deutschen Sprache im Alltag . Auch die Autorin widmet sich der Frage des Sprachgebrauchs in Gereschlak : Dabei unterscheidet sie – auch bezüglich der Intensität des Sprachgebrauchs - zwischen drei Generationen , das Wendejahr stellt für die Forscherin 1944 dar , denn danach kamen ungarischsprachige Siedler ( telepesek ) nach Gereschlak („ was den Sprachwechselprozess eindeutig beschleunigte ”). Eigentlich handelt es sich ursprünglich um zwei Orte , außerdem entfaltete sich die Madjarisierungswirkung der Schule , was den Sprachgebrauch beeinflusste . Bei den ältesten Generationen - so bei einem im Jahre 1925 Geborenen - geschah die Sozialisation über die Mundart , die interfamiliäre Kommunikation war und ist nach Ergebnissen von Heltai-Pachs Forschungen deutsch . In den beiden anderen ( jüngeren ) Generation verschob sich die interfamiliäre Kommunikation zugunsten des Ungarischen . Beeinflusst würde dies aber auch von der Herkunft der Familienmitglieder , der Berufstätigkeit im deutschsprachigen Ausland oder bei deutschen Firmen in Ungarn . Bemerkenswert ist der Fall eines zum Zeitpunkt des Interviews 64-jährigen Interviewpartners , der als Madjare in eine schwäbische Familie eingeheiratet hatte , wo er sich nach eigenem Bekunden die deutsche Sprache , die Mundart , aneignete . Früher , also in den 60ern und 70ern sei der Gebrauch des Dialekts ohnehin noch weit verbreitet gewesen , steht es an anderer Stelle . Die Finnen hätten nun das Nordic Walking , also Spazierengehen in Gruppen , vermittelt , so dass jetzt auch Gruppen von Schwaben und Schwäbinnen solche Aktivitäten entfalten und dabei stifoldisch sprechen würden . Aber auch Jüngere würden sich freitagabends im Café bei „ Martha ” versammeln , um die Mundart zu üben . Die jüngeren Schwaben würden aber oft spaßeshalber die Mundart verwenden . Damit hängt nach Ansicht von Heltai-Pach auch der lokale Wertverlust der deutschen Sprache ( inklusive Mundart ) zusammen , die aber global eine Rolle spiele .
Heltai-Pach stellt diesen Befund in einen größeren Zusammenhang : „ Die Mehrheit der Interviewpartner betrachtet den Prozess des Sprachwechsels als einen natürlichen , aber dennoch einer aufgrund externer Gründe („ Nun ist es halt so .”). Nur sehr selten erschien das Individuum als Mitspieler , der diese Prozesse beeinflussen kann . Eine Ausnahme bilden diejenigen Interviewpartner aus der jüngeren Generation - die aber einen verschwindend geringen Anteil in der Bevölkerung vertreten - , die mit ihren Kindern die lokale Mundart bewusst , zwecks einer Kompetenzorientierung , sprechen , beziehungsweise die Großeltern mit den Enkeln dasselbe tun .” Die Autorin stellt dabei Familien vor – in jeder Familie fand sich mindestens ein Lehrer oder eine Lehrerin . Eine damals 29-jährige Deutschlehrerin begründet ihre Entscheidung mit dem Charakter der lokalen Mundart als Unikat , der Verbindung von ethnischer Identität mit der Sprachpraxis („ Was macht einen Schwaben denn aus , wenn er kein Schwäbisch spricht ”) und dem Verschaffen von Vorteilen . Sie und andere Interviewpartner - insgesamt wenige - wiesen auf die Gefahr hin , dass der Sprachverlust auch die Bindung zur lokalen ( deutschen ) Kultur zerstöre . Ohnehin wurden in den Interviews Befürchtungen vor einer Entvölkerung von Gereschlak durch die Abwanderung der Jugend geäußert , was den Verlust der Mundart ( Würde man in 20 Jahren noch Schwäbisch sprechen ?) weiter beschleunigen könnte .
