lisiert worden wären, so würden die Veranstalter womöglich auf
den Kosten sitzen bleiben, so die LdU-Referentin. Durch die Entscheidung
wurden nach Angaben von Pfiszterer Sommercamps
gestrichen, aber auch Dorftage, Festivals und Publikationen wären
davon betroffen. Es bleibe fraglich, ob eine erneute Bewerbung
um Fördergelder als sinnvoll erscheint, denn nun könnten
nur solche Selbstverwaltungen und Vereine einen Antrag stellen,
die bereits über Immobilien verfügen, die sie erneuern oder ausbauen
wollten, was den Kreis der Begünstigten eingrenze, zumal
solche Bewerbungen viel Aufwand bedeuteten.
Als brisant erschien die Entscheidung der Regierung schon damals,
weil diese ab dem 16. Juni die Durchführung von Sommercamps
unter Einhaltung von besonderen Hygienevorschriften
wieder erlaubte. Aber auch die Streichung der Förderung für die
Herausgabe von Publikationen und die Einrichtung von eigenen
Internetseiten warf und wirft Fragen auf. Nicht zuletzt vor dem
Hintergrund einer Entscheidung der Regierung vom 20. Mai 2020
(Regierungsbeschluss 1247/2020), also nur eine Woche nach
dem Kürzungsbeschluss, wonach für die Unterstützung von Aktivitäten
(Programmen) der Auslandsmadjaren 1,026 Milliarden
Forint (2,93 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt werden. Auch
wenn man die Legitimität der Förderung auslandsmadjarischer
Gemeinschaften in keinster Weise in Frage stellen soll, erschien
vor der Entwicklung der Coronapandemie in einigen Nachbarländern
zur damaligen Zeit als fragwürdig, wieso Aktivitäten dort
eher entfaltet beziehungsweise gemeinschaftliche Programme
eher realisiert werden sollten als im Kreise der Nationalitäten in
Ungarn.
Nicht nur die Medien beschäftigte Kürzungen, sondern auch
die Politik. Dr. Koloman Brenner richtete am 21. Mai 2020 an
Kanzleramtschef Dr. Gergely Gulyás eine schriftliche Anfrage,
in der der Jobbik-Abgeordnete fragt, ob die Regierung vor der
Entscheidung mit den Landesselbstverwaltungen und den Parlamentarischen
Fürsprechern der 13 Nationalitäten konsultiert
hätte, ob die Regierung beabsichtige die bereits durchgeführten
Veranstaltungen zu bezuschussen, zumal diese Organisationen
vorab informell über eine Förderung benachrichtigt worden wären,
und ob die Regierung plane, im Rest des Jahres Camps und
kulturelle Veranstaltungen zu unterstützen, denn das kulturelle
Leben in den kleinen Nationalitätendörfern maßgeblich von der
Förderung durch die Regierung abhängen würde. Auch Brenner
beruft sich auf Regierungsmaßnahmen, die die Wiederzulassung
von Sommerlagern und das Zur-Verfügung-Stellen von
zusätzlichen Fördermitteln für die kulturellen Aktivitäten der Auslandsmadjaren
betreffen. Dr. Balázs Orbán, Staatssekretär im
Kanzleramt, antwortete am 08. Juni 2020 im Namen des Ministers
auf die Anfrage des Jobbik-Abgeordneten. In seiner Antwort
betont der Staatssekretär die „seit 2010 auch auf europäischer
Ebene mustergültige Minderheitenpolitik Ungarns”. Die ungarische
Regierung sei weiterhin interessiert an den Belangen der
Nationalitäten, was sich darin zeige, dass sich die Fördersumme
für die Nationalitäten im Zeitraum von 2010 und 2021 von einer
auf zehn Milliarden Forint (28,5 Millionen Euro) erhöht hätte. Die
Corona-Krise würde den Bereich der Minderheitenförderung
auch nicht verschonen, dennoch pflege man mit den Nationalitäten
und deren Selbstverwaltungen einen kontinuerlichen Dialog,
so dass man deren Bitten und Vorschläge kenne. Das Schriftstück
verbleibt auf einer abstrakten Ebene, der Staatssekretär
gibt keine konkrete Antwort auf Brenners Fragen.
