dige Akteure auffallen - besser gesagt , dass wir nicht mehr die Merkmale von einer eigenständig agierenden Volksgruppe aufweisen !
Wenn es auch als harte Formulierung erscheint , sind wir eigentlich in einen Reservaten-Status zurückgedrängt worden . Das hat hundertfünfzig bis zweihundert Jahre gebraucht , aber man muss sagen : Es hat geklappt ! Uns ist auch dem eigenen Anspruch nach kaum mehr als das noch wichtig , eine schiefe Kopie dessen aufzuweisen , was unsere Ahnen unverfälscht als ihre eigene Kultur gelebt haben . Und zwar nicht in Vereinen und ( Kultur- ) Gruppen , sondern als Teil ihres Alltags – nicht einmal als unbedingter Mittelpunkt ihres Daseins als Volksgruppe in der Flut einer Mehrheit !
Wenn das kulturelle Erbe als eine Art eines recht verspätet adoptierten Wesensmerkmals gilt , das bald als einziges „ Markenzeichen “ erscheint , so müssen wir uns darüber im Klaren sein , dass das nur noch eine bemessene Zeit der Mode und der Gunst politischer Großzügigkeit sein wird , wie lange wir in dieser Richtung gefördert werden – wie lange sich so etwas rechtfertigen lässt . Andererseits besteht dann noch die Frage danach , ob Nachfolgegenerationen bereit sein werden mitzumachen , ohne je unsere Kultur in einer authentischen Form gesehen und erlebt zu haben – oder ob das Ganze eines Tages mit all den herangealterten Mitgliedern von selbst einschläft …
In meinem Gedankengang kreise ich um die Frage , was fähig ist , eine Volksgruppe in einer alle Bereiche dominierenden Mehrheit zu erhalten . Wenn man will , als Antwort mein „ Steckenpferd “: die Sprache ! Die Basis der Zusammengehörigkeit unter uns bildet alleine sie . Alles andere ist pure selbstdarstellende Show , ein Mittel zum Selbstzweck , irgendwie noch sichtbar zu erscheinen – für mich traurig , das so zu definieren .
Für das Vorhaben - die Sprache als identitätsbildenden Faktor zu revitalisieren , um uns als Gemeinschaft wiederzufinden - können wir uns alleine auf überzeug- te Familien stützen , die die Mühe und die eventuellen Konsequenzen nicht scheuen , den Gebrauch der Sprache als Merkmal der Zugehörigkeit für sich hochzuhalten . Und zwar in einer Art und Weise , dass es gar keine Frage sein darf , welche Sprache wenigstens im Kreise der Familie im Mittelpunkt steht !
Ist dann die Sprache das vorherrschende Merkmal , so kann man auch in einer Zeit ( wieder ) ankommen , wo die Vertretungsfrage ( wieder ) eine relevante ist . Dann wird man zeitgemäße Antworten auf Fragen der Zeit finden und geben wollen . Dann wird die Leitung auf allen Ebenen die Ansprüche der Basis wahrnehmen und eine parlamentarische Vertretung entlang dieser Ansprüche lenken und politisch handeln lassen . Über unsere aktuelle Bildungssituation ganz zu schweigen : Denn so lange gerade Eltern , die ihre Kinder ungarndeutsche Schulen besuchen lassen , oft daran interessiert sind , in der Schule in deutscher Sprache unterrichtete Fächer auf ein mögliches Minimum zu begrenzen - in der Befürchtung , dabei im weiterführenden ungarischen Schulsystem Aufstiegschancen zu verpassen - , sind wir gemessen an unserer zaghaften Entschlossenheit noch sehr weit von einem Ziel entfernt , uns selbst als eine Gemeinschaft zu erkennen , die eigene Interessen artikulieren kann und die ganz im Gegenteil zu dem Beispiel oben mit kräftigem Einsatz ( sprachlich ) geeignete Pädagogen vom Kindergarten bis in die Hochschulebene fordern würde .
Die als Titel dieses Beitrags formulierte Frage müsste meiner Meinung nach ganz anders gestellt werden , denn alleine eine ( durch wen auch immer ) gegebene Möglichkeit ist noch viel zu wenig , um als Minderheit glücklich zu werden . Das Schicksal unserer Volksgruppe liegt nämlich dann erst wieder in unserer eigenen Hand , wenn zeitgemäße Ziele nach den Ansprüchen einer aktiven Basis gesteckt werden , die dann von den Vertretern in den geeigneten Foren artikuliert werden . Die eigentliche Frage stellt sich anders : Ist dies noch möglich – gibt es darauf noch Anspruch , dafür noch Interesse und Einsatzwille in der ungarndeutschen Basis ?
DIE ZUKUNFT DER
DEUTSCHEN IN UNGARN –
EPILOG ZUR ÖDENBURGER VOLKSABSTIMMUNG
Von Alfred von Schwartz Druck der Röttig-Romwalter Druckerei AG , Ödenburg Vorbemerkung der SB-Redaktion
Unser Leser Patrick Rieckmann aus dem Ödenburger Land wies vor einigen Monaten auf ein interessantes historisches Dokument hin , das drei Monate nach der Volksabstimmung in Ödenburg und vor genau 100 Jahren publiziert wurde . Auch wenn manche inhaltlichen und sprachlichen Formulierungen auf den Menschen der Gegenwart befremdlich wirken , stellt Alfred von Schwartz ’ Schriftstück eine wichtige Quelle dar , um Denkweisen und historische Vorgänge besser zu verstehen . Diesen Essay veröffentlichen wir in vier Teilen . In dieser SB-Ausgabe können Sie auch eine Rezension zu einer neuen Studie zur Volksabstimmung in Ödenburg lesen ( Grenzerfahrungen , Teil Feuilleton ).
16 SoNNTAGSBLATT
Teil 2
Auch auf künstlerischem Gebiete ist die Wandlung eine augenscheinliche . In den sechziger Jahren wurden in Ödenburg neue Kirchenbauten und stilvolle Restaurierungen unserer alten Kirchen künstlerisch durch-