NORDIC WALKING AUF STIFOLDISCH
Wie die Finnen Gereschlak veränderten
Von Richard Guth in der Schule gelernt . Diejenigen , die längere Zeit in der Schule Deutsch hatten oder früher in einem anderen Kontext die deutsche Sprache benutzten , bauen auf die Variante auf , die sie sich auf den genannten Schauplätzen angeeignet haben , wobei sie sich peu á peu mit der lokalen Varietät bekanntmachen . Diejenigen , die wenig oder gar kein Deutsch hatten , übernehmen diejenigen deutschen Sprachressourcen in ihre Sprachpraxis , mit denen die Einheimischen sie konfrontieren . Eine 42-jährigige Finnin erzählte , dass sie früher nie Deutsch gelernt hat , erst im Dorf fing sie an , deutsch zu sprechen - wie sie sagt : „ Ich kann es gar nicht , ich rede nur .”
Ein echtes Filetstück fiel mir in einer Budapester Libri- Buchhandlung in die Hände – eine Monografie * der Sprachwissenschaftlerin Borbála Heltai-Pach , die sich mit dem Sprachgebrauch in der Branauer 750-Seelen- Gemeinde Gereschlak / Geresdlak beschäftigt . Herausgebracht wurde das Buch von dem ungarischen Ableger des französischen Verlags L ‘ Harmattan , der mich in der Vergangenheit schon mehrfach mit anspruchsvoller Fachliteratur mit geisteswissenschaftlichem Bezug beglückt hat – eigentlich eine absolute Nische auf dem ungarischen Markt , die durch die Entwicklung in den letzten Jahren in der Branche auch nicht gerade gestärkt wurde .
Das Interessante am Ort Gereschlak ist die Präsenz von Finnen , die sich seit der Wendezeit in der unweit von Fünfkirchen gelegenen Gemeinde niedergelassen haben . Die Entstehung der Monografie ist der jahrelangen soziolinguistischen Forschungstätigkeit von Heltai-Pach , die Hungaristik , Germanistik und Finnistik studiert hat , zu verdanken – die junge Forscherin hat dabei nicht nur Interviews mit Dorfbewohnern ungarndeutscher , madjarischer / seklerischer , bundesdeutscher und finnischer Herkunft geführt , sondern wurde infolge dessen nach eigenem Bekunden zu einem Teil der Dorfgemeinschaft , was auch die Übernahme zusätzlicher Dienste bedeutete .
Heltai-Pach geht in ihrer Monographie der Frage von Mehrsprachigkeit in Gereschlak nach – der Fokus liegt eigentlich auf dem Exotischen , nämlich der Ansiedlung von etwa 25-30 Hausbesitzern , Familien finnischer Herkunft , und deren Folgen für das Gemeinschaftsgefüge . Dennoch bietet das Werk auch einen fundierten Einblick in die wahrlich komplizierte sprachliche Situation der deutschen ( Stifolder ) Minderheitenangehörigen in dieser Branauer Gemeinde . Gleich zu Beginn ein Zitat : „ Die Mehrheit der Finnen kommuniziert ( Untersuchungszeitraum : 2009-2016 , R . G .) in Gereschlak vornehmlich mit Hilfe der Ressourcen , die sich aus den deutschen Sprachkenntnissen speisen . Je mehr Zeit sie im Dorf verbringen , desto mehr ungarische Komponenten werden zum Teil ihres Repertoires . Die Mehrheit der Finnen hat kürzere oder längere Zeit Deutsch
SoNNTAGSBLATT
Ein erstaunlicher Befund : Finnen , die sich in Südungarn niederlassen und sich der deutschen Sprache bedienen ! Heltai-Pach räumt ein , dass es mittlerweile welche gäbe , die sich um Ungarisch bemühen würden , aber Kommunikationsmittel Nummer 1 sei Deutsch . Dies führt die Linguistin unter anderem auf den Stellenwert der deutschen Sprache in Europa und die Nähe zum Schwedischen zurück - eine der beiden Amtssprachen in Finnland , die jedem Finnen geläufig ist .
Die durchgeführten Interviews waren je nach Herkunft des Interviewpartners dreisprachig : mit den Finnen auf Finnisch , mit den Deutschen auf Deutsch , mit den ungarischen Staatsbürgern deutscher oder madjarischer Herkunft / Volkszugehörigkeit auf Ungarisch . Nach Er-
Von Ulzen und Nachbarschaften Das deutsche Kulturwörterbuch des Germanisten Dr . Andreas F . Balog führt uns in eine fast verschwundene Welt ein
Von Richard Guth
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Dieses Wörterbuch des gebürtigen Siebenbürger Germanisten und SB-Lesers gehört seit längerem zu einer Bringschuld von mir . Bereits 2017 in St . Georgen / Sfântu Gheorghe / Sepsiszentgyörgy erschienen behandelt dieses Wörterbuch allerlei Wissenswertes zum deutschen Kulturerbe im ost- und mitteleuropäischen Raum . „ Deutschsprachige Kultur der Sachsen , Schwaben , Zipser , Landler und Bukovinadeutschen in der Geschichte und im Alltag ” darzustellen - so umschreibt Balog das Ziel seines Vorhabens . Dabei legt er den Schwerpunkt auf das Siebenbürger deutsche kulturelle Erbe , auch wenn er wegweisend im Vorwort auf die Bedeutung deutschsprachiger Juden - u . a . in der Bukowina - für die deutsche Kultur hinweist , dabei auch auf Klara Blum , die als Zhu Bailan sogar in China als Professorin für Deutsch Karriere machte .
Das Wörterbuch ist Teil einer Reihe , aber vermag nach Balogs Angaben auch losgelöst von den anderen Teilen der Reihe den Ansprüchen eines ungarischsprachigen kulturinteressierten Publikums gerecht zu werden . Dabei ist das Werk eine komplexe Sammlung von Personen- und Ortsnamen , Organisationen mit deutschem Bezug und Gegenständen , die Teile des deutschen Kulturerbes sind bzw . waren – diese reichen von Agnetheln , wo der vormalige Bundesbeauftragte Bernd Fabritius geboren wurde ( auch ein Stichwort im Verzeichnis ), über das Museum Franz Binder in Hermannstadt bis zum Wirkstahl , dem Webstuhl , wie ihn die Sachsen nannten .
Das Wörterbuch stellt einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes einer fast untergegangenen Welt dar und bietet auch für uns Ungarndeutsche wertvolle Erkenntnisse , denn wie es so schön heißt : Wir sind eines Volkes Söhne . _______________________________________ Német – magyar kulturális szótár : szász , sváb , landler , cipszer és bukovinai német nyelvű kultúra a történelemben és mindennapokban . Hg . von Andreas F . Balogh . - St . Georgen / Sepsiszentgyörgy 2017 , Anyanyelvápolók Erdélyi Szövetsége