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Heltai-Pach geht neben dem deutschdominanten Kommunikationsmuster der Finnen - wobei auch diese Gespräche durchsetzt seien mit ungarischen und teils englischen Begriffen , was eine große Vielfalt darstelle - auch auf das der Deutschen ein - die aus Gereschlak Stammenden würden in Deutschland die deutsche Sprache , in Ungarn beide benutzen ; hier spiele das Alter und die Sozialisation ( im ungarischsprachigen Umfeld ) eine Rolle . Die aus Deutschland Stammenden würden deutsch kommunizieren und lediglich Höflichkeitsformeln auf Ungarisch verwenden .
Eine interessante Facette stellt die Untersuchung dessen dar , wie man versucht das sprachliche Landschaftsbild in Gereschlak zu konstruieren : Dabei unterscheidet die Autorin zwischen einer „ Top-Down ” - und einer „ Bottom-Up ” -Praxis . Das bedeutet , aus welcher Richtung Initiative ergriffen wird : Beim Ersteren geht es um ein aktives Zutun der Kommunen , beim Letzteren um Aktionen der Gemeinschaft . Die Autorin stellt Beispiele für beide vor , unter anderem mehrsprachige Aufschriften an Gebäuden , Orts- und Straßenschilder , sogar in finnischer Sprache , was von den Finnen unterschiedlich wahrgenommen würde , aber mehrheitlich als nette Geste . Genauso finden sich aber auch zwei- oder dreisprachige Aufschriften und Werbebeiträge im kommerziellen Rahmen . Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist der Sprachgebrauch beim Germknödel-Festival ( Gőzgombóc Fesztivál ), wo die deutsche und finnische Sprache lediglich eine symbolische Funktion erfüllten und nicht die einer Vermittlungssprache .
Diese Rezension stellt nur wenige wichtige Erkenntnisse heraus . Die Monographie enthält unzählige weitere und lädt geradezu ein , sich über das Beispiel dieses 750-Seelen-Dorfes und über Zukunftsfragen der deutschen Minderheit in einer sich wandelnden Zeit intensiv Gedanken zu machen .
S E H N S U C H T Meine liebe alte Heimat
Josef Neidhardt , Deutschbohl
Ganz weit in der Ferne südöstlich von Pécs , da leuchten die Sterne , da zieht es mich hin . Hart an der Grenze , ganz nahe von daheim , da gibt es ein Dörflein da bin ich daheim . Dort hab ich gesungen , dort hab ich gelacht , dort hab ich frohe Stunden meiner Jugend verbracht . Ich bin dort geboren , drum hab ich das Dörflein so lieb , was hab ich verbrochen das man mich vertrieb ? Mit blutendem Herzen , mit Tränen auf den Wangen , so bin ich - mein liebes Dörflein - von dir gegangen . Hinter meinem Rücken von Hass erfüllte Feinde , vor meinen Blicken die kühle weite Fremde . So bin ich gegangen , so musste ich gehen , ich hatte nur einen Gedanken : Heimat , wann wird ‘ ich dich wiedersehn ? Dies denk ich nun immer , dies tu ich auch heut , das Heimweh wird schlimmer , und größer das Leid . Es geht mir nicht schlecht , auch schön ist es hier , doch meine Gedanken sind immer – liebe Heimat – bei dir ! Oft bin ich zu Hause des Nachts im Traum , da pflückt ich im Garten das Obst von dem Baum . Da bin ich im trauten Kirchlein daheim ; ich geh ‘ auch spazieren nach Deutschbohl hinein . Ich seh ‘ die Bekannten , die Straßen , die Felder , und von oben auch die Parkwälder . Dies alles verschwindet wenn der Morgen erwacht , doch bin ich so glücklich , denn ich hab ja die Nacht
SoNNTAGSBLATT