Ibolya Hock-Englender, Vorsitzende der Landesselbstverwaltung
der Ungarndeutschen (LdU), sprach im Zusammenhang
der Kürzungen von empfindlichen Einschnitten und äußerte in
einer Antwort auf die Anfrage des Sonntagsblattes Unverständnis:
„Besonders geschmerzt hat uns die Streichung der Gelder
für die beiden Kategorien Veranstaltungen und Nationalitätenlager
mit insgesamt 933 gültigen Bewerbungen, schon deshalb,
weil – wie wir es durch die Presse erfahren haben – die Gelder
für andere Zwecke (und nicht für Maßnahmen im Bereich der
SoNNTAGSBLATT
Corona-Pandemie) umgruppiert wurden.“ Auch die LdU-Chefin
betrachtet es als ein Problem, dass bereits zugesagte Fördergelder
für mitunter durchgeführte Veranstaltungen gestrichen
wurden: „Manche Kulturveranstaltungen fanden bereits bis zum
Rückzug der Maßnahme statt, so können manche Selbstverwaltungen,
die mit den Geldern gerechnet haben, in Schwierigkeiten
geraten, wenn wir an die finanzielle Seite dieser Programme
denken. Wir sind versucht, diesen Selbstverwaltungen zu helfen,
im Moment sind wir bei der Erhebung, wie viele konkret betroffen
sind. In Kenntnis der Anzahl überlegen wir uns weitere Schritte.“
Erfreulich findet Hock-Englender hingegen, dass Anfang Juni
die Rahmenfördersumme für Sprach- und Nationalitätenlager,
die ursprünglich auch von den Streichungen betroffen waren,
freigegeben wurde. Alle 213 Bewerbungen, die eine Zusage erhielten,
würden unterstützt, wenn sich die Organisatoren bereit
erklärten, diese durchzuführen. Auslandsreisen wären weiterhin
ausgenommen. Die Vorsitzende wies in ihrer Stellungnahme auf
eine weitere Herausforderung hin: „Es ist nicht leicht für uns, da
die Projekte nicht durch den Gábor-Bethlen-Fondverwalter abgewickelt
werden (wie üblich), sondern durch die LdU. Das erfordert
sehr viel Zusatzarbeit von mehreren Mitarbeitern für eine
längere Zeit. Wir tun es natürlich (in diesem Jahr in dieser außerordentlichen
Situation), weil wir dadurch unseren eigenen Leuten
helfen, aber es wird einen harten, arbeitsreichen Sommer für die
Beteiligten geben.“
Ende Mai erreichte viele ungarndeutsche Organisationen eine
weitere Hiobsbotschaft, wonach ihren Anträgen auf Förderung
durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat
nicht entsprochen werden könne. Betroffen seien nach Auskunft
von Károly Radóczy, Jugendreferent der Landesselbstverwaltung
der Ungarndeutschen (LdU), in erster Linie Jugendlager
und mehrtägige Veranstaltungen und Reisen mit über 15 Teilnehmern.
So wird auch die geplante Reise der Jakob Bleyer Gemeinschaft
zu den Karpatendeutschen im Herbst diesen Jahres
nicht stattfinden. Durchgeführt werden dürften hingegen eintägige
Veranstaltungen, bei den die Teilnehmerzahl unter 15 liege.
Begründet wurde die Entscheidung vom BMI laut Radóczy mit
der Infektionsgefahr. Auslandsreisen seien dabei im ganzen Jahr
tabu. Es sei während der Verhandlungen mit Vertretern des BMI
eine Grundsatzentscheidung gefallen, auf die Förderung aller
solcher Veranstaltungen zu verzichten, ohne eine Differenzierung
vorzunehmen (bis auf die eintätigen Veranstaltungen mit
maximal 15 Teilnehmern).
Das BMI würde jedes Jahr eine bestimmte Summe für die deutsche
Minderheit in Ungarn zur Verfügung stellen, die Projektvorschläge
kämen nach Angaben des LdU-Referenten gegenüber
Sonntagsblatt von der Landesselbstverwaltung. Deswegen ist
der LdU-Mann zuversichtlich, dass die Fördersumme für das
laufende Kalenderjahr nicht verloren gehe, sondern in voller
Höhe abgerufen werden könne. Als neues Projekt wurde vor
wenigen Tagen ein Förderprogramm für die Ausstattung von regionalen
Begegnungszentren gestartet – die Förderung soll laut
Ausschreibungstext „zur Erweiterung und Modernisierung der
technischen Ausstattung und zur Beschaffung von Requisiten
für die Beschäftigungen bzw. Programme in ungarndeutschen
Begegnungszentren dienen.” Darüber hinaus sollen die geförderten
Begegnungszentren als regionale Begegnungszentren
funktionieren, in denen an Nachmittagen und Wochenenden
sprach- und identitätsfördernde Projekte für die ungarndeutsche
Gemeinschaft durchgeführt werden könnten, an denen ungarndeutsche
Organisationen der Gemeinde und der Region auch
teilnehmen könnten. Erwünscht sei die Stärkung der regionalen
Zusammenarbeit der ungarndeutschen Gemeinden. Eine rein
kulturelle Nutzung der Begegnungsstätten könne dabei nicht gefördert
werden. Antragsberechtigt sind örtliche und Komitatsnationalitätenselbstverwaltungen,
die eine Förderung in Höhe von
maximal 10.000 Euro (3,5 Millionen Forint) erhalten können, um
Möbel, technische und Sportgeräte und Gesellschaftsspiele anzuschaffen.
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