Sonntagsblatt 2/2022 | Page 24

terlassen . Die ältere Generation stirbt aus , die mittlere Generation wurde in Ex-Jugoslawien geboren und ist unter der kommunistischen Herrschaft zwangsassimiliert aufgewachsen und die Jugend spricht Englisch und interessiert sich nicht mehr für das Deutschtum in Maribor . Dazu wurde die Geschichte , die in der Schule vorgetragen wird , von dem „ Sieger “ geschrieben und die Alten haben aus Angst die richtige Geschichte den Nachkommen nicht weitergegeben . Die deutsche Sprache wird in den Schulen als zweite Fremdsprache unterrichtet , meist als Wahlfach . Zum Glück leben wir an der Grenze und so konnten wir in Marburg schon in Ex-Jugoslawien die österreichischen Fernsehsender empfangen .
Die deutsche Minderheit hat in Slowenien sieben Vereine : zwei in Marburg / Maribor , zwei in Laibach / Ljubljana , einen in Cilli / Celje , einen in Abstall / Apače und einen in Töplitz / Dolenjske Toplice in der Gottschee , die durch einen Dachverband miteinander verbunden sind .
Als nicht anerkannte Minderheit haben wir keine Möglichkeit für die Ausbildung in deutscher Sprache – keine Kindergärten , keinen Schulunterricht ….
SB : Sie sind die einzige deutsche Gemeinschaft in Ost- und Mitteleuropa , die staatlich nicht anerkannt wird . Worauf ist dies zurückzuführen und welche Konsequenzen hat das für sie ?
VH : Die Hauptunterstützung erhalten wir aus Österreich , das zwar unsere Lage kennt und bei den bilateralen Gesprächen mit Slowenien immer wieder über unsere Lage spricht - doch ohne Erfolg . Das Einzige , was Österreich gelungen ist , war das „ Kulturabkommen “ im Jahr 2001 , wo im Artikel 15 Slowenien das erste Mal amtlich zugegeben hat , dass in Slowenien auch eine deutschsprachige Minderheit lebt , doch amtlich sind wir eine „ deutschsprachige ethnische Gruppe “. Seitens des Kulturministeriums von Slowenien erhalten die sieben Vereine insgesamt 32.000 . - € pro Jahr Unterstützung .
Meiner Meinung nach beharrt Slowenien auf der These aus jugoslawischen Zeiten , dass die Frage der deutschen Minderheit nach dem Jahr 1945 „ erfolgreich “ gelöst wurde , was sich bislang auch in der Politik linker Regierungen jahrelang wiederspiegelte .
SB : Sie haben vor etwa anderthalb Jahren eine österreichische Auszeichnung erhalten - wie groß ist die Unterstützung für die sloweniendeutsche Sache aus Österreich bzw . wie eng sind Ihre Kontakte nach Österreich , die ja auch historisch begründet sind ?
VH : Unser Verein pflegt rege kulturelle Verbindungen zu Österreich , besonders zu den Bundesländern Steiermark und Kärnten , die uns auch neben der Bundesregierung finanziell unterstützen . Ohne diese Unterstützungen aus Österreich könnten wir nicht existieren . Zu unseren Kulturveranstaltungen kommen immer auch unsere österreichischen Freunde aus der Steiermark und aus Kärnten .
SB : Was sind die größten Herausforderungen für die Sloweniendeutschen und wie sehen Sie insgesamt die Zukunft der Gemeinschaft ?
VH : Ohne rechtliche Anerkennung sehe ich keine positive Zukunft für unsere Volksgruppe . Wir haben keinen rechtlichen Schutz und keine ausreichende Finanzierung . Slowenien hat zwei EU-Abkommen zum Schutz der Minderheiten unterschrieben : „ Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen “ und „ Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten “, doch die werden nur bei den anerkannten Minderheiten angewandt - bei den Italienern , Ungarn und Roma , nicht bei uns .
SB : Frau Haring , vielen Dank für das Gespräch ! Das Gespräch führte Richard Guth .

VERLÄSSLICH REGIONAL

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Lokalredakteur und Sonntagsblatt-Leser Hatto Schmidt aus Südtirol im Gespräch

Von Richard Guth
Deutschsprachige journalistische Arbeit im Ausland stellt wahrlich etwas Besonderes dar . So fühlte es sich auch für den gebürtigen Deutschen Hatto Schmidt aus Tübingen an , als er vor 32 Jahren bei dem Südtiroler Tagblatt „ Dolomiten ” angefangen hat . Die Tageszeitung gehört zu den renommierten Presseerzeugnissen deutscher Sprache . Sie wurde vor über 130 Jahren , noch zu k . u . k . Zeiten , gegründet und erlebte gerade in der faschistischen Zeit eine bewegte Geschichte . Als das Nazi- Regime im September 1943 die Macht in Südtirol übernahm , wurde die kritische Zeitung sogar verboten . Die Zeitung hat mit 40.000 Printlesern und 3000 E-Paper- Lesern auch heute noch eine starke Reichweite , wenn man bedenkt , dass die Zahl der Deutschsprachigen in
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Südtirol 280.000 beträgt . Das Tagblatt gliedert sich in Außenpolitik mit besonderem Augenmerk auf die italienische und österreichische Innenpolitik , Innenpolitik ( Südtirol ), Lokales und Sport . Ergänzt wird das Angebot um eine Sonntagszeitung und die Internetseite stol . it . Letztere beschäftigt fünf feste und zahlreiche freie Mitarbeiter , die eng mit den Printredaktionen zusammenarbeiteten . Das deutschsprachige Medienportfolio der Athesia Gruppe , zu der mittlerweile auch Energieunternehmen und Tourismusbetriebe samt eines Skigebiets in den Alpen gehören , hat sich nach Hatto Schmidts Worten - selber Nachkomme von Siebenbürger Sachsen - der Vertretung der deutschen und der ladinischen Sprache verschrieben . Dennoch übernahm die Gruppe
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