ses der Donauschwaben , Hans Diplich als bedeutender Lehrer , Dichter und Kulturpolitiker .
War es in den beiden ersten Phasen der Integration um den Ausgleich von Verlusten und Schäden gegangen und darum , eine neu hinzugekommene Gesellschaftsgruppe wieder heil zu machen , wurde in der dritten Phase eine Plattform erreicht , auf der sich die Unterschiede zwischen Einheimischen und Fremden abschliffen , ein Austausch möglich wurde , der befruchtend wirkte und das Niveau der Gesamtgesellschaft mit neuen Formen auf eine höhere Ebene hob .
Nach dieser überzeugenden Periodisierung erscheint in der vierten Phase der Eingliederung der Werdegang der Nachfolgegeneration . Sie erhielt bei günstigeren Rahmenbedingungen die Chance , über eine wesentlich verbesserte Bildung mit überproportional vielen akademischen Berufen einen höheren Sozialstatus zu erlangen . Deshalb konnte sie einen wichtigen , allseits geschätzten Beitrag in der jetzt die Integration abschließenden Gesellschaft leisten , von der sie nicht mehr als fremd , sondern als zugehörig betrachtet wird . Die Kindergeneration konnte den durch die Vertreibung erfolgten Rückschlag mehr als ausgleichen und hat das bundesdeutsche Gemeinwesen in all seinen Aspekten bereichert und gestärkt .
Für die junge Generation der Donauschwaben gilt es , fordert Senz , eine bewusste Erinnerungskultur zu betreiben , um nicht nur den Vorfahren etwas zurückzugeben , sondern sich auch das Energiepotential der alten Heimat anzueignen . Daraus entspringe , argumentiert er , „ mehr Lebensqualität auch wieder zum Nutzen aller “. Zumal nach dem Fall des Eisernen Vorhangs stelle sich den Kindern und Enkeln auch die Aufgabe , für Ausgleich und Versöhnung mit den Vertreiberstaaten zu sorgen und eine Erinnerungskultur in der alten Heimat ins Leben zu rufen .
Mit dem Ende der Donauschwabentage ausgangs der 1960er Jahre und der Eröffnung und Inbetriebnahme des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen im Jahr 1970 sei das Ende der donauschwäbischen Geschichte erreicht worden , weil diese Geschichte institutionalisiert und gleichsam an dieses kulturelle „ Weltzentrum “ delegiert worden ist . Dieses kühne Postulat begründet Senz damit , dass eigengeprägtes donauschwäbisches Leben sich außerhalb dieses Hauses ( und weiterer ähnlicher Häuser ) kaum mehr abspiele , sondern fortan daran gekoppelt sei . Dass es keinen rein musealen Charakter annimmt , dafür könne der Geist des Hauses noch für eine Weile sorgen . Wenn Geschichte nicht mehr aktiv gestaltet , sondern nur noch passiv hingenommen wird , sei auch ihr Ende erreicht . Grundsätzlich lässt sich diesem Finalisierungsbefund schwer widersprechen , zumindest relativieren könnte man ihn aber mit der im vorhergehenden Absatz erwähnten Aufgabe der Jugend , die durchaus gestaltende Aktivität , geschichtsbewusste Gegenwärtigkeit und politische Verantwortung verlangt .
Ingomar Senz ’ Aufarbeitung der donauschwäbischen Nachkriegsgeschichte in Deutschland ist mit ihren ( nicht selten aus eigener Anschauung hinterlegten ) Betrachtungen und Analysen , Bio- und Monographien , Statistiken , Karten , Schautafeln und Bildern , mit ihrer kritischen Nutzung der vorhandenen Quellen , mit ihren
30 zusammenfassenden Resultaten und den Registern im Anhang die gewissenhafte Demonstration eines gewaltigen Transformationsprozesses gelungen , eines beispiellosen Erfolgs beim Aufbau neuer gesellschaftlicher Strukturen und gleichzeitiger Integration einer großen Zahl von Menschen . Plastisch arbeitet Senz die Art und Weise heraus , wie der unvoreingenommene fremde und doch verwandte Blick der Neubürger dynamisch Innovation förderte , europäisierungsfreundlich öffnete und zu einem nicht nur wirtschaftlichen und sozialen , sondern auch kulturellen Mehrwert führte . Wenn – wie die Denker des deutschen Idealismus glaubten – Geschichtsbewusstsein die Basis aller Kultur ist , dann hat Ingomar Senz dafür einen bedeutenden , unentbehrlichen Baustein bereitgestellt . Er hat eine Epoche in vielerlei Aspekten neu beleuchtet und bewertet ; auch als Gesamtdarstellung ist sein Buch ein Novum .
Stutzig macht nur der Titel „ Rückkehr ins Sehnsuchtsland “. Er scheint zu suggerieren , die Donauschwaben hätten sich nach dieser Rückkehr in die Urheimat gesehnt . Vielmehr aber verklärten sie das „ Mutterland “ als eine Art Paradies , wo sie keine Fremden waren , von dem sie jetzt jedoch „ Welten trennen “, wie der „ Schwabendichter “ Adam Müller-Guttenbrunn in seinem „ Schwabenlied “ sagt . Nur in diesem Sinne ist „ Sehnsuchtsland “ zu verstehen .
Die drei Jahrhunderte umfassende Geschichte der Donauschwaben – speziell auch seit ihrer Aufspaltung 1919 / 20 in die Länder Jugoslawien , Rumänien und Ungarn – ist mittlerweile von ihren Anfängen 1689 bis zur Gegenwart 2020 vollständig geschrieben . Innerhalb von 23 Jahren sind seit 1997 die Werke von drei Historikern in fünf Bänden auf mehr als 3.500 Seiten im Verlag der Donauschwäbischen Kulturstiftung erschienen , einer gemeinnützigen privaten Stiftung mit Sitz in München , die 1978 zur Förderung donauschwäbischer Forschungs- , Dokumentations- und Kulturarbeit gegründet wurde . Ihr Ziel war und ist eine einzig der Wahrheit verpflichtete Geschichtsschreibung - eine Ambition , die sie frei und ohne politische Bevormundung verfolgen kann , weil sie von keiner offiziellen Stelle , sondern lediglich von privaten Zuwendungen finanziell unterstützt wird . Entscheidender Initiator dieser Stiftung war übrigens der Historiker und Volkskundler Josef Volkmar Senz , Vater und Mentor des Historikers Ingomar Senz .
Nachdem ergänzend auch der Band über die Integrationsgeschichte der Donauschwaben in Österreich von Dr . Georg Wildmann erschienen und damit dieses Großprojekt vollendet ist , besitzen die Donauschwaben eine einzigartige Darstellung ihrer gesamten Historie , wie sie meines Wissens keine andere deutsche Volksgruppe aufzuweisen hat . Vergleichbar - und gleichermaßen von der Donauschwäbischen Kulturstiftung getragen - ist wohl nur die schon vor drei Jahrzehnten von Zeitzeugen zu ihrem Leidensweg und dem an ihnen im kommunistischen Jugoslawien verübten Genozid geleistete umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung .
Ingomar Senz : Rückkehr ins Sehnsuchtsland . Die Eingliederung der Donauschwaben in die deutsche Nachkriegsgesellschaft , 2020 im Selbstverlag , 432 Seiten , Leineneinband mit Schutzumschlag , 25 . - € + Versandkosten , Vertrieb : Ingomar Senz , Auweg 2 a , 94469 Deggendorf , Tel . 0991 / 34 37 50 , Mail : ingomar . senz @ gmail . com